Rzeczpospolita: Der fliegende Sejmmarschall
Wer genau ist mit der zweiten Person im Staat auf der Strecke Warschau-Rzeszów geflogen? Haben die Sicherheitsdienste die Maschinen, nach einem Flug mit Dritten, in Hinblick auf das Risiko von Spionage und Sprengstoffen untersucht? Wieso sind die Dokumente zu den Flügen des Sejmmarschalls in den Jahren 2016-2017 schon zerstört worden? Das sind nur einige Fragen, die die Lektüre von 400 Seiten von Dokumenten aufwerfe, die die Abgeordneten der Bürgerplattfom im Rahmen einer Abgeordneten-Intervention im Stützpunkt des Transportflugwesens gesichert hätten, der die Flüge im Auftrag der Sejm-Kanzlei realisiert hatte, schreibt auf ihrer Titelseite die Rzeczpospolita. Es sei weiterhin unklar, wieso es nur zu drei von über 100 Flügen seit dem März 2018 bis zum Juli 2019 Passagierslisten gebe. Es gebe also so gut wie keine Informationen darüber, wer zu den vom Sejmmarschall bestellten Flügen zugestiegen sei. Diese Informationen müsste unter anderem die Sejm-Kanzlei haben. Ob sie diese mit der Öffentlichkeit werde teilen wollen sei jedoch mehr als ungewiss, so die Rzeczpospolita.
Gazeta Wyborcza: Kuchcińskis’ baldiger Abflug
Die Sejmsitzung zur Demission von Kuchciński ist für den kommenden Freitag geplant, erinnert in der heutigen Ausgabe die linksliberale Gazeta Wyborcza. Geht es nach dem Blatt, erwägt die Regierungspartei zwei mögliche Szenarien. Laut dem ersten, werde die PiS den Marschall verteidigen und dieser werde anschließend selbst zurücktreten. Die zweite Variante sehe vor, dass Kuchciński blitzschnell abberufen werde. Ohne Debatte über die Flüge des Marschalls, nur mit einer kurzen Information über dessen Nachfolger, Vize-Sejmmarschall Ryszard Terlecki, der laut vielen sowieso schon seit Langem im Sejm das Sagen habe. PiS-Chef Kaczyński, lesen wir, wisse, dass er der Affäre um Kuchciński schnell ein Ende setzen müsse. Die Opposition indes sei determiniert, die Ermittlungen fortzusetzen, unabhängig davon, ob Kuchciński Marschall bleibe oder nicht, so Gazeta Wyborcza.
Rzeczpospolita: Kuchciński - ein Produkt des PiS-Systems
Das Wichtigste sei nicht, wann und ob er seinen Rücktritt verkünden werde, sondern dass Kuchciński eigentlich nie Sejmmarschall werden durfte, schreibt in seinem Kommentar für die Rzeczpospolita Michał Szułdrzyński. Kuchciński, so der Autor, werde als der schlechteste Sejmmarschall der dritten Republik Polen in die Geschichte eingehen. Er habe das Parlament wie sein eigenes Prinzentum behandelt, brutal Journalisten aber auch protestierende Bürger, wie etwa die Eltern von behinderten Kindern ausgesperrt. Er habe die Wachdienste des Sejms in Paradeuniformen verkleidet und den Funktionären Säbel gegeben, mit denen sie ihm dann salutieren sollten. Er habe sich sagen lassen, so der Autor, dass Staatspräsident Andrzej Duda bei einem seiner Besuche im Sejm fast in Gelächter ausgebrochen sei, als er das höfische Protokoll gesehen habe.
Aber man müsse auch in Erinnerung behalten, dass Kuchciński sich nicht selbst zum Marschall ernannt habe. Er sei das Produkt des Machtsystems der PiS, in dem sich der Parteichef nur mit allerengsten Vertrauten umgebe. Und diese seien nunmal nicht immer für die ihnen anvertrauten Posten geeignet. Damit sei also auch PiS-Chef Kaczyński für die Affäre rund um den Sejmmarschall verantwortlich, so Michał Szułdrzyński in der Rzeczpospolita.
Autor: Adam de Nisau