Rzeczpospolita: Wochenende der vertanen Chancen
Das Wahlkampfteam von Rafał Trzaskowski hat bereits nach der Debatte in Końskie die Kontrolle über die Kampagne verloren. Die Wahlkampfkundgebung in Poznań sollte eigentlich ein neuer Auftakt für die letzte wichtige Etappe vor der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen sein. Dazu ist es jedoch nicht gekommen. Das Wochenende mit Kongressen und Wahlveranstaltungen der Hauptkandidaten endet damit, dass die PiS und Karol Nawrocki die Initiative übernehmen, schreibt in der konservativ-liberalen Rzeczpospolita die Soziologin Barbara Brodzińska-Mirowska.
Geht es nach der Expertin, habe der Wahlkampfauftritt von Trzaskowski in Poznań keine neue Energie entfacht. Trotz vieler wichtiger Themen sei es dem Kandidaten der Bürgerkoalition (KO) nicht gelungen, eine klare Botschaft zu formulieren, warum gerade er die Wahl gewinnen solle. Parallel dazu habe Karol Nawrocki bei der PiS-Konvention in Łódź die Schwächen seines Gegners scharf attackiert und Begriffe wie Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit im Sinne seiner Partei gedeutet. Unterstützung habe Nawrocki dabei nicht nur von Parteichef Jarosław Kaczyński erhalten, sondern auch von Präsident Andrzej Duda, der sich offen in die Kampagne eingeschaltet habe.
Alarmierend aus der Sicht von Trzaskowski sei nicht der aktuelle Stand in den Umfragen, sondern der Verlust an Kontrolle über die eigene Kampagne, vor allem vor dem Maiwochenende, an dem die Wahlkampagne wieder ein wichtiges Thema der Gespräche im Familien und Freundeskreis sein werde, resümiert die Politikwissenschaftlerin in der Rzeczpospolita.
Gazeta Wyborcza: Rafał also Bronek. Die PiS kann wieder mit Komorowski gewinnen
Die PiS versucht derzeit mit allen Mitteln, Rafał Trzaskowski als zweite Ausgabe von Bronisław Komorowski zu inszenieren, der bei den Präsidentschaftswahlen 2015 als Favorit angetreten sei, diese dann aber gegen Andrzej Duda verloren habe, sagt der Soziologe Marcin Duma im Gespräch mit Grzegorz Sroczyński von der linksliberalen Gazeta Wyborcza.
Na ostatniej prostej przed pierwszą turą wyborów prezydenckich sztabowcy Karola Nawrockiego chcą mocniej zagrać rodziną kandydata #Wyborcza #Szczecin
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— Gazeta Wyborcza (@wyborcza.pl) 26 kwietnia 2025 19:39
Die Recht und Gerechtigkeit, so Duma, setze gezielt auf die „Bronkisierung“ Trzaskowskis, indem sie dessen Auftritt nach der Debatte in Końskie mit dem Image des ungeschickten Komorowski aus dem Jahr 2015 vergleiche. Dieser Plan sei klug und konsequent. Die Erfolgschancen blieben jedoch begrenzt: Karol Nawrocki sei weder so politisch talentiert wie einst Andrzej Duda noch könne die PiS heute die alte Unschuld der Oppositionsjahre beanspruchen. Damals sei die PiS acht Jahre in der Opposition gewesen, die Fehler ihrer ersten Regierungszeit zwischen 2005 und 2007 hätten viele vergessen. Heute hätten die Wähler die Fehltritte der Kaczyński-Partei viel frischer in Erinnerung. Dennoch hätten sich die Risiken für Trzaskowski seit der Debatte spürbar erhöht. „Die kontrollierte Kampagne eines haushohen Favoriten ist zu einem echten Rennen geworden“, so Duma.
