Nach Angaben des Büros der masowischen Woiwodschaft hat sich die Zahl der israelischen Bürger, die einen polnischen Pass beantragen, in den letzten Jahren mehr als verdoppelt. Im Jahr 2022 sollen demnach 4.000 israelische Staatsbürger die polnische Staatsbürgerschaft beantragt haben. 2024 sollen es bereits 8.500 gewesen sein. Dies sei das höchste Ergebnis unter allen Ländern der Welt gewesen. Allgemein gebe es immer mehr Bewerber für den polnischen Pass. Demnach stieg die Zahl der Anträge von 11.000 im Jahr 2019 auf 23.109 Anträge im Jahr 2023. Die Behörden konnten mit der Bearbeitung der Anträge nicht mithalten, weshalb die Wartezeiten auf 13-18 Monate gestiegen sind. Der Innenminister habe bereits Gesuche für zusätzliche Posten erhalten, um die Arbeiten zu beschleunigen.
Polens Außenminister Radosław Sikorski hat ebenfalls auf das Rekordinteresse israelischer Bürger an der polnischen Nationalität hingewiesen. „Das nächste Mal, wenn jemand in der Welt sagt, Polen sei ein antisemitisches Land, werde ich ihm diese Grafik zeigen“, schrieb er dazu auf X.
Polnischer und EU-Pass in einem
Die polnische Staatsbürgerschaft wird von Generation zu Generation vererbt. Dies gilt sogar für die Enkel und Urenkel von Menschen, die bereits im 19. Jahrhundert aus Polen ausgewandert sind. Dieses Gesetz ermöglicht es Personen, die nie in Polen gelebt oder Polnisch gesprochen haben, die Staatsbürgerschaft zu erhalten. Damit können Tausende von Menschen in Israel und weltweit zu ihren Wurzeln zurückkehren. Dabei erhalten sie nicht nur einen polnischen Pass, sondern auch zugleich einen EU-Pass.
Im Gespräch mit der Tageszeitung Gazeta Wyborcza hat der Spezialist für die Bestätigung der polnischen Staatsbürgerschaft, Piotr Cybula, darauf hingewiesen, dass die Beweggründe der israelischen Antragsteller nicht nur praktischer Natur seien, sondern auch auf einem Gefühl der Bedrohung beruhen. „Es handelt sich oft um ältere Menschen, die Traumata wie den Holocaust erlebt haben. Sie wollen einen Reisepass als ,Plan B' angesichts der politischen Unsicherheit“, erklärte Cybula.
Instabile Lage in Israel
Nach dem Hamas-Anschlag vom 7. Oktober 2023 ist das Interesse an polnischen Pässen bei Juden aus Israel gestiegen. Der Konflikt mit der Hamas, der Hisbollah und dem Iran veranlasst viele israelische Bürger, einen alternativen Lebensort zu suchen. Die Erinnerung an historische Tragödien wie den Holocaust verstärken das Bedürfnis nach familiärer Sicherheit, schrieb das Portal der Wochenzeitung Wprost.
Der polnische Pass erlaubt es in der EU frei zu reisen und zu arbeiten. Dies sei die Hauptmotivation von Antragstellern aus südamerikanischen Ländern wie Argentinien, Brasilien oder Chile. Bürgerinnen und Bürger aus reicheren Ländern wie den USA oder Kanada hingegen seien oft aus sentimentalen oder ideologischen Gründen motiviert. Nach dem Brexit einen polnischen Pass beantragende Briten sollen EU-Privilegien wie das Leben und die Arbeitsmöglichkeiten in der EU weiterhin nutzen können. Für Israelis hingegen sei das Hauptmotiv nach wie vor die Sicherheit, so Wprost.
Wprost/Wyborcza/ps