Deutsche Redaktion

"Trump macht eine gute Mine zum bösen Spiel"

16.06.2025 13:27
Der spektakuläre israelische Angriff auf den Iran hat "die Schwäche der Politik des US-Präsidenten bloßgelegt", möglicherweise gar ihre Nichtigkeit, meint Philosoph Marek Cichocki. Rechtskonservative Medien spielen so genannte „Tusk-Bänder“ von 2019 als politischen Skandal hoch. Bartosz Wieliński von der Gazeta Wyborcza meint indes: Der Skandal liegt ganz woanders, die Bänder werden der PiS schaden, nicht dem Premierminister. Mehr dazu in der Presseschau.
epa12178056 US President Donald Trump speaks to the media as he departs the White House for Alberta, Canada, where he will attend the G7 Summit, in Washington, DC, USA 15 June 2025. Trump answered questions about the on-going conflict between Israel and Iran. EPAJIM LO SCALZO  POOL Dostawca: PAPEPA.
epa12178056 US President Donald Trump speaks to the media as he departs the White House for Alberta, Canada, where he will attend the G7 Summit, in Washington, DC, USA 15 June 2025. Trump answered questions about the on-going conflict between Israel and Iran. EPA/JIM LO SCALZO / POOL Dostawca: PAP/EPA.PAP/EPA/JIM LO SCALZO / POOL

"Rzeczpospolita": Trump macht eine gute Mine zum bösen Spiel

In Bezug auf die Eskalation zwischen Israel und dem Iran macht Donald Trump eine gute Miene zum bösen Spiel, urteilt in seinem Kommentar für die konservativ-liberale Rzeczpospolita der Philosoph und Politikwissenschaftler Marek Cichocki. Der spektakuläre israelische Angriff auf den Iran, so der Autor, habe "die Schwäche der Politik des US-Präsidenten bloßgelegt. Möglicherweise hat er ihre Nichtigkeit bloßgelegt."

Cichocki erinnert daran, dass Trump erst kürzlich in Riad eine Vision von Amerika präsentiert habe, das den Nahen Osten durch Investitionen und Technologien in eine blühende Weltregion verwandeln werde. Trumps Verhandlungsführer Steve Witkoff habe sich gegenüber dem Star der amerikanischen Rechten, Tucker Carlson gerühmt, dass dank Trump Amerika zum Lieferanten von Frieden und Wohlstand für jeden werde, der bereit sei, das von Washington vorgeschlagene Angebot anzunehmen. In einer einzigen Nacht habe Israels Premierminister, Benjamin Netanjahu, die Lächerlichkeit dieser Fantasien deutlich gemacht. 

Cichocki sieht darin ein tieferliegendes strukturelles Problem: Es sehe so aus, als ob Amerika heute, unabhängig davon, wer in Washington regiere - ob “sleepy” Joe Biden oder der MAGA-König Donald Trump - nicht mehr die Supermacht sei, die andere Staaten effektiv davon abhalten könne, Kriege zu beginnen und grundlegende Veränderungen der Sicherheitslage in für sie wichtigen Regionen vorzunehmen.

Wie der Autor erinnert, habe Biden 2021 und 2022 den Kreml nicht davon abhalten, den Krieg in der Ukraine zu beginnen, genauso wie Trump heute Israel nicht davon abhalten könne, einen Krieg mit dem Iran zu führen. Das Problem sei nicht personeller, sondern hauptsächlich struktureller Natur.

Für Polen sieht der Kommentator fundamentale Konsequenzen: "Es gibt keine objektiven Gründe mehr, warum das Territorium der EU oder der NATO in Zukunft ein Gebiet bleiben sollte, das frei von der Bedrohung direkter Aggression ist", so der Autor. Die einzige sinnvolle Lösung sei ein "bewaffneter Frieden", der durch den Ausbau verschiedener Abschreckungs- und Widerstandsfähigkeiten erreicht werden könne.

Diese Situation erfordere eine grundlegende Umgestaltung unseres Bewusstseins und eine Reorganisation der gesamten Gesellschaft. “Ich weiß nicht, ob wir in Polen zu einer solchen großen Anstrengung fähig sind. Ich weiß jedoch, dass der Preis dafür, wenn wir sie nicht unternehmen, enorm sein kann", so Marek Cichocki in seinem Kommentar für die Rzeczpospolita.

niezalezna.pl: Rücktrittsforderungen nach "Tusk-Bändern"

Das nationalkonservative Portal niezalezna.pl hat sich seit dem Wochenende auf einen mutmaßlichen politischen Skandal um vom ebenfalls nationalkonservativen TV Republika veröffentlichte Audioaufnahmen eines Gesprächs zwischen dem damaligen EU-Ratschef Donald Tusk und Anwalt Roman Giertych aus dem Jahr 2019 eingeschossen. Niezalezna zitiert in diesem Kontext unter anderem den PiS-Abgeordneten Janusz Kowalski, der in der TV-Sendung "Michał #Rachoń" auf TV Republika Tusks sofortigen Rücktritt forderte.

