Deutsche Redaktion

Pseudodiskussion wird nötige Kirchenreform nicht ersetzen

24.06.2019 10:41
Viele Feministinnen und Vertreter der LGBT-Szene betrachteten die Kirche in Polen als eine verbrecherische Organisation, die man schnellstens auflösen sollte.
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zdjęcie ilustracyjneAndrys/pixabay

DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Pseudodiskussion wird nötige Kirchenreform nicht ersetzen

Eine solche Antwort habe man früher oder später erwarten können, schreibt in seinem Kommentar in der Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna der Publizist Jan Wróbel. Der Autor beziehe sich auf die scharfe Kritik der polnischen Kirchenwürdenträger, die seit der Premiere der Reportage "Sag es bloß niemanden" über Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche andauert. Nun werde die Meinung immer hörbarer, dass man die Sicherheit der Kinder als einen Vorwand verwende, um die Katholische Kirche als solche beispiellos anzugreifen. In der Tat seien einige Aussagen der Kirchengegner primitiv, gibt der Publizist zu. Viele Feministinnen und Vertreter der LGBT-Szene betrachteten die Kirche in Polen als eine verbrecherische Organisation, die man schnellstens auflösen sollte. Es sei daher kein Wunder, dass sich viele Katholiken zu einer Gegenreaktion gezwungen sehen. Und man müsse zugeben, dass ihre Argumente nicht selten von großer Bedeutung seien, schreibt Wróbel.

Die Überzeugung, dass man das Leben nur auf den biologischen Aspekt nicht reduzieren dürfe, die Anstrengung, das göttliche Licht aufzufangen und es an andere Menschen weiterzugeben, habe vielen Katholiken geholfen, das Leben in den Griff zu bekommen. Auch für die nationale Integrität war die Arbeit der katholischen Priester in den schwierigen Perioden der polnischen Geschichte von größter Bedeutung gewesen. Das Gewissen, das Adolf Hitler übrigens als einen jüdischen Aberglauben bezeichnete, habe sich sehr oft im Schatten des katholischen Kreuzes formiert und es gäbe unzählige Beispiele edlen Verhaltens, das mit der katholischen Moral motiviert war.

Nur werde aber in einer schwarz-weißen Diskussion, die man momentan in Polen beobachten kann, das wesentliche übersehen, führt der Publizist fort. Priester, die sich nun gezwungen sehen, die Institution die sie vertreten vor brutalen Attacken beschützen zu müssen, werden wohl keine Zeit und Kraft finden, um nötige Reformen zu unternehmen. Dabei befinde sich die Katholische Kirche in Polen, trotz ihre großen und teilweise edlen Geschichte in einer tiefen Krise. Eine Pseudodiskussion mit verbissenen Gegnern der Kirche werde an der Tatsachen nichts ändern, so Jan Wróbel in der Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna.

 

PLUS MINUS: Worte sind zu wenig

Die aktuelle Krise der Katholischen Kirche in Polen thematisiert in seinem Feuilleton auch der Publizist Tomasz P. Terlikowski. Ein schöner Brief, einige mediale Aussagen und nichts weiter – mehr hätten die polnischen Bischöfe nicht unternommen, wenn es um die Klärung der Missbrauchsaffäre geht, meint der Publizist. Er sei sich dessen bewusst, dass sein Kommentar sehr kritisch sei, nichts deute aber darauf hin, dass er der Wirklichkeit nicht entspreche. Man habe neue Regelungen eingeführt, die dem Missbrauch von Minderjährigen künftig vorbeugen sollen. Es ändere aber nichts an der Tatsache, dass man die schändlichen Fälle aus der Vergangenheit nicht klären wolle. Allem Anschein nach seien die Interessen der kirchlichen Institution wichtiger als die Offenheit, geschweige denn das Wohl der Opfer.

Die Zeiten, in denen die Gläubigen automatisch der Kirche Vertrauen schenkten, seien vorbei, lesen wir weiter. Viele Priester in Polen, ähnlich wie früher ihre Kollegen in den USA, Irland und anderen Ländern, hatten das Vertrauen sehr stark strapaziert. Genauso wie die kirchliche Institution als solche das Vertrauen der Gläubigen zerstörte, indem sie jahrelang Täter gedeckt und belastende Dokumente versteckt hatte. Wolle man das Vertrauen aufbauen, seien auch die schönsten Worte zu wenig. Man brauche transparentes Handeln. Daran fehle es aber stets. Wie es scheint, hätten die polnischen Bischöfe keine Schlüsse aus ähnlichen Krisensituationen in andere Ländern gezogen, schreibt Tomasz P. Terlikowski im Wochenmagazin Plus Minus.

 

RZECZPOSPOLITA: Regierungspartei versucht Oppositionswähler anzusprechen

Die Regierungspartei versucht konservative Wähler der größten Oppositionspartei (PO) für sich zu gewinnen, berichtet in der heutigen Ausgabe die Tageszeitung Rzeczpospolita. Den letzten Umfragen sei zu entnehmen, dass ca. 10 Prozent der PO-Wähler die Arbeit der aktuellen Regierung als positiv bewerten. Weitere 15 Prozent seien der Regierung gegenüber neutral eingestellt. Das heißt, so Rzeczpospolita weiter, es gäbe unter Oppositionsanhängern eine 15 bis 25-prozentige Gruppe von Menschen, die mit dem aktuellen Kurs der oppositionellen Partei PO nicht zufrieden seien und die Ideen des Premierministers als interessant betrachteten.

Die Enttäuschung des konservativen Teils der PO-Wählerschaft sei weitgehend mit dem jüngsten Linksruck der Partei verbunden. Geht es nach Rzeczpospolita seien aber nicht nur weltanschauliche Angelegenheiten entscheidend. Immer mehr Polen, darunter auch Wähler der Opposition, seien mit der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes in den letzten Jahren zufrieden, so Rzeczpospolita.

 

Jakub Kukla