Deutsche Redaktion

Vor 15 Jahren starb Henryk Mikołaj Górecki – Schöpfer der „Symphonie der Klagelieder“

12.11.2025 09:25
Vor 15 Jahren, am 12. November 2010, starb der polnische Komponist Henryk Mikołaj Górecki, einer der bedeutendsten Vertreter der Neuen Musik des 20. Jahrhunderts. International bekannt wurde er vor allem durch seine 3. Symphonie, die „Symphonie der Klagelieder“, die ihm in den 1990er Jahren weltweiten Ruhm einbrachte.
Henryk Mikołaj Górecki podczas próby z Narodową Orkiestrą Symfoniczną Polskiego Radia, 2003
Henryk Mikołaj Górecki podczas próby z Narodową Orkiestrą Symfoniczną Polskiego Radia, 2003Jan Zegalski

„Die von ihm mitgeprägte polnische Komponistenschule war das größte Phänomen unserer Musik seit Chopin“, sagte der Musikwissenschaftler Marcin Gmys im Polnischen Radio.

Die „Symphonie der Klagelieder“ – eine dreisätzige Komposition, inspiriert von religiösen und volkstümlichen Texten über Leid und mütterliche Liebe – wurde 1976/77 geschrieben und 1977 im französischen Royan uraufgeführt. Góreckis meditativer, minimalistischer Stil und die emotionale Intensität des Werks machten es Jahrzehnte später zu einem Welterfolg: Eine Einspielung von 1992 mit der Sopranistin Dawn Upshaw und dem Ensemble London Sinfonietta unter David Zinman verkaufte sich über eine Million Mal.

„Als das britische Radio Classic FM das Werk zu spielen begann, hieß es, sogar Lastwagenfahrer hielten am Straßenrand an, um es zu Ende zu hören – so sehr berührte sie diese Musik“, erinnerte sich Joanna Grotkowska vom Polnischen Rundfunk.

Górecki wurde 1933 im oberschlesischen Czernica bei Rybnik geboren. Nach schwierigen Kindheitsjahren – seine Mutter starb an seinem zweiten Geburtstag – studierte er Komposition in Katowice bei Bolesław Szabelski und später in Paris. Schon früh galt er als Vertreter der polnischen Avantgarde. Werke wie „Epitafium“ (1958), „Genesis“ (1962–63) und „Refren für Orchester“ (1965) machten ihn zu einem der wichtigsten Erneuerer der Nachkriegsmoderne.

In den 1970er Jahren wandte sich Górecki einem reduzierten, spirituell aufgeladenen Stil zu, der sich in Werken wie „Ad Matrem“ (1971), der 2. „Kopernikus-Symphonie“ (1972) oder dem Chorwerk „Beatus vir“ (1979) zeigte – letzteres entstand im Auftrag des damaligen Krakauer Kardinals Karol Wojtyła, des späteren Papstes Johannes Paul II.

Neben seiner künstlerischen Tätigkeit lehrte Górecki viele Jahre an der Musikhochschule in Katowice, deren Rektor er zeitweise war. Wegen politischer Spannungen legte er das Amt 1979 nieder.

Góreckis Musik ist bis heute fester Bestandteil des internationalen Konzertrepertoires. Erst am 31. Oktober erschien ein neues Album mit der „Symphonie der Klagelieder“, eingespielt von der Nationalphilharmonie Warschau unter Krzysztof Urbański. „Das Dirigieren dieses Werkes ist ein einzigartiges Erlebnis – es öffnet Räume, als würde die Musik einen Schleier lüften und uns an etwas Größerem teilhaben lassen“, sagte Urbański.

Henryk Mikołaj Górecki starb im Alter von 76 Jahren in Kattowitz, drei Wochen nachdem ihm der Weiße Adler-Orden, die höchste polnische Auszeichnung, verliehen worden war.


PAP/jc

 

In Erinnerung an Henryk Mikołaj Górecki

12.11.2025 08:00
Sein Frühwerk Scontri, 1960 auf dem Warschauer Herbstfestival uraufgeführt, wurde zum Symbol der polnischen musikalischen Avantgarde.