Mit seinem Werk „De revolutionibus orbium coelestium“ stellte Kopernikus das bis dahin geltende Denken, dass der Mensch und die Erde im Mittelpunkt des Universums stehen, auf den Kopf. Seine Entdeckung, die Heliozentral-Theorie, löste nicht nur eine wissenschaftliche Revolution aus. Kopernikus gilt auch als einer der Wegbereiter der Menschheit vom Mittelalter in die Neuzeit. Diese wird auch als „Kopernikanische Revolution“ bezeichnet.
Aus Anlass des 480. Todestages des großen Wissenschaftlers hat Katarzyna Tuszyńska Frombork/Frauenburg besucht und mit Małgorzata Czupajło, der Leiterin der Kopernikus-Ausstellung, gesprochen.
Warum ist Nikolaus Kopernikus überhaupt nach Frauenburg gekommen?
Weil er zum ermländischen Domherr wurde. Er war von seinem Onkel Łukasz Watzenrode in das Amt eingeführt worden. Dies wäre sicherlich nicht geschehen, wäre Nikolaus Kopernikus’ Vater nicht gestorben, als der Junge erst zehn Jahre alt war. Dem Bruder seiner Mutter wurde damals traditionsgemäß die Vormundschaft über ihn übertragen. Łukasz Watzenrode war Bischof des Ermlands geworden und versuchte nun, für seinen Neffen einen Kanoniker zu finden. Zunächst landete Nikolaus Kopernikus jedoch in Lidzbark Warmiński auf dem Hof seines Onkels. Dort war er etwa sieben Jahre lang sein Sekretär. Später kam Kopernikus zurück nach Frombork, um die Aufgaben des Domherren von Ermland zu übernehmen.
Nikolaus Kopernikus hatte mehrere Begabungen und übte mehrere Tätigkeiten aus. War Astronomie sein Hobby?
In der Tat war die Astronomie Kopernikus' Hobby, denn als Domherr hatte Kopernikus viele Pflichten. Dafür musste er kein Priester sein, hatte aber die gleichen Aufgaben – und sei es nur, dass er einen Vikar anstellte, der für ihn die liturgischen Dienste verrichtete. Kopernikus selbst übernahm andere Dienste im Domkapitel, unter anderem war er Verwalter der Güter. In dieser Zeit lebte er fünf Jahre lang in Allenstein. Kopenikus war auch Kanzler: Er leitete die Kanzlei des Domkapitels. Oder er beaufsichtigte den Baufonds für die Kathedrale. All das nahm viel Zeit in Anspruch. Für Astronomie blieb also nur Zeit, wenn Kopernikus frei hatte. Denn es war seine Leidenschaft, sein Wunsch zu beweisen, was er bereits während und nach seinem Studium formuliert hatte: seine Heliozentral-Theorie. Danach gilt die die Sonne als das ruhende Zentrum des Universums. Damals lebte Nikolaus Kopernikus noch in Lidzbark Warminski. Den Rest seiner Jahre im Ermland verbrachte er damit, zu beobachten, zu zählen und zu beweisen, dass seine Theorie richtig ist.
Hier im Kopernikus Museum in Frauenburg sind viele Exponate, die an Kopernikus und sein Schaffen erinnern. Welche Instrumente hat Kopernikus für seine astronomischen Untersuchungen benutzt?
Es sind das Astrolabium, das Triquetrum und das Sonnenquadrat. Solche Instrumente wurden seit der Antike zur Beobachtung des Himmels verwendet, auch von Claudius Ptolemäus, dem Griechischen Mathematiker, Musiktheoretiker, Geograph und Astronom. Was Sie hier sehen, sind allerdings Rekonstruktionen. Sie wurden auf der Grundlage von Beschreibungen in Nikolaus Kopernikus’ Hauptwerk „De Revolutionibus“ angefertigt. Die Instrumente sind auch denen von Ptolemäus in seinem Werk „Almagest“ sehr ähnlich. Darin ging es wie bei Kopernikus um die Beobachtung mit bloßem Auge, in erster Linie um die Messung von Winkeln am Himmel und die Bestimmung der Position von Sternen und Planeten.
