Deutsche Redaktion

Friedensverhandlungen. Bislang 1:0 für Putin

27.03.2025 07:02
Die Verhandlungen zur Beendigung des Ukraine-Krieges dauern bereits sechs Wochen, doch Russland setzt seine Angriffe fort. Laut dem ehemaligen polnischen Botschafter Jerzy Marek Nowakowski verfolgt Putin das Ziel, ein „Großrussland“ im Stil von Katharina der Großen wiederherzustellen. Er will Russland als Supermacht etablieren und die NATO sowie die EU schwächen. UND: Eine große Mehrheit der Polen (74 %) lehnt die Einführung des Euro ab.
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Rzeczpospolita: Friedensverhandlungen. Bislang 1:0 für Putin 

Die Gespräche zur Beendigung des Krieges in der Ukraine laufen nun schon seit sechs Wochen. Russland führe seinen Angriffskrieg fort, hoffe aber bereits in den kommenden Wochen auf eine Lockerung der Sanktionen. Moskau teste damit die Entschlossenheit des Westens. Wird Trump Putins Glaubwürdigkeit auf die Probe stellen wollen, fragt Rusłan Szoszyn am Donnerstag in der Rzeczpospolita.

Wie wir lesen, sei die amerikanische „Pendeldiplomatie“ im Stile Henry Kissingers wieder voll im Gange: Washington spreche zunächst mit einer Seite des Konflikts, dann mit der anderen. Durch den Vergleich der verschiedenen Verhandlungspunkte versuchen die Amerikaner dann, Raum für Kompromisse zu finden. Geht es nach dem Autor, so scheine dieser Raum nach den dreitägigen Verhandlungen in Riad festzustehen. Das „Schwarzmeerabkommen“ zum Beispiel sei nichts Neues. Die Russen hätten sich bereits zuvor über die Türkei dieser Initiative angeschlossen, später aber wieder davon zurückgezogen. In Riad habe man nun vereinbart, dass die russische Flotte nicht über den östlichen Teil des Schwarzen Meeres hinausgehen werde.

Wie Szoszyn feststellt, würden sich Schiffe der russischen Schwarzmeerflotte jedoch schon seit Langem von ukrainischen Positionen fernhalten. Die ukrainische Rüstungsindustrie habe nämlich kürzlich ihre neue unbemannte Wasserdrohne Katran vorgestellt. Wie wir lesen, erreiche sie Ziele in einer Entfernung von bis zu 1.000 Kilometern. Wahrscheinlich werde man daher in nächster Zeit nichts von russischen Schiffsangriffen auf Odessa hören, heißt es im Blatt. Stattdessen greife Moskau die ukrainische Hafeninfrastruktur mit Marschflugkörpern und Shahed-Drohnen an. So treffe Russland die ukrainische Wirtschaft. Kiew erwarte daher einen Waffenstillstand im Schwarzen Meer auch für alle Häfen. Russland hingegen habe sich dazu nicht geäußert.

Wie der Autor glaubt, werde Moskau in den nächsten Phasen der Gespräche die Lockerung weiterer Sanktionen fordern, möglicherweise gegen führende russische Banken und Unternehmen, vielleicht auch gegen Putins Oligarchen. Der Kreml habe auch die russischen Hunderte von Milliarden Dollar nicht vergessen, die eingefroren und größtenteils in europäischen Banken liegen.

Der Kreml werde den Druck erhöhen, je nachdem, wie die Verhandlungen verlaufen, fährt der Autor fort. Putin wisse, Donald Trump brauche einen Waffenstillstand noch vor Ostern. So könnte der amerikanische Staatschef damit prahlen, er habe den seit mehr als drei Jahren anhaltenden Krieg in drei Monaten beendet. Kiew aber werfe Moskau weitere Lügen vor. Die Russen würden weiterhin täglich die ukrainische Energieinfrastruktur bombardieren.

Der Erfolg der laufenden Verhandlungen werde daher weitgehend davon abhängen, ob die Amerikaner die getroffenen Vereinbarungen nicht nur angemessen überwachen, sondern auch durchsetzen können. Werden Vertreter der USA und seiner Verbündeten wichtige Standorte der ukrainischen Energieinfrastruktur, aber auch die Häfen von Odessa beaufsichtigen? Werden sie Russland dazu zwingen können, seine Drohnen und Raketen zu stoppen?

