Teologia Polityczna: Rivalität um Führung in der neuen Weltordnung
Der Chefredakteur der Zeitschrift Teologia Polityczna, Marek Cichocki, fasst den zu Ende gehenden G7-Gipfel der reichsten Länder in Biarritz zusammen. Wie der Politikwissenschaftler feststellt, will der französische Präsident offenbar die Diskrepanz der angelsächsischen Welt ausnutzen.
Die Botschaft von Emmanuel Macron enthielt mehrere Schlüsselideen. Es hat die Souveränität Frankreichs und Europas als einzige Möglichkeit, die westliche Zivilisation zu retten, definiert. Russland, heisst es weiter, wurde als eine aufgeklärte Macht mit der man zusammenarbeiten muss, präsentiert. Zugleich schickte Macron auch eine klare Warnung an die Amerikaner, stellt der Autor fest, und zwar, dass "die Feinde unserer Freunde nicht unbedingt unsere Feinde sein müssen". Es gab auch eine Bemerkung, dass Europa kein Trainingsplatz für das amerikanische Wettrüsten sein werde.
Jahrzehntelang wurde die europäische Ordnung vom liberalen Amerika mit seiner Vision von Demokratie und Wirtschaft aufgebaut. Diese Weltordnung wurde nach dem Kalten Krieg in Europa vor allem auf der Grundlage der amerikanisch-deutschen Führungsallianz aufgebaut, überzeugt Cichocki. Seit US-Präsident Donald Trump und dem sog. Brexit gelte dieses System jedoch heute nicht mehr.
Die Regierung in Warschau sieht ihre Chance in Trumps Politik, der das amerikanisch-deutsche Bündnis in Europa beenden will. Man könne sich natürlich darüber streiten, heisst es am Schluss, ob eine solche Strategie die Position Polens langfristig stärken werde, aber es müsse zugeben werden, lautet Cichockis Fazit, dass Polens gegenwärtige Regierung nicht vergessen habe, aus der sich ändernden Realität Schlussfolgerungen zu ziehen.
Rzeczposplita: Zerfall des Westens
Auch die Tageszeitung Rzeczpospolita befasst sich heute mit dem G7 Gipfel in Biarritz. Wie Jędrzej Bielecki für das Blatt bemerkt, hat Frankreich nur Polen inmitten der großen EU-Länder nicht zum G7-Gipfel nach Biarritz eingeladen. Dies sei jedoch kein großer Verlust, denn 44 Jahre nach dem ersten G7-Treffen in Biarritz stelle sich nämlich die Frage, ob die Beibehaltung dieses Formats überhaupt noch Sinn mache. Jede Debatte des diesjährigen Gipfels, bemerkt der Autor, habe mit großen Meinungsverschiedenheiten oder leeren Mitteilungen geendet.
Zu viele politisch korrekte Themen wie Ökologie oder die Gleichstellung von Frauen und zu wenig von dem, was das Schicksal der Welt bestimmen wird, wurde angesprochen. Zum Beispiel in Bezug auf den amerikanischen Handelskrieg mit China haben westliche Partner nicht nur Trump nicht unterstützt, sondern kämpfen auch selber gegen die USA. In Biarritz wurden auch keine Fortschritte bei der Verhinderung eines sog. harten Brexits erzielt.
Heute leben wir in einer Realität, lautet das Fazit in der Rzeczpospolita, in der sich die sieben größten Volkswirtschaften der Welt nicht nur bezüglich des Konflikts mit China, der gemeinsamen Geldpolitik, der Strategie gegenüber dem Iran oder der Stellungnahme gegenüber Russland auf eine gemeinsame Front einigen können, was keine gute Vorhersage für die Zukunft sei.
Piotr Siemiński