Dziennik/Gazeta Prawna: Tusk und Selenskyj über europäische Friedensmission
Falls das für heute geplante Treffen von Premierminister Donald Tusk mit Präsident Wolodymyr Selenskyj in Lwiw nicht abgesagt wird, wird es im Zeichen der Diskussion über die Stationierung von NATO-Truppen in der Ukraine stattfinden, schreibt Dziennik/Gazeta Prawna. Ziel dieser Einheiten wäre die Überwachung eines Waffenstillstands. Wie das Blatt betont, sei ein solcher Waffenstillstand derzeit jedoch nicht in Sicht. Hinzu komme, dass es in Europa – abgesehen von verbalen Zusagen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron – keine Bereitschaft gibt, eigene Soldaten zu entsenden.
Gesprächspartner des Blatts aus Regierungskreisen weisen auf das Risiko von Provokationen hin, die von Russen ausgehen könnten. Angriffe auf westliche Soldaten müssten dabei nicht unbedingt unter russischer Flagge erfolgen. Wie, fragt die Zeitung, sollte die NATO reagieren, wenn beispielsweise ein Sprengsatz von einem Mitarbeiter eines privaten Militärunternehmens an einem Posten mit polnischen oder französischen Soldaten gezündet würde? Eine solche Firma werde von Sergej Aksjonow, dem international nicht anerkannten Chef der Besatzungsverwaltung der Krim, kontrolliert. „Wenn ein Mitarbeiter einer solchen Firma einen Konflikt mit einer NATO-Einheit provoziert, würde die NATO dann der besetzten Krim den Krieg erklären?“, fragt ein Gesprächspartner rhetorisch.
Ein weiteres Problem sei der Kontakt mit Einheiten der international nicht anerkannten „Volksrepublik Donezk“. Diese seien Teil der russischen Streitkräfte, würden jedoch eine gewisse Autonomie genießen, die der Westen nicht anerkenne. Wie die Gesprächspartner des Blatts betonen, können sich die NATO-Partner nicht einmal in Bezug auf die simplere Frage einer Sicherung des ukrainischen Luftraums einigen. Obwohl Kiew diese Forderung seit Beginn des Krieges stelle, bleibe der Plan jedoch weiterhin weit von einer Umsetzung entfernt.
Vor diesem Kontext bezeichnen die Gesprächspartner des Blatts die Idee einer Truppenentsendung derzeit als eine Illusion. Nach einem Treffen mit Macron habe Tusk erklärt, er wolle „die Spekulationen über die potenzielle Präsenz von Truppen dieses oder jenes Landes in der Ukraine nach einem Waffenstillstand oder Friedensschluss beenden“.
Die eindeutigste Position in der Frage der Entsendung europäischer Einheiten habe, laut „Wall Street Journal“ Donald Trump. Der designierte US-Präsident wolle, dass europäische Truppen die Überwachung eines Waffenstillstands übernehmen, den er Kiew aufzuzwingen plane.
Rzeczpospolita: Die Zukunft der Ukraine als Prüfstein für Europa
Es lohnt sich, die Frage zu stellen, warum der Vorschlag des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, zuletzt bei seinem Besuch in Warschau, europäische Staaten militärisch direkt in den Krieg in der Ukraine einzubinden, so offensichtlich jeglicher Glaubwürdigkeit entbehrt – und auch genauso von allen behandelt wird, schreibt in seinem Kommentar für die konservativ-liberale Rzeczpospolita der Philosoph und Politikwissenschaftler Marek Cichocki. Liege es nur daran, fragt der Autor, dass sich ein Politiker, der in seinem eigenen Land politisch alles verloren habe und unter dessen Führung Frankreich ein schwacher Staat geworden sei, als europäischer Held und „Kriegsgott“ inszeniere?
Diese Schwäche betreffe jedoch nicht nur Frankreich. Je weiter sich die Wege der USA und Europas in Fragen der Ukraine, Russlands oder Chinas trennen, desto deutlicher werde das Problem der Glaubwürdigkeit der gesamten EU in Bezug auf ihre eigene Sicherheit. Der Moment der Wahrheit werde eher früher als später kommen.
