Dziennik/Gazeta Prawna: Netanjahu und Putin warten auf Trump
Wie Zbigniew Parafianowicz im Wirtschaftsblatt Dziennik Gazeta Prawna schreibt, gebe es zwei Politiker, die ein besonderes Interesse an der Rückkehr von Donald Trump an die Macht in den USA hätten: Wladimir Putin und Benjamin Netanjahu. Der russische Diktator, so der Autor, zähle auf den transaktionalen Denkansatz des Republikaners, um den Konflikt in der Ukraine zu den Bedingungen des Kremls einzufrieren. Israels Rechtspopulist hingegen rechne damit, dass mit Trump auch Israels größerer Einfluss auf die US-Regierung zurückkehren würde. Doch während der Fall Russlands in diesem Zusammenhang recht offensichtlich und vorhersehbar sei, reihe sich auch Israel damit in die Liga der Staaten unter dem Banner des Populismus, der Machtpolitik und der unverhältnismäßigen Reaktion auf Gewalt ein.
Sollte der Krieg im Nahen Osten nicht vor den US-Wahlen im Herbst enden, so werden die Republikaner Bidens Politik gegenüber Israel und Palästina der Bevölkerung als einen Fehlschlag verkaufen können. Aus denselben Gründen werde - auf Druck von Trump - auch die Militärhilfe für die Ukraine im Kongress blockiert.
Was aber wolle Netanjahu durch den Machtwechsel im Weißen Haus gewinnen? Geht es nach Parafianowicz, rechne dieser in erster Linie mit der Rückkehr von Jared Kushner in die Regierung. Schließlich sei Jerusalem dank Trumps Schwiegersohn als Hauptstadt Israels anerkannt worden. Das Zwei-Staaten-Konzept sei aufgegeben worden. Polens Politik, erinnert der Autor, sei einmal auch in eine ähnliche Richtung gegangen. Doch heftige Auseinandersetzungen mit Israel über die Geschichte und über Schulbesuche hätten das Vorhaben vollständig begraben. Auf dem Höhepunkt des Streits im Februar 2019 habe Polen sogar, um den Druck aus Jerusalem zu verringern, sogar eine Nahost-Konferenz organisiert, die Polen einem Imageschaden in der islamischen Welt ausgesetzt habe.
Kushner, so Parafianowicz, soll damals einem polnischen Minister gesagt haben, dass die Palästinenser wie ein Krebsgeschwür seien, das man austrocknen und abschneiden sollte. Netanjahu indes habe heimlich katarische VIPs mit seinem Smartphone gefilmt, um sie als Kollaborateure mit dem Staat Israel bloßzustellen. Die jüngste Ermordung von Freiwilligen in Gaza - darunter eines Polen - sowie die Art der Kriegsführung würden eine solch pro-israelische Politik Warschaus unmöglich machen. Keine polnische Regierung werde sich für die Art von Unterstützung für Israel entscheiden, wie während der ersten Amtszeit der PiS-Regierung. Die Ermordung des Polen und die an das russische Vorgehen in der Ukraine erinnernde Offensive in Gaza, würden endgültig bestätigen, dass Israel für Warschau nur noch einer von vielen Partnern im Nahen Osten sei. Wie Oman oder Kuwait. Und nichts weiter, so Zbigniew Parafianowicz für Dziennik Gazeta Prawna.
Rzeczpospolita: Allianz zwischen Moskau, Teheran und Peking
Wie der Politologe und Philosoph Marek A. Cichocki in der liberal-konservativen Rzeczpospolita schreibt, tritt die Welt unübersehbar in eine Zeit neuer Kriege ein. Es bleibe abzuwarten, ob die Historiker der Zukunft diese Zeit als einen neuen 30-, 50- oder gar 100-jährigen Krieg bezeichnen werden. Jedenfalls werde es zu einer Art neuen Machtgleichgewicht in der Welt kommen. Seine Form, so Cichocki, könne heute aber niemand wirklich vorhersagen.