Kowalski erklärte: "Die Bänder von Tusk und Giertych zeigen, wer heute Premierminister der Republik Polen ist. Es ist ein Mann, der über sich sagt: 'Ich, ein Deutscher'. In jedem zivilisierten Staat würde nach einer solchen Erklärung ein sofortiger Rücktritt erfolgen. Ich wünsche mir nicht, dass Donald Tusk, der sich als 'Ich, ein Deutscher' identifiziert, Regierungschef ist. Ich sage das als Pole." Hintergrund: Tusks hatte Giertych in dem Gespräch korrigiert und mit Blick auf die ständigen Attacken der PiS, die in als Deutschen beschimpften, ironisch gemeint: “Ich, ein Deutscher, muss Polnisch lehren”.

Die von TV Republika am Samstag veröffentlichten Aufnahmen stammen aus dem Jahr 2019 und enthalten Gespräche zwischen Giertych und Tusk über verschiedene politische Strategien, einschließlich der Kandidatur von Małgorzata Kidawa-Błońska für das Präsidentenamt und der Übergabe von Unterschriften an Stanisław Gawłowski.

Kowalski kritisierte besonders die Unterstützung für Gawłowski: "Tusk und Giertych lag sehr daran, dass Gawłowski antritt und in den Senat kommt. Das ist so eine Absprache der Bürgerplattform. De facto führte das Nicht-Aufstellen eines Kandidaten in diesem Wahlkreis für den Senat dazu, dass Gawłowski in den Senat kam. Dieser Mann hatte später große Probleme. Das ist meiner Ansicht nach die DNA der PO", zitiert niezalezna.pl Kowalskis Aussage für TV Republika.

Gazeta Wyborcza: Pegasus ist kein Ammenmärchen

Wenn die Veröffentlichung der Aufnahme jemandem schadet, dann vor allem der PiS, meint indes Bartosz T. Wieliński in seinem Kommentar für die linksliberale "Gazeta Wyborcza". Der Inhalt der Aufnahmen, so der Autor, sei uninteressant. "Giertych beschwert sich, dass er keinen guten Platz auf der Liste bekommen hat, Tusk kommentiert auf unanständige Weise das Verhalten der PiS-Wähler. Es gibt keine Sensation, es ist eine Knallerbse."

Interessant, eigentlich sensationell, so Wieliński, sei jedoch, wie diese Aufnahme entstanden sei. Aus dem Inhalt gehe hervor, dass das Gespräch zwischen Giertych und Tusk im Jahr 2019 abgehört worden sei. Tusk sei damals Präsident des Europäischen Rates gewesen, Giertych ein von den PiS-Diensten schikanierter Anwalt mit politischen Ambitionen.

"Taśmy Giertycha" skopiowane z Pegasusa. Służby zapewniały, że zostały zniszczone @czuchnowski.bsky.social #Wyborcza wyborcza.pl/7,75398,3202...

[image or embed]

— Gazeta Wyborcza (@wyborcza.pl) June 14, 2025 at 4:11 PM

Für die Überwachung von Giertych sei das damals illegal in Israel gekaufte Spionagesystem Pegasus eingesetzt worden. “Wahrscheinlich wurde die Aufnahme mit seiner Hilfe gemacht", so der Autor. Dies bestätige die These, "dass die Zentrale Antikorruptionsbehörde CBA oder die Agentur für Innere Sicherheit ABW von der PiS in eine politische Polizei verwandelt wurden. Sie hätten nicht Polen, sondern Jarosław Kaczyński gedient.

Der Journalist erinnert daran, dass PiS-Politiker 2021/2022 behauptet hatten, Pegasus sei "eine Erfindung von Journalisten und linksliberalen internationalen Organisationen." Vizeminister Michał Woś, dem wegen des illegalen Kaufs des Systems zehn Jahre Haft drohen, habe spöttisch das Foto einer Spielkonsole gleichen Namens gezeigt.

Er, so der Autor, habe den Eindruck, dass die Enthüllung der Aufnahmen der PiS mehr schadet als Giertych und Tusk. Die Aufnahme demaskiere "welche rücksichtslose Rolle die Geheimdienste unter der PiS-Regierung bei der Bekämpfung der Opposition spielten" und widerlege "völlig die Verteidigungslinie der PiS bezüglich Pegasus", so Bartosz Wieliński in der Gazeta Wyborcza.

Autor: Adam de Nisau


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