Nikolaus Kopernikus war ein Mensch der Renaissance. Trotzdem war seine Theorie für die damalige Zeit sehr revolutionär, besonders für die katholische Kirche. Hatte Nikolaus Kopernikus dadurch Schwierigkeiten?
Als Kopernikus seine Theorie veröffentlichte, schickte er zunächst seine Annahmen an die Gelehrten seiner Zeit. Kopernikus’ Annahmen wurden in Form einer Schrift aufbewahrt, die wir als Kommentar(chen) bezeichnen und die als Kopien in Umlauf gebracht wurden. Drei handschriftliche Kopien sind in europäischen Bibliotheken erhalten geblieben. Seine Theorie rief unterschiedliche Reaktionen hervor. Zunächst wurde Kopernikus als Gelehrter angesehen, der die bestehende Weltordnung kippen wollte, vor allem von den protestantischen Theologen. Die Päpste jener Zeit aber waren durchaus bemüht, die Wissenschaft zu fördern, wie wir heute sagen würden. Deshalb löste Kopernikus’ Schrift bei den Kardinälen keine große Reaktion aus. Erst ein halbes Jahrhundert nach seinem Tod nahm sich Galileo Kopernikus’ Theorie noch einmal vor. Galileo sagte, dass Kopernikus recht habe. Danach kam dessen Werk auf den Index der verbotenen Bücher. Und um es noch interessanter zu machen: Dies geschah nicht in seiner Gesamtheit, sondern der Erlass lautete: „Das Werk ist gut für mathematische Berechnungen. Aber alle Passagen, in denen geschrieben steht, dass sich die Erde bewegt, sollten daraus gestrichen werden.“
Was hat Kopernikus durch seine Entdeckungen geschaffen?
Es war allgemein eine sehr wichtige Zeit für Europa. Die Renaissance brachte eine große Veränderung, eine Veränderung in der Wahrnehmung der Welt. Es ist die Zeit der Entdeckung Amerikas bis zur Beendigung der Religionskriege, eine Zeit des enormen Wandels. Kopernikus lebte in dieser Zeit, und er trug zu diesen Veränderungen bei. Das 16. Jahrhundert ist eine ganz besondere Zeit. Die Renaissance ist eine Epoche der Entwicklung der Wissenschaft, des Blicks auf den Menschen als Charakter, der Hinwendung zum Menschen mehr als zu einem reichen theologischen Ansatz hin zu einem lebendigen Wesen mit Bedürfnissen. Das ist eine Art Rückkehr zu dem Menschenbild, das es in der Antike gab. Auf der anderen Seite gab es große Veränderungen in der Wissenschaft, gerade in der Wahrnehmung der Struktur der Welt. Denn Kopernikus war ein Sohn seiner Zeit. Es waren die Gelehrten, die sich fragten, wie diese Welt eigentlich aufgebaut ist: Hatten die Gelehrten der Antike recht? All diese Zweifel brachte Kopernikus zu Papier. Er war in erster Linie ein Denker – einer, der merkte, dass es einfacher sein könnte, zu erklären, wie die Welt aufgebaut war. Diese Zeit war auch eine, die neue Erkenntnisse brachte. Amerika wurde entdeckt, und plötzlich wurde die Erde größer, weil Kolumbus dachte, er hätte Indien erreicht. Es stellte sich also heraus, dass es sich um einen neuen Kontinent handelte und dass die Erde riesig war. Dieses kopernikanische Weltbild passte besser, denn eine so große Erde passte nicht in das geozentrische System, in dem der Mensch und die Erde im Mittelpunkt stehen. Das war die Zeit in dem Leonardo da Vinci lebte, in der die schönen Werke der Renaissance geschaffen wurden. Sehr berühmte Werke. Und alles hat sich verändert.