Deutsche Redaktion

“Neues Asylgesetz balanciert zwischen Sicherheit und Humanismus”

28.03.2025 11:28
Zwei Monate nach dem Amtsantritt von Donald Trump wissen wir zunehmend mehr über die sicherheitspolitischen Maßnahmen der USA und deren Qualität. Und dieses Wissen liefert keinen Grund zum Optimismus, schreibt der Sicherheitsexperte Witold Sokała. Und: Bedeutet das neue Asylgesetz einen Abschied von der liberalen Demokratie? Mehr dazu in der Presseschau.
Czasowe zawieszenie prawa do ubiegania się o ochronę międzynarodową w Polsce ma ograniczyć napływ nielegalnych migrantów z Białorusi
Czasowe zawieszenie prawa do ubiegania się o ochronę międzynarodową w Polsce ma ograniczyć napływ nielegalnych migrantów z Białorusistraż graniczna/ X

Dziennik/Gazeta Prawna: Man hört das Klirren von zerbrechendem Porzellan

Zwei Monate nach dem Amtsantritt von Donald Trump wissen wir mehr und mehr über die tatsächliche Ausrichtung der US-Sicherheitspolitik und ihre Qualität. Dieses Wissen ist kein Grund zum Optimismus, schreibt der Sicherheitsexperte Witold Sokała in der Wochenendausgabe von Dziennik/Gazeta Prawna. In seiner Analalyse wirft der Autor der aktuellen US-Regierung unter Donald Trump strategische Inkompetenz und außenpolitisches Unverständnis vor – insbesondere mit Blick auf den wachsenden globalen Wettbewerb mit China.

Die neue politische Führung in Washington, einschließlich des Präsidenten, unterschätze die Bedeutung von weichen Machtfaktoren wie internationalem Vertrauen, institutionellem Einfluss oder der Kontrolle über Informationskanäle. Stattdessen stütze man sich auf die irrige Annahme, dass Wahlsiege automatisch außenpolitische Durchsetzungskraft bedeuten. Dies führe zu einer gefährlichen Selbstüberschätzung amerikanischer Stärke. Die Vernachlässigung nachrichtendienstlicher Strukturen – etwa durch Personalabbau – habe bereits bedenkliche Folgen, betont Sokała. Laut Max Lesser vom Thinktank Foundation for Defense of Democracies würden chinesische Geheimdienste bereits systematisch versuchen, entlassene US-Regierungsbeamte über Tarnfirmen anzuwerben, zum Beispiel als “Berater für geopolitische Fragen”. Auch CNN habe über solche Versuche durch Russland und China berichtet.

Ideologische Voreingenommenheit, so der Autor weiter, trübe zudem die geopolitische Wahrnehmung der Trump-Regierung. So werde Wladimir Putin teils als konservativer Verbündeter gegen westlichen „Linksliberalismus“ betrachtet, während traditionelle Partner wie Kanada, Dänemark oder gar die Ukraine als von „linker Ideologie“ unterwandert gälten. Diese Sichtweise erkläre, weshalb Washington teils konfrontativer gegenüber westlichen Demokratien auftrete als gegenüber Moskau. Besonders bizarr wirke in diesem Kontext die Aussage des Trump-nahen Immobilienunternehmers und US-Unterhändlers Steve Witkoff, der nach seinem Besuch in Moskau betont habe, Putin habe nach dem Anschlag auf Trump in einer Kirche „mit aufrichtigem Herzen“ für dessen Gesundheit gebetet. Der Besuch Witkoffs habe offenbar ohne jedweden geheimdienstlichen Schutz stattgefunden.

Die sogenannte „Signalgate“-Affäre sei nur ein weiteres Beispiel für sicherheitspolitisches Missmanagment. Besonders brisant sei dabei nicht nur die Nutzung unsicherer Kommunikationskanäle, sondern auch das Verhalten der US-Administration nach dem Vorfall. Paradoxerweise sei der in der Affäre am meisten Schuldige Sicherheitsberater Mike Waltz eigentlich einer der am besten vorbereiteten Beamten von Trumps Team. Schlimmer noch als seine Panne, sei die Reaktion von Präsident Trump und die Erklärungen seiner Mitarbeiter gewesen. Tulsi Gabbard etwa habe unter Eid behauptet, es seien keine geheimen Informationen besprochen worden – was durch veröffentlichte Chat-Protokolle sofort widerlegt worden sei. Verteidigungsminister Pete Hegseth habe öffentlich den Versand sensibler Informationen abgestritten, offenbar unwissend, wie leicht das Gegenteil nachweisbar gewesen sei. Dies sei ein „zerschmetterndes Maß an Amateurschaft“, das nicht nur von der Öffentlichkeit, sondern auch von feindlichen Nachrichtendiensten aufmerksam beobachtet werde.