Leere Versprechungen, große Worte, die in der Praxis nichts bedeuten, das Leben in einer eigenen Welt, in der einfache Slogans als Realität gelten, billige politische Effekthascherei, die Weigerung, sich einer realen demokratischen Konfrontation mit Andersdenkenden zu stellen, sowie die Angst vor Verantwortung und dem Eingehen echter Risiken – all dies habe sich zur dominierenden Charakteristik zu vieler Politiker in verschiedenen europäischen Ländern entwickelt. Deshalb werde es immer schwieriger, sie mit der notwendigen Ernsthaftigkeit zu behandeln.
Diese Situation, fährt Cichocki fort, werde besonders gefährlich, wenn Politik, wie jetzt, wieder die grundlegenden Fragen von Sicherheit, Leben und Tod betreffe. Jahrzehnte des Wohlstands und der Sicherheit hätten in Europa eine politische Kultur geschaffen, in der viele glauben, dass sich die Europäer, insbesondere die „echten“, die westlichen, in Zeiten echter Bedrohung und Risiken irgendwie billig freikaufen können. Doch diesmal könnte das schwieriger werden.
Vieles deute darauf hin, dass die neue Trump-Administration Europa eine Rechnung für die Partnerschaft präsentieren werde, die auch die Bereitschaft der europäischen Staaten und Regierungen umfassen werde, tatsächlich und nicht nur theoretisch an der Sicherstellung von Sicherheitsgarantien für die Ukraine gegenüber dem aggressiven Russland mitzuwirken. Das würde einen echten Test für Europa und seine Politiker bedeuten.
Es bleibe offen, ob sie den Mut dazu aufbringen oder das tun, was sie gewöhnlich tun: sich billig freikaufen, um Risiken zu vermeiden, so Marek Cichocki in der Rzeczpospolita.
Rzeczpospolita: Ukrainer denken schlechter über Polen
Die Sympathie der Ukrainer gegenüber Polen und den Polen ist laut einer Studie des ukrainischen Instituts Info Sapiens von 83 Prozent im Jahr 2022 auf aktuell 41 Prozent gefallen, schreibt ebenfalls die Rzeczpospolita. Der Bericht des Mieroszewski-Zentrums „Polen und die Polen aus der Sicht der Ukrainer 2024“, lesen wir, nenne mehrere Gründe dafür: Polen gelinge es nicht, das Ausmaß der Hilfe, die es dem Nachbarland geleistet habe, überzeugend zu kommunizieren. Zudem hätten die Proteste polnischer Landwirte an der Grenze zur Ukraine sowie die kriegsbedingten Emotionen großen Einfluss auf die Wahrnehmung. Russland nutze darüber hinaus historische Ängste aus, um Spannungen zu verstärken.
Die Befragten seien unter anderem nach dem europäischen Land gefragt worden, das der Ukraine militärisch und humanitär am meisten geholfen habe. Die Liste führe mit 34 Prozent Großbritannien an, gefolgt von Deutschland (29 Prozent). Polen liege mit 23 Prozent auf Platz drei, vor Frankreich (3 Prozent). „Polen hat zu Beginn des Krieges als erstes Land Hilfe geleistet. Mit der Zeit wurde jedoch mehr über die spektakuläre Unterstützung durch Großbritannien und die USA gesprochen. Außerdem gelingt es uns nicht, uns gut präsentieren und unser Engagement darzustellen. Wenn wir das nicht tun, können wir anderen schwer Vorwürfe machen, dass sie das besser können“, kommentiert Dr. Agnieszka Bryc von der Nikolaus-Kopernikus-Universität in Toruń.
Der Bericht, so das Blatt, hebe jedoch auch hervor, dass die Ukrainer trotz zwischenzeitlicher Krisen überzeugt sind, dass Polen ihnen weiterhin bei der Abwehr der russischen Aggression (86 Prozent) und beim EU-Beitritt (76 Prozent) helfen wird. Zudem sehen 46 Prozent der Befragten Polen als den kulturell nächsten Nachbarn der Ukraine. Zum Vergleich: Belarus erreiche 9 Prozent, Russland lediglich 4 Prozent.