Die USA müssten die Rolle des strengen Polizisten spielen. Sie müssten sich nicht nur um einen Waffenstillstand zwischen den Kriegsparteien bemühen, sondern auch dafür sorgen, dass dieser Waffenstillstand eingehalten werde. Andernfalls werde jede spätere Vereinbarung mit dem Kreml weniger wert sein als das Papier, auf dem sie stehe, so Rusłan Szoszyn in der Rzeczpospolita. 

Forsal: Putin sehnt sich nach Großrussland 

Die Wiederherstellung des Imperiums und Großrusslands der Ära von Katharina II. Das seien die wahren und unveränderten Ziele Wladimir Putins, urteilt indes der ehemalige polnische Botschafter in Lettland und Armenien, Jerzy Marek Nowakowski. Seiner Ansicht nach wolle Moskau als Supermacht anerkannt werden, mit Mitteleuropa, dem Balkan und Teilen Nordeuropas in seiner Einflusssphäre. Für Länder wie Polen stelle dies eine Bedrohung dar. Putin aber habe genau dies im Dezember 2021 in einem Dokument an die NATO und USA dargelegt. Das Dokument sei über die Aufteilung des Einflusses, nicht über die Zusammenarbeit gewesen, so der Direktor des Akademischen Zentrums für strategische Analysen. 

Ein weiteres Ziel Putins, so Nowakowski, sei es, die Strukturen des Westens zu zerschlagen: Die NATO und die Europäische Union. Der Kreml wolle ein Neo-Imperium sein, das nur mit den Großen spreche: den USA, China, Indien. Gleichzeitig würden die Russen die europäischen Länder als klein und minderwertig behandeln, so der Experte. Dem Analysten zufolge sei die Denkweise von Putin und Trump in der internationalen Politik zudem sehr ähnlich. Die derzeitige US-Führung mit Trump an der Spitze denke ebenfalls in imperialen Kategorien. Es sei ein Dialog der Großmächte über die Köpfe der kleineren Staaten hinweg. Für die Selbstbestimmung Mitteleuropas sei das eine Bedrohung, warnt Nowakowski. 

Eine weitere Bedrohung sieht der Experte in der bisherigen Effektivität der russischen Diplomatie im Umgang mit Trump. Ihm zufolge wollen die Russen keinen Frieden. Sie hätten ihre Ziele noch nicht erreicht. Sie wollen die Annexion eines großen Teils der Ukraine und einen Machtwechsel in Kiew hin zu einer pro-russischen Regierung. Das Märchen vom Frieden sei für sie nur Fassade, keine wirkliche Strategie. Für sie bleibe die Ukraine Teil der russischen Einflusssphäre, überzeugt der Experte.

Für Polen liege der Schlüssel in der gegenwärtigen, komplizierten, geopolitischen Situation in der Zusammenarbeit mit den skandinavischen Staaten. Sie würden nämlich über echte militärische Fähigkeiten und ähnliche Interessen verfügen, so der Diplomat. Die baltischen Staaten seien zwar wichtig, würden aber keine Militärmächte sein, erklärt der ehemalige Botschafter im Gespräch mit Forsal.

Do Rzeczy: Mehrheit der Polen gegen den Euro 

Fast drei Viertel der Polen seien dagegen, die Landeswährung Zloty durch den Euro zu ersetzen, schreibt das rechtskonservative Wochenblatt DoRzeczy. Dies gehe aus einem neuen Bericht der Denkfabrik Warsaw Enterprise Institute (WEI) hervor. 

74 Prozent der Befragten seien demnach gegen den Euro, 26 Prozent wünschen sich den Beitritt zur Eurozone. 18 Prozent unter den Anhängern sollen die Erleichterung internationaler Transaktionen zwischen Unternehmen als Hauptvorteil nennen. Laut WEI seien die Euro-Unterstützer eher Geschäftsinhaber und ihre Familien. Sie würden von der Abschaffung der Wechselkursrisiken und den niedrigeren Transaktionskosten profitieren. Die breitere Bevölkerung bleibe skeptisch. Die häufigste Befürchtung sei, die Einführung des Euro könnte die Preise in die Höhe treiben und den Lebensstandard senken. 

Wie Do Rzeczy schreibt, sei Polens Beitritt zur Eurozone schon immer ein strittiges Thema in der öffentlichen Debatte gewesen. Einerseits sei Polen vertraglich verpflichtet, den Euro einzuführen, andererseits gebe es keine Frist dafür. Polnische Politiker zögern die Entscheidung daher lange hinaus. Einigen Umfragen zufolge liege die Unterstützung für den Beitritt Polens zur Eurozone derzeit auf einem Rekordtief von 26 Prozent, so das Wochenblatt.

Autor: Piotr Siemiński


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