In Bezug auf Hegseth falle zudem auf, dass er “The Atlantic” nicht nur für dessen linkes Profil angegriffen hat, sondern auch dafür, dass die Redaktion schlecht über Russland schreibt. Das sei symptomatisch. Russland knüpfe die Umsetzung von Abkommen im Schwarzen Meer indes offen an weitere Schritte von Seiten der USA, wie etwa die Lockerung westlicher Sanktionen. Langfristig spekuliere der Kreml gar auf eine Wiederbelebung von Nord Stream oder die Rückkehr russischer Banken ins SWIFT-System – Entwicklungen, die die USA weiter von ihren europäischen Partnern entfremden könnten. Zwar gebe es laut Sokała erste Anzeichen, dass Trump und einige seiner Berater die russische Taktik durchschauen, doch noch dominiere ein konfrontativer und unilateraler Kurs – etwa gegenüber NATO-Verbündeten wie Dänemark im Streit um Grönland.

Eine nachhaltige Bekämpfung von Bedrohungen wie Terrornetzwerken im Nahen Osten oder Afrika sei ohne enge internationale Kooperation jedoch nicht möglich. Zwar könne man Huthi-Stellungen bombardieren oder ISIS-Kämpfer in Somalia angreifen – aber die Ursachen des Terrorismus werde man ohne enge Abstimmung mit Partnerstaaten nicht beseitigen.

Die internationale Sicherheitspolitik sei, entgegen dem äußeren Anschein, eine äußerst sensible Angelegenheit. In vielen Situationen lasse sich rohe Gewalt durch nichts ersetzen, doch häufig würden feinfühlige und diskrete Maßnahmen bessere Ergebnisse erzielen. Die Administration von Donald Trump hingegen bewege sich in diesem Bereich weiterhin mit der Eleganz eines Elefanten im Porzellanladen. “Nun ja, wir leben in einer Welt, in der manche Wesen über beeindruckende Muskeln, aber nur begrenzte Fähigkeiten zur Wahrnehmung und Koordination verfügen – während es den Geschickteren an Kraft mangelt”, so Witold Sokała in Dziennik Gazeta Prawna.

Rzeczpospolita: Die liberale Demokratie stirbt in Stille

Das vom Staatspräsidenten unterzeichnete Gesetz zur Aussetzung des Asylrechts sorgt unter den Kommentatoren für große Kontroversen. Die liberale Demokratie in Polen sei am Ende – nicht durch einen politischen Konflikt, sondern durch stillschweigende Einigkeit quer durch die Parteien, schreibt dazu der Chefredakteur der Rzeczpospolita Michał Szułdrzyński. 

Tatsächlich habe der Präsident damit einen parteiübergreifenden Konsens bestätigt: PiS, PO, PSL und Konfederacja seien sich einig, dass die Grenze „abgedichtet“ werden solle und der Schutz der Menschenrechte heute als „unnötiger Luxus“ gelte. Viele Polen seien stolz, dass ihr Land als sicherer Ort ohne unkontrollierte Migration gelte. „Doch dieser neue Mainstream“, so Szułdrzyński, „ist keine klassische liberale Demokratie mehr“. Sie sei unter Jarosław Kaczyński beerdigt worden – und Donald Tusk habe entschieden, dass dies nicht die Zeit sei, sie wiederzubeleben. In einer Situation, in der die auf liberalen Werten basierende internationale Ordnung gerade zusammenbreche, sei dies wohl auch keine falsche Intuition. Für diejenigen, die die grundlegenden Menschenrechte wörtlich nehmen und anerkennen, dass keine historischen oder politischen Umstände Ausnahmen zulassen, wird dies allerdings eine bittere Feststellung sein, so Michał Szułdrzyński.