„Das ist nicht das Ende unserer gemeinsamen Geschichte. Wir sind von einem hohen Ross gefallen, müssen uns jedoch wieder aufrappeln und weitermachen. Der Krieg könnte in unterschiedlicher Intensität noch lange andauern. Es ist entscheidend, in unsere bilateralen Beziehungen zu investieren, denn die Geografie lässt sich nicht ändern. Die Regierungen Polens und der Ukraine müssen manchmal unbequeme und unpopuläre Entscheidungen treffen, auch entgegen der Umfragewerte“, sagt Bartosz Cichocki, der bis 2023 Polens Botschafter in der Ukraine war.
Gazeta Wyborcza: Hacker-Aktion “StimmeFürPiS” - Manipulation vor den Wahlen 2023
Kurz vor den Parlamentswahlen 2023 in Polen hat eine Hackergruppe, mutmaßlich im Auftrag des russischen Geheimdienstes, eine großangelegte Desinformationskampagne durchgeführt, berichtet die linksliberale Gazeta Wyborcza. Ziel sei es gewesen, die öffentliche Ordnung in Polen zu destabilisieren. Laut dem Blatt haben die Aktionen massenhafte Versendung manipulativer SMS und die Übernahme von Infokiosken in Einkaufszentren umfasst.
So habe drei Tage vor den Wahlen, am 12. Oktober 2023 eine Werbefirma festgestellt, dass von einem Kundenkonto bereits 187.743 SMS mit folgendem Inhalt verschickt worden waren:„Stimmt für PiS! Wir haben Senioren das Recht auf ein würdiges Alter zurückgegeben und werden auch kostenlose Beerdigungen für Rentner ermöglichen“.
Zusätzlich seien 600.000 weitere SMS zur Versendung vorbereitet gewesen. Der Absender sei nicht die PiS-Partei gewesen, sondern eine private Firma, deren Konto offenbar gehackt worden sei. Der Firmeninhaber habe die Kampagne gestoppt, der Inlandsgeheimdienst ABW habe sofort mit Ermittlungen begonnen.
Przed wyborami parlamentarnymi w 2023 r. hakerzy - działający prawdopodobnie na rzecz rosyjskiego wywiadu - rozesłali 187 tys. SMS-ów z agitacją wyborczą. #wyborcza warszawa.wyborcza.pl/warszawa/7,5...
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— Gazeta Wyborcza (@wyborcza.pl) December 16, 2024 at 7:53 AM
Am 14. Oktober 2023, dem Tag vor der Wahl und während der Wahlstille, hätten Angreifer wiederum die Infokioske in 20 Einkaufszentren landesweit (u.a. in Warschau, Posen, Kattowitz und Stettin) gehackt. Auf den Bildschirmen seien Grafiken mit Bildern von PiS-Politikern wie Mateusz Morawiecki und Jarosław Kaczyński sowie provokative Slogans aufgetaucht, wie etwa: „Kostenlose Beerdigungen für Rentner“, „Saubere Luft – Verbot des Kohleheizens“, „Pflichtwehrdienst – sichere Heimat“. Einige Grafiken hätten die Logos der PiS oder des Verteidigungsministeriums getragen. Die Inhalte hätten jedoch nicht dem offiziellen Wahlprogramm der PiS entsprochen.
Laut den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und Experten für Cyberterrorismus haben sich die Hacker Zugang zu den Servern der betroffenen Werbeagenturen verschafft und die Inhalte der Infokioske sowie die SMS-Kampagne manipuliert. Die eingesetzten Methoden und das hohe technische Niveau der Angriffe würden auf eine Beteiligung russischer Geheimdienste hinweisen. Die Aktion passe in das Muster russischer Desinformationskampagnen in Europa. Die Ermittlungen dauern an, lesen wir in der Gazeta Wyborcza.
Autor: Adam de Nisau