Für Polen, so der Autor, bedeute dies leider, dass die westliche Welt nach mehr als 30 Jahren nach dem Kalten Krieg kein sicherer Hafen mehr sei. Warschau müsse sich in dieser neuen Realität fragen, in welcher Form es überleben wolle, ob es sich verteidigen könne und ob es aus dieser neuen Bewährungsprobe als Sieger oder als geschwächt und besiegt hervorgehen werde.
Die neue anti-westliche Allianz aus Moskau, Peking und Teheran wolle Amerika von seinem Sockel stoßen und dabei auch die Beute teilen, die Europa als ehemalige, verblichene Macht hinterlassen würde. Von den dreien sei jedoch nur China in der Lage, von Amerika die Rolle eines wirklich globalen Spielmachers zu übernehmen. Es könne sich aber auch herausstellen, dass das Fundament dieses anti-westlichen Bündnisses doch nicht so solide sei. Zwischen den drei revisionistischen Staaten könnten schnell gegensätzliche Interessen überwiegen.
Der Westen, so Cichocki weiter, sei heute nicht nur wegen der Ukraine oder dem Nahen Osten gespalten. Entscheidend für seine Zukunft werde die Fähigkeit sein, den Westen selbst angesichts der Bedrohung zu mobilisieren und seine Einheit zu wahren. Was bedeuten diese heute auf beiden Seiten des Atlantiks beliebten Slogans wirklich? Erstens die Wiederherstellung der Glaubwürdigkeit des amerikanisch-europäischen Bündnisses bei der Abschreckung von Gegnern. Geht es nach Cichocki, liege der Ball hier eindeutig bei Europa. Der alte Kontinent müsse beweisen, dass er sich um seine eigene Sicherheit kümmern könne. Und das größte Problem hier bleibe nach wie vor die zweideutige Haltung Deutschlands, so der Philosoph.
Zweitens falle es dem Westen sehr schwer zu akzeptieren, dass seine Position nicht nur in geopolitischer Hinsicht angefochten werde. Auch seinem Wertesystem sei der Krieg erklärt worden. Dies sei vielleicht ein noch schwierigeres Schlachtfeld. Der Westen würde heute nämlich über seine eigenen Werte gespaltener sein als über die aktuellen Fragen von Krieg und Frieden in der Ukraine oder im Nahen Osten, so Marek Cichocki in der Rzeczpospolita.
Gazeta Polska Codziennie: Deutscher Eurasismus
Man könne heute über die deutsche Politik vieles sagen, aber sicher nicht, dass sie pro-atlantischer geworden sei, schreibt indes der Experte für internationale Angelegenheiten, Michał Kuź, in der nationalkonservativen Gazeta Polska Codziennie. Die extrem antiamerikanische AfD und die Sahra Wagenknecht-Bewegung, so der Autor, würden stetig stärker. Auch in der SPD gehe es der antiamerikanischen Fraktion bestens. Ein Beweis dafür seien die zahlreichen Ehrungen anlässlich des 80. Geburtstags von Altkanzler Gerhard Schröder.
Die wohl interessantesten Wünsche habe der ehemalige Bundeskanzler von dem Vorsitzenden der theoretisch rechtsextremen AfD, Tino Chrupalla, erhalten. Wie dieser schrieb, sei Schröder als Kanzler für eine strategische Partnerschaft mit Russland eingetreten und sein Lebenswerk werde eines Tages vollendet werden. Wie der Autor feststellt, beweise diese Einstellung den rheinischen Eurasismus, laut dem alle Wege nach Moskau führen.
Nächstes Jahr würden Bundestagswahlen anstehen, fährt Kuź fort. Es bleibe unklar, wie die neue Regierung aussehen werde. Eines sei jedoch sicher: es werde einer der anti-amerikanischsten Bundestage in der deutschen Geschichte sein.
Wenn dann auch noch der Berlin-kritische Donald Trump in diesem Jahr in den USA gewinne, würden die gegenseitigen Animositäten ihren Höhepunkt erreichen. Washington könnte dann auch die Zusammenarbeit mit Warschau revidieren. Polen müsse deshalb sehr vorsichtig sein. In der Vergangenheit hätten bereits mehrere US-Präsidenten Polen wegen Deutschland im Stich gelassen, so Michał Kuź in Gazeta Polska Codziennie.
Autor: Piotr Siemiński