Rzeczpospolita: Neues Asylgesetz balanciert zwischen Sicherheit und Humanismus

Das neue polnische Asylrecht sei Ausdruck einer demokratischen Anpassungsfähigkeit, die Sicherheit mit humanitären Prinzipien zu verbinden versuche, meint indes der Redaktionskollege von Szułdrzyński, Tomasz Pietryga.

Obwohl das Gesetz, das unter anderem ein 60-tägiges Aussetzen des Asylrechts an der Grenze zu Belarus vorsieht, auf Kritik stoße, sei es laut Pietryga keine pauschale Abkehr von internationalen Normen, sondern eine Reaktion auf hybride Bedrohungen. Die Grenze sei seit Jahren Schauplatz eines „hybriden Krieges“ mit Belarus und Russland, so der Autor. In diesem Kontext dürften menschenrechtliche Prinzipien nicht in abstrakter Strenge über konkrete Sicherheitsinteressen gestellt werden.

Die Gesetzesinitiative, auf die sich Präsident Andrzej Duda und Premier Donald Tusk geeinigt haben, enthalte auch Schutzklauseln: Ausgenommen vom Asylstopp seien etwa Kinder, Schwangere, ältere und kranke Menschen. Dies zeige, dass es nicht darum gehe, gegen Hilfsbedürftige vorzugehen, sondern „den Missbrauch des Asylrechts zu verhindern“.

Pietryga warnt zugleich vor einer „moralischen Schwarz-Weiß-Sicht“, wie sie in früheren Debatten über angebliche Brutalität polnischer Grenzschützer propagiert worden sei. Diese habe laut ihm nur dazu gedient, das staatliche Handeln zu diskreditieren. Demokratische Staaten müssten in der Lage sein, sich auch unter Druck zu behaupten – nicht durch Starrheit, sondern durch anpassungsfähige Prinzipien. „Demokratie zeigt ihre Stärke nicht durch Unnachgiebigkeit, sondern die Fähigkeit zur Anpassung, ohne die eigenen Werte zu verlieren“, schließt Pietryga.

Autor: Adam de Nisau

Umfrage: Mehrheit der Polen gegen weitere Aufnahme von Migranten

20.02.2025 13:00
Fünfundsiebzig Prozent der Polen lehnen die Aufnahme von Migranten ab. 20 Prozent hingegen sollen ihrer Einreise in Land zustimmen, wie eine neue Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Opinia24 im Auftrag des privaten Radiosenders RMF FM ergab.

Gesetzentwurf zur Aussetzung des Asylrechts verabschiedet

22.02.2025 12:30
Polnische Abgeordnete haben einen Gesetzentwurf verabschiedet, der es der Regierung ermöglicht, das Asylrecht für bis zu 60 Tagen entlang bestimmter Grenzabschnitte zu Belarus vorübergehend auszusetzen.

Infomagazin aus Polen: Trump-Regierung tauscht sensible Informationen über Messenger aus, Penderecki im Porträt

26.03.2025 13:40
In der heutigen Sendung geht es unter anderem um die in Deutschland lebenden Polen, die trotz ihrer polnischen Wurzeln – oder gerade deswegen – extra Polnischunterricht brauchen. Außerdem wollen wir Ihnen den Komponisten Krzysztof Penderecki näher vorstellen. Der brillante Musiker verstarb vor fünf Jahren. Nun soll in Rom an sein Lebenswerk erinnert werden.

"Das wahre Geheimnis des Weißen Hauses"

26.03.2025 15:16
Der durchgesickerte Signal-Chat hochrangiger Vertreter der US-Regierung habe noch etwas viel wichtigeres offenbart als die geplante Attacke auf die Huthi im Jemen, schreibt Jędrzej Bielecki in der Rzeczpospolita. Außerdem: Wieso übernimmt in Polen letzterzeit die Presse so oft die Rolle, die eigentlich die Sicherheitsdienste erfüllen sollten. Und: Wie schätzen die US-Sicherheitsdienste das Risiko eines Atomschlags ein? Mehr dazu in der Presseschau.

Aussetzung des Asylrechts so lange wie nötig

28.03.2025 08:45
Premierminister Donald Tusk erinnerte daran, dass nach dem Gesetz über die Gewährung von Schutz für Ausländer das Recht, internationalen Schutz zu beantragen, vorübergehend für 60 Tage ausgesetzt werden kann