Deutsche Redaktion

Vize-Innenminister Duszczyk: “Deutschland schiebt Polen keine Migranten zu”

15.04.2025 12:43
Zwei Monate nach Trumps Amtsübernahme nimmt die Gewalt zwischen Russland und der Ukraine nicht ab, sondern weiter zu. Jędrzej Bielecki sieht dafür vier fundamentale Gründe und meint: Jetzt muss man Trump wohl aussitzen. Etwa jeder fünfte russische Diplomat in Europa ist ein Spion, meinen die europäischen Sicherheitsdienste. Und: "Deutschland schiebt Polen keine Migranten zu", sagt Vize-Innenminister Duszczyk.
Парушэнне польскай мяжы з беларускага бокуhttps://x.com/straz_graniczna

Rzeczpospolita: Die größte Niederlage Trumps

Es werde wohl das erste große Wahlversprechen sein, das Donald Trump nicht erfüllen werde. Trotz wiederholter Ankündigungen, den Krieg in der Ukraine innerhalb von 24 Stunden zu beenden, nehme die Gewalt zwischen Russland und der Ukraine zwei Monate nach Amtsübernahme durch Trump nicht ab, sondern weiter zu. Der Konflikt drohe, sich zu einem „Vietnam unserer Generation“ zu entwickeln, schreibt Jędrzej Bielecki in der konservativ-liberalen Rzeczpospolita..

Dafür, so der Autor, gebe es mindestens vier Gründe. Erstens, die Haltung Wladimir Putins. Der Kreml mache deutlich, dass ein Waffenstillstand nur möglich sei, wenn die „Quellen des Konflikts“ berücksichtigt würden – was bedeute, dass Moskau seine Offensive weiterhin fortsetzen wolle, bis die Ukraine vollständig unterworfen sei.

Zweitens hätten auch die Ukrainer nicht die Absicht, sich dem Willen des Kremls zu beugen. Sie würden ihre Souveränität und Freiheit verteidigen und über das militärische Potenzial verfügen, um die russischen Truppen aufzuhalten. Beim aktuellen Tempo des russischen Vormarsches würde Putin fast ein Jahrhundert benötigen, um die gesamte Ukraine zu erobern. Russland werde jedoch nicht so schnell von der Offensive ablassen – auch weil die Kriegswirtschaft weiterhin von China unterstützt werde. Keine der beiden Seiten sei zu einem Kompromiss bereit, aber auch nicht in der Lage, den Gegner zu besiegen.

Drittens sei es Europas überraschende Entschlossenheit, die Ukraine zu unterstützen – auch dank des Regierungswechsels in Berlin. Europa könne zunehmend die Lücke schließen, die die USA hinterließen. Zwar würden die Vereinigten Staaten etwa bei geheimdienstlichen Informationen wichtig bleiben, doch durch den Ausbau europäischer Luftabwehrsysteme nehme die Abhängigkeit ab. Auch die ukrainische Waffenproduktion schreite schnell voran.

Der vierte Grund sei die schwindende Rolle Amerikas in der Welt. Nicht nur China, sondern auch einige Verbündete der USA wie Indien würden ihre wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Moskau intensivieren und die Sanktionen damit entkräften. Washington habe darauf kaum Einfluss.

Das Fazit von Bielecki: Nur eine Niederlage einer der beiden Seiten könne dem Krieg ein Ende setzen. Im vergangenen Jahr sei Putin einer solchen Niederlage nahe gewesen – „doch Donald Trump hat ihn gerettet“. Jetzt müsse man Trump wohl einfach „aussitzen“, um eine Chance auf Frieden zu erhalten, so Jędrzej Bielecki in der Rzeczpospolita.

Rzeczpospolita: 20 Prozent der russischen Diplomaten in Europa sind Spione. Polen und die Tschechische Republik wollen mehr Kontrolle

Etwa 20 Prozent der russischen Diplomaten in Europa seien Geheimdienstoffiziere unter diplomatischer Tarnung, berichtet ebenfalls die Rzeczpospolita unter Berufung auf Schätzungen europäischer Sicherheitsdienste. Polen und Tschechien, lesen wir im Blatt, fordern nun eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit russischer Diplomaten innerhalb des Schengen-Raums.

