Eine Anklage des Nationalbank-Chefs vor dem Staatsgerichtshof wäre verfassungswidrig, sagt das Verfassungsgericht. Das Verfassungsgericht hat entschieden, dass die Verfahrensregeln für die Anklage des Chefs der Nationalbank Polens (NBP) vor dem Staatsgerichtshof nicht mit der Verfassung übereinstimmen. Insbesondere wurden die Bestimmungen über die sofortige Suspendierung des NBP-Präsidenten nach einem Sejm-Beschluss sowie die erforderliche Stimmenanzahl für diesen Beschluss als verfassungswidrig eingestuft.
Die berichtende Richterin Krystyna Pawłowicz betonte, dass laut Verfassung ausschließlich der Präsident und Regierungsmitglieder direkt vor dem Staatsgerichtshof zur Verantwortung gezogen werden können. „Die Verfassung bestimmt nicht, dass der Sejm den NBP-Präsidenten vor dem Staatsgerichtshof zur Verantwortung ziehen kann. Artikel 201 der Verfassung bezieht sich lediglich auf die Organisation des Staatsgerichtshofs und das Verfahren vor diesem Gremium“, erklärte Pawłowicz.
Pawłowicz fügte hinzu, dass der Sejm bis zur legislativen Korrektur dieser verfassungswidrigen Bestimmungen keine Maßnahmen gegen den NBP-Präsidenten ergreifen darf. „Die Anwendung eines gesetzeswidrigen Artikels durch den Sejm verletzt die Verfassung und untergräbt deren höchste Rechtskraft. Daher muss der Sejm die Prüfung jedes Antrags auf Verantwortung des NBP-Präsidenten vor dem Staatsgerichtshof bis zur Umsetzung dieses Urteils durch ein Gesetz unterlassen“, informierte sie.
Der Antrag zur Überprüfung der Verfassungskonformität des Gesetzes über den Staatsgerichtshof kam von einer Gruppe von Abgeordneten der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) und war eine Reaktion auf Ankündigungen der neuen parlamentarischen Mehrheit, Adam Glapiński vor den Staatsgerichtshof stellen zu wollen.
Der Generalstaatsanwalt hat in einer Stellungnahme vor der Verhandlung dafür plädiert, die die angefochtenen Vorschriften als verfassungskonform einzustufen. Der Sejm hat, trotz odnungsgemäßer Benachrichtigung, nicht an der Verhandlung teilgenommen.
Das Urteil wurde mit einer Mehrheit der Stimmen gefällt. Die Richter Bartłomiej Sochański und Rafał Wojciechowski legten ein abweichendes Votum zum Urteil vor.
IAR/adn