Die Vorsitzenden der liberalen Bürgerkoalition (KO), der Polnischen Volkspartei (PSL), der Mitte-Rechts-Gruppe Polen 2050 und der Neuen Linken stellten die Koalitionsvereinbarung am Freitag auf einer Pressekonferenz in Warschau vor. In dem 13-seitigen und 24 politische Versprechen umfassenden Dokument verpflichteten sich die vier Parteien, das Zentrale Antikorruptionsbüro (CBA) abzuschaffen. Sie bezeichneten es als „völlig politisiert". Seine Befugnisse sollen auf die Polizei übertragen werden, um den Kampf gegen Korruption zu verstärken. Außerdem wollen die wichtigsten Oppositionsparteien „die Rechtsstaatlichkeit wiederherstellen" und „die Gerichte frei von politischem Druck" und die Staatsanwaltschaft „unabhängig und unpolitisch" machen, berichtete die Presseagentur PAP.
Die Koalitionsvereinbarung sieht auch die Aufhebung eines Urteils des polnischen Verfassungsgerichts aus dem Jahr 2020 vor, wonach Abtreibung aufgrund von schweren fötalen Defekten und Krankheiten als verfassungswidrig gilt.
Die vier Oppositionsfraktionen versprechen auch, die Gehälter von Lehrern und Beamten zu erhöhen, die Ausgaben für das Gesundheits- und Bildungswesen zu steigern, die In-vitro-Fertilisation zu finanzieren, umweltfreundliche Technologien zu fördern, Wohnungen günstiger zu machen und einen effizienten öffentlichen Nahverkehr zu sichern.
Die Koalitionsvereinbarung wurde vom Vorsitzenden der Bürgerkoalition und gemeinsamen Kandidaten der vier Parteien für das Amt des Ministerpräsidenten, Donald Tusk, zusammen mit dem PSL-Vorsitzenden und voraussichtlich stellvertretendem Ministerpräsidenten, Władysław Kosiniak-Kamysz, dem Kandidaten von Polen 2050 für das Amt des Sejmmarschalls, Szymon Hołownia, und Włodzimierz Czarzasty und Robert Biedroń von der Neuen Linken vorgestellt.
Polens regierende konservative Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) gewann die Parlamentswahlen am 15. Oktober, verlor aber ihre Mehrheit im Parlament.
Präsident Andrzej Duda entschied am Montag, den derzeitigen Premierminister Mateusz Morawiecki mit der Bildung einer neuen Regierung zu beauftragen. Alle Parteien haben eine Regierungskoalition mit Morawieckis Partei Recht und Gerechtigkeit ausgeschlossen. Deshalb sei es unwahrscheinlich, dass die seit 2015 an der Macht stehende Regierungspartei in der Lage sein wird, eine Regierung zu bilden. Sollte Morawiecki die Vertrauensabstimmung im Parlament nicht gewinnen, werde der Posten des Premierministers voraussichtlich an den von 2007 bis 2014 als Premierminister regierenden Donald Tusk gehen.
IAR, PAP/ps