Polens Außenminister Radosław Sikorski habe bereits im Juni 2024 die Mobilität russischer Vertreter stark eingeschränkt: Reisen seien nur innerhalb des jeweiligen Konsularbezirks erlaubt, Ausnahmen müssten mindestens drei Tage im Voraus angemeldet und von polnischen Behörden genehmigt werden, lesen wir im Blatt. Trotz zahlreicher Reiseanträge habe es im vergangenen Jahr keine offizielle Ablehnung gegeben, so das Außenministerium gegenüber der Rzeczpospolita. Angaben zu den konkreten Zielen der Reisen blieben allerdings aus.

Im Zuge einer Reihe von Sabotageakten, darunter Brände in polnischen Städten, verstärke sich der Verdacht, dass russische Konsulate als Deckung für verdeckte Operationen dienten. Besonders der inzwischen geschlossene russische Konsulatssitz in Posen stehe im Verdacht, logistische Unterstützung für eine Operation mit selbstentzündenden Paketen in Flugzeugen geleistet zu haben. Der Journalist Zbigniew Parafianowicz habe in einem Interview mit der Gazeta Wyborcza erklärt, ihm zufolge hätten die Täter „von der Deckung des Konsulats in Posen profitiert“. Auch der frühere Vizechef des polnischen Inlandsgeheimdienstes ABW, Jacek Mąka, halte ein direktes Engagement für wahrscheinlich: Ohne belastbare Beweise wäre es nicht zur Schließung des Konsulats gekommen, so seine Einschätzung.

In der EU seien rund 2.000 russische Staatsbürger mit diplomatischem Status akkreditiert. Sicherheitsdienste gingen davon aus, dass etwa 400 von ihnen Agenten des russischen Militärgeheimdienstes GRU seien. Diese könnten dank Schengen  – geschützt durch diplomatische Immunität – auch außerhalb ihres eigentlichen Einsatzlandes hybride Operationen wie Spionage oder Sabotage unterstützen. “Ein Geheimdienstmitarbeiter, der sich in einem Land mit einem wichtigen Agenten aufhält, trifft sich nie innerhalb dieses Landes mit ihm, sondern im Ausland. Wenn beispielsweise ein Geheimdienstoffizier der Botschaft in Moskau mit einem wichtigen Agenten aus Warschau, Berlin oder Stockholm sprechen möchte, vereinbart er einen Termin mit ihm auf Mallorca oder in Wien", erklärt Niemczyk. Zudem würden die wichtigen Treffen immer persönlich stattfinden, um keine elektronischen Spuren zu hinterlassen.

Tschechien habe daher bereits im Vorjahr vorgeschlagen, russischen Diplomaten die freie Bewegung innerhalb des Schengen-Raums zu untersagen. Eine Initiative, die nach Ansicht der von der Rzeczpospolita befragten Experten sicherheitspolitisch notwendig sei. “Die in Polen akkreditierten russischen Diplomaten und Konsuln unterliegen einem strengen System der Spionageabwehr. Dies gilt jedoch nicht für ihre Kollegen aus den Nachbarländern Polens. Unter Schengen-Bedingungen haben sie die Möglichkeit, ihre Aufgaben in Polen zu erfüllen und im Falle einer Enttarnung den Schutz der konsularischen Immunität des anderen Schengen-Staates zu genießen”, so Parafianowicz. Er erinnert zudem daran, dass auch polnische Diplomaten in Russland in ihrer Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt seien. Inzwischen gingen polnische Sicherheitsdienste für operationelle Zwecke davon aus, dass alle russischen Konsularbeamten in Polen tatsächlich Geheimdienstmitarbeiter seien.

Besonders besorgniserregend sei laut dem Bericht die potenzielle Ansprechbarkeit von in Polen lebenden etwa 310.000 Belarussen und 1,5 Millionen Ukrainern für verdeckte Operationen. Selbst wenn nur wenige Prozent dieser Gruppen für Sabotage oder Brandstiftung rekrutierbar seien, stelle dies angesichts ihrer Gesamtzahl eine „enorme Rekrutierungsbasis“ dar, so Parafianowicz im Gespräch mit der Rzeczpospolita.

Dziennik/Gazeta Prawna: Vize-Innenminister Duszczyk: “Deutschland schiebt Polen keine Migranten zu”

Deutschland schiebe Polen keine Migranten zu – „das ist absoluter Fake News! Einfach eine einzige große Lüge“, erklärt Maciej Duszczyk, Vizeminister für Inneres und Verwaltung, im Interview mit dem Wirtschaftsblatt Dziennik Gazeta Prawna. Er betont, dass es „keinen Raum für Relativierungen“ gebe. Zwar habe es im vergangenen Jahr einen Einzelfall im brandenburgischen Osinów Dolny gegeben, doch darauf habe Polen „extrem deutlich“ reagiert. Ministerpräsident Tusk habe mit Kanzler Scholz gesprochen, und Minister Siemoniak sei bei einem Berlin-Besuch offiziell um Entschuldigung gebeten worden. Deutschland wisse, dass sich so etwas nicht wiederholen dürfe. Hintergrund: Am Montag hatte Ex-Premierminister Mateusz Morawiecki Deutschland vorgeworfen, 2024 über 10.000 Migranten nach Polen zurückgeführt zu haben. 

Im Rahmen der bestehenden Verfahren – darunter einfache und vereinfachte Rückführungen sowie das Dublin-III-System – würden Migranten regulär überstellt. „Niemand wird nach Polen ‚zugeschoben‘“, so Duszczyk. Die Zusammenarbeit mit den deutschen Behörden zur Bekämpfung grenznaher Kriminalität funktioniere sehr gut.

Mit Blick auf die neue gesetzliche Regelung vom März 2025 erinnert Duszczyk, dass das Recht auf Antragstellung für internationalen Schutz an der Grenze zu Belarus zeitlich und örtlich beschränkt wurde. Damit sei ein zentraler Anreiz für irreguläre Grenzübertritte beseitigt worden. „Wir haben es mit einer künstlich geschaffenen Migrationsroute zu tun, die von Aljaksandr Lukaschenka gesteuert wird.“ In den ersten Tagen nach Inkrafttreten der Regelung sei die Zahl der Übertrittsversuche stark angestiegen – als „Test unserer Reaktion“. Die Antwort der Grenzschutzbeamten sei eindeutig gewesen und inzwischen habe sich die Lage beruhigt: „Das System funktioniert“, so der Politiker.

Seitdem sei der Umgang der Grenztruppen mit den Geflüchteten auch mit wachsender Aggression konfrontiert. „Das ist eine völlig neue Situation, mit der wir in den letzten drei Jahren nicht konfrontiert waren“, so Duszczyk.

Anträge auf Schutz würden derzeit nur von Personen aus sogenannten schutzbedürftigen Gruppen angenommen – etwa schwangeren Frauen, unbegleiteten Minderjährigen oder Schwerkranken. Bisher seien vier solche Anträge angenommen worden: zwei von Schwangeren, zwei von Menschen mit schweren Erkrankungen. Die Anträge seien von Personen aus Kamerun und dem Sudan gekommen. Abgelehnt worden seien hingegen Anträge von Personen aus Somalia, Eritrea und Ägypten.

Zur Kritik, das Gesetz sei unklar formuliert, weil es nur die Grenze, nicht aber den Grenzstreifen erfasse, entgegnet Duszczyk, dies sei ein Missverständnis. „Wenn jemand die Grenze aus Richtung Belarus während der Gültigkeit der Verordnung überquert, hat er kein Recht auf Asyl – unabhängig davon, ob er direkt an der Grenze, 30 Kilometer weiter oder im Landesinneren aufgegriffen wird.“

Auch das Argument von Amnesty International, man könne keine humanitären Visa über Konsulate beantragen, weist er zurück: „Juristisch ist es möglich, solche Anträge in Konsulaten zu stellen. Das war früher der Fall und ist auch jetzt so.“ Dass solche Informationen öffentlich bestritten würden, zeige, wie oft er Aussagen zu Instrumenten der Migrationspolitik korrigieren oder ergänzen müsse.

Zur Diskussion um die Grenzkontrollen Deutschlands erklärt Duszczyk, Polen warte auf Gespräche mit der neuen Bundesregierung. „Unser Standpunkt ist eindeutig – es gibt heute keinerlei Grundlage für die Aufrechterhaltung der Kontrollen.“

Abschließend betont Duszczyk, dass der neue EU-Migrations- und Asylpakt in seiner aktuellen Form voraussichtlich nie in Kraft treten werde. