Rzeczpospolita: Netanjahu vor epochaler Entscheidung
In Israel wächst der Appetit auf einen Vergeltungsschlag, der den Iran erschüttern würde. Was bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die USA, wie es Präsident Biden ausdrückte, "voll, voll, voll und ganz" Israel unterstützen, fragt Jerzy Haszczyński in seinem Kommentar für die konservativ-liberale Rzeczpospolita.
Wie Haszczyński erinnert, habe der frühere israelische Premierminister Naftali Bennett zuletzt gar die Zerstörung der iranischen Atomanlagen sowie wichtiger Energieinfrastruktur gefordert. Er habe von einer notwendigen "tödlichen Verstümmelung des terroristischen Regimes" gesprochen und den Iran und seine Verbündeten mit einem Oktopus verglichen, dessen "Fangarme" (Hisbollah, Hamas, Huthi) derzeit gelähmt seien. Nun sei die "Zeit für den Kopf" gekommen. Bennett, lesen wir, sehe hierin eine historische Chance, die Region grundlegend zu verändern, wie sie Israel seit einem halben Jahrhundert nicht mehr gehabt habe.
Die entscheidende Frage, so Haszczyński, sei jedoch, wie die USA dazu stehen. Denn Präsident Joe Biden habe erklärt, die USA würden Israel "voll und ganz" unterstützen. Was dies im Kontext eines möglichen israelischen Angriffs auf den Iran bedeute, bleibe jedoch unklar. Wie weit reiche das Recht auf Selbstverteidigung, und welche Rolle würden die USA dabei spielen?
Inmitten des US-Präsidentschaftswahlkampfs würden sich vor allem republikanische Politiker mit Bekenntnissen zur Unterstützung Israels überbieten. Es würden Forderungen laut, dass die USA Israel alles geben sollten, was es zur "Verteidigung" benötige, einschließlich Waffen, Finanzmittel und Geheimdienstinformationen. Ein Schritt weiter wäre nur noch eine direkte militärische Teilnahme der USA an einem Angriff auf den Iran, deren Konsequenzen man sich lieber nicht ausmalen sollte.
Haszczyński weist darauf hin, dass das Engagement der USA für Israel bereits jetzt die Bemühungen erschwert, Länder des globalen Südens für die westliche Seite zu gewinnen, was entscheidend für die Eindämmung des wachsenden Einflusses von China und Russland sei. Die US-Regierung kündige an, mit Israel über die Reaktion zu beraten, damit der Iran "ernsthafte Konsequenzen" für seinen Angriff erleide. Könne man jedoch sicher sein, dass Premierminister Benjamin Netanjahu die USA über seine Pläne informiert. Über die Attacke, bei der Nasrallah ums Leben kam, habe er geschwiegen. Er habe gefürchtet, dass sie ihm davon abraten, so Jerzy Haszczyński in der Rzeczpospolita.
Dziennik Gazeta Prawna: Israelische Vergeltung überschattet Wuhledar
Die Vorbereitungen Israels auf einen Vergeltungsschlag gegen den Iran haben den Fall von Wuhledar überschattet, schreibt in seinem Aufmacher das Wirtschaftsblatt Dziennik/Gazeta Prawna. Kurz nach seiner Rückkehr aus den USA, so das Blatt, habe Präsident Wolodymyr Selenskyj vom Fall der strategisch wichtigen Stadt Wuhledar im südlichen Donbass erfahren. Die Kämpfe um Wuhledar hätten mit unterschiedlicher Intensität seit März 2022 angedauert. Anfang letzten Jahres hätten die Ukrainer dort die russischen Streitkräfte in einer der größten Panzerschlachten seit dem Zweiten Weltkrieg gedemütigt.
Nun wehe über den Ruinen von Wuhledar die russische Flagge, und Wladimir Putin setze seinen Vormarsch zu den südlichen Grenzen des Gebiets Donezk fort. Die ukrainische Seite habe gestern den Rückzug der 72. Mechanisierten Brigade aus der Stadt bestätigt. Es sei unklar, welche Verluste sie erlitten habe und ob Teile der Truppen eingekesselt worden seien. Inoffizielle Quellen der Zeitung sprechen von einer "erheblichen" Zahl an Toten und Verwundeten.
Der Westen messe dem Donbass aktuell jedoch wenig Bedeutung bei. In den USA habe Selenskyj weder eine eindeutige Zustimmung für den Einsatz westlicher Marschflugkörper tief in Russland noch eine Perspektive auf einen NATO-Beitritt oder Sicherheitsgarantien ähnlich Artikel 5 erhalten. In Washington richte sich die gesamte Aufmerksamkeit nun auf Israel, so Dziennik/Gazeta Prawna.
Do Rzeczy: Zweite Festnahme von Romanowski? Prof. Wiącek: Laut Gesetz nicht möglich
Wie geht es weiter im Fall des ehemaligen Vize-Justizministers und heutigen Abgeordneten der Partei Souveränes Polen, Marcin Romanowski, den die Staatsanwaltschaft für Unregelmäßigkeiten im Justizfonds zur Rechenschaft ziehen will? Die Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung des Europarats haben am Mittwoch beschlossen, die Immunität von Romanowski aufzuheben, erinnert das nationalkonservative Wochenmagazin “Do Rzeczy” auf seinem Internetportal.
Der Sprecher der Landesstaatsanwaltschaft, Przemysław Nowak, so das Blatt, habe gegenüber tvp.info erklärt, dass die Staatsanwaltschaft dem Abgeordneten nun erneut strafrechtliche Vorwürfe präsentieren und ihn als Verdächtigen vernehmen werde. Es sei nicht zwingend erforderlich, ihn erneut festzunehmen; er könne auch vorgeladen werden. Die Vorlage eines Haftantrags hänge von den weiteren Ermittlungen ab und sei zu diesem Zeitpunkt noch nicht entschieden.
Zur Möglichkeit einer erneuten Festnahme Romanowskis habe der Bürgerrechtsbeauftragte (RPO), Prof. Marcin Wiącek, indes erklärt, dass ein solcher Schritt laut Gesetz nicht möglich sei. Wie Wiącek betont, könne gemäß der Strafprozessordnung niemand erneut auf Grundlage derselben Tatsachen und Beweise festgenommen werden. Und die Staatsanwaltschaft hatte Romanowski bereits einmal erfolglos versucht festzunehmen. Damals hatte das Gericht den Antrag der Staatsanwaltschaft abgelehnt, da der Abgeordnete durch seine Immunität als Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarats geschützt war. Man wollte ihm elf Vorwürfe im Zusammenhang mit Ermittlungen zum Justizfonds vorlegen, erinnert Do Rzeczy.
Autor: Adam de Nisau