Langfristig beobachtet der Meinungsforscher zudem eine tiefere Veränderung in der polnischen Politik: Die bisherige Spaltung entlang der Achse Tusk–Kaczyński sei erschöpft, die Gesellschaft suche neue Linien der Auseinandersetzung. Die Konfederacja wachse dabei zu einem wichtigen Träger konservativer und systemkritischer Stimmungen heran, während sich auf der linken Seite ein Neuformierungsprozess anbahne. „Heute gibt es keine Stimmung für die alte Polarisierung mehr – sondern eine für eine neue“, bilanziert Marcin Duma im Gespräch mit der Gazeta Wyborcza.
Rzeczpospolita: Donald Tusk als Attraktion des "Millenniumspicknicks"
Premierminister Donald Tusk hat seine Liebe zu Bolesław Chrobry entdeckt. Aber das sogenannte Millenniumspicknick hätte genauso gut von der PiS organisiert werden können, schreibt die Publizistin der konservativ-liberalen Rzeczpospolita, Estera Flieger.
Wie die Autorin erinnert, habe der Premierminister auf dem kurzfristig organisierten Volksfest an der Weichsel in Warschau seine neue „piastische Doktrin“ verkündet: Polen solle die stärkste Armee und die stärkste Wirtschaft der Region stellen sowie eine führende Rolle in der Europäischen Union einnehmen. Die Inszenierung – inklusive militärischer Paraden, Drohnenshow und einem Konzert auf dem Nationalstadion – sei jedoch ebenso beliebig wie frühere Festakte, kritisiert Flieger. Die Attraktionen auf dem Wybrzeże Kościuszkowskie, darunter Hüpfburgen, Hobby Horsing und ein PRL-Nostalgiezelt, hätten eher den Eindruck der hastig zusammengewürfelten Jahrmarktsveranstaltung hinterlassen (die sie tatsächlich auch gewesen seien), als eines würdigen Gedenkens.
Das liberale Regierungslager, lesen wir, habe es verpasst, die Gelegenheit zu nutzen, um ein modernes und attraktives Bild Polens zu präsentieren. Stattdessen dränge sich der Vergleich zur Zentenarfeier der polnischen Unabhängigkeit 2018 auf, als auch die nationalkonservative PiS-Regierung und Präsident Duda große Chancen ungenutzt verstreichen ließen. „Das Fest wird schneller verfliegen als der F-16-Jet, der gestern über Warschau kreiste“, resümiert Estera Flieger in der Rzeczpospolita.
Dziennik/Gazeta Prawna: Kommandiert Euch selbst
Die USA erwägen den Rückzug aus der Führungsrolle bei den NATO-Streitkräften in Europa, berichtet indes das Wirtschaftsblatt Dziennik Gazeta Prawna.
Wie die Zeitung schreibt, wolle sich Washington künftig stärker auf die Abschreckung Chinas konzentrieren und verlange von den europäischen Staaten eine deutlich höhere Eigenverantwortung in der Verteidigung. US-Verteidigungsminister Pete Hegseth habe bei einer neuerlichen Rede am US Army War College erklärt, die Zeit, in der die Vereinigten Staaten alleiniger Garant der europäischen Sicherheit seien, sei vorbei. 2 Prozent des BIP reichten angesichts der aktuellen Bedrohungen nicht mehr aus; Europa müsse 3, 4 oder sogar 5 Prozent aufbringen. Vor dem Hintergrund dieser Aussagen sei NATO-Generalsekretär Mark Rutte kurzfristig nach Washington gereist und habe nach Gesprächen mit Präsident Trump betont, dass die europäischen Mitglieder ihre Verteidigungsausgaben massiv erhöhen müssten, so das Blatt.
Ein solcher Schritt könnte die Art und Weise verändern, wie die verbündeten Streitkräfte operieren. “Damit Europa sich selbst verteidigen kann, ist es notwendig, die gesamten europäischen Streitkräfte unter ein gemeinsames Kommando zu stellen, anstatt getrennte Bataillone oder Brigaden, wie es derzeit in der NATO der Fall ist”, sagt General Boguslaw Pacek im Interview mit Dziennik/Gazeta Prawna.
Autor: Adam de Nisau