Deutsche Redaktion

Jahrestag der Auchwitz-Transporte. Alle sollten sterben.

12.08.2024 11:49
Nahezu 13.000 Warschauer, darunter Kinder, schwangere Frauen und Alte, wurden nach dem Ausbruch des Warschauer Aufstands von den Deutschen nach Auschwitz deportiert. Am 12. und 13. August 1944 trafen die beiden ersten und größten Transporte dort ein, insgesamt 6.000 Personen.
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Bild:Bundesarchiv, Bild 183-N0827-318 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5367208

Nach dem Ausbruch und der Niederschlagung des Warschauer Aufstands deportierten die Deutschen 550.000 Einwohner der Stadt und 100.000 Menschen aus der unmittelbaren Umgebung. Sie wurden in ein eigens dafür eingerichtetes Durchgangslager in Pruszków gebracht. Von dort verschleppten die Deutschen 55.000 Menschen in Konzentrationslager, davon 13.000 nach Auschwitz.

Unter den Deportierten befanden sich Staatsbeamte, Wissenschaftler, Künstler, Ärzte, Kaufleute und Arbeiter. Es waren Verwundete, Kranke, Behinderte und schwangere Frauen dabei. Deportiert wurden Menschen jeden Alters, von Neugeborenen bis zu 90-Jährigen. Unter den Deportierten waren überwiegend Polen. Es kam jedoch vor, dass auch Personen anderer Nationalitäten, darunter Juden, nach Auschwitz gebracht wurden.

In den größten Transporten am 12. und 13. August brachten die Deutschen 4.000 Frauen und 2.000 Männer nach Auschwitz. Unter ihnen waren 1.000 Kinder.

Der Transport fand unter katastrophalen Bedingungen statt

„Alle standen, es gab keine Toilette, es war eng, man konnte sich nicht hinsetzen, wenn jemand in die Hocke ging, fielen die anderen auf ihn“, erinnerte sich Eulalia Matusiak, die damals 12 Jahre alt war.

Der damals 12-jährige Bogdan Bartnikowski war Verbindungsmann im Warschauer Aufstand. Die Deutschen brachten ihn zusammen mit seiner Mutter ins Lager. Im Januar 2020 erinnerte sich Bartnikowski in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur PAP:

„Es war die Nacht vom 11. auf den 12. August 1944. Der Zug hielt auf der Rampe in Birkenau an und die Wagentüren öffneten sich. Scheinwerferlicht blitzte auf uns. Ich sah SS-Männer mit auf uns gerichteten Waffen. Gefangene begannen, uns aus den Waggons zu ziehen, einfach auf den Boden zu werfen. Als ich neben dem Waggon stand, sah ich die SS-Männer, die Dächer der Männerbaracken des Lagers und weiter hinten zwei hohe Schornsteine, aus denen Flammen mehrere Meter hochschlugen. Das war mein erster Eindruck von Birkenau“, sagte er.

Nach der Ankunft wurden Eulalia Matusiak und andere von den Deutschen in eine Baracke getrieben.

„Es war dort völlig dunkel, ich wusste nicht, wie ich mich bewegen sollte, und hinter uns waren Schreie, dass wir schneller hineingehen sollten. Es gab keinen Platz, endlich fragte jemand oben: ‚Und wer bist du?‘. Man nannte mich Lilka, das war auch mein Spitzname. ‚Komm hierher.‘ Jemand reichte mir die Hand und ich kletterte auf die oberste Pritsche. Dort waren einige Frauen, und sie sagten zueinander: ‚Schau mal! Das ist ein Kind! Woher kommst du?‘, ich sagte: ‚Aus Warschau‘. Und sie: ‚Was ist in Warschau los?‘, ich sagte: ‚Der Aufstand‘. ‚Der Aufstand in Warschau!?‘. Und ich musste erzählen und erzählen über den Aufstand. Sie waren begeistert. Schließlich schlief ich ein. Sie gaben mir wohl ein Stück Brot. Als ich am Morgen aufwachte, lag ein Stück Brot neben mir, aber sie waren schon weg“, erinnerte sie sich.

Häftlinge wurden in der Rüstungsindustrie eingesetzt

Die meisten Gefangenen der Warschauer Transporte wurden nach einigen Wochen oder Monaten in andere Lager im Inneren des Dritten Reichs verlegt und in der Rüstungsindustrie eingesetzt. Die Deutschen begannen bereits mit der Evakuierung von Auschwitz. Im Januar 1945 wurden mindestens 602 Frauen mit Kindern, darunter auch im Lager geborene, in Lager nach Berlin gebracht. Einige Häftlinge starben während der Evakuierungs-"Todesmärsche", andere erlebten die Befreiung in Lagern im Reich. Zum Zeitpunkt des Einmarsches der Roten Armee befanden sich noch mindestens 298 Warschauer in Auschwitz.

Unter denen, die von den Deutschen nach Westen getrieben wurden, war Leokadia Rowińska. Als sie im August nach Birkenau kam, war sie schwanger. Im Januar 1945 beschloss sie aus Angst vor dem Tod, sich dem Evakuierungsmarsch anzuschließen. Die Kolonne der weiblichen Häftlinge wurde am 18. Januar aus dem Lager geführt. Leokadia legte 30 Kilometer zurück. Während eines nächtlichen Aufenthalts im Dorf Poręba trennte sie sich von der Kolonne und versteckte sich mit zwei jüdischen Frauen im Dorf. Am 21. Januar brachte sie ihren Sohn Ireneusz zur Welt. Das Kind war bläulich und atmete schlecht. Der Junge starb am 30. Januar.

Die Deutschen errichteten das Lager Auschwitz 1940, um dort Polen zu inhaftieren. Auschwitz II-Birkenau wurde zwei Jahre später errichtet und wurde zum Ort der Vernichtung von Juden. Im Lagerkomplex existierte auch ein Netz von Nebenlagern. In Auschwitz ermordeten die Deutschen mindestens 1,1 Millionen Menschen, hauptsächlich Juden, aber auch Polen, Roma, sowjetische Kriegsgefangene und Menschen anderer Nationalitäten.


PAP/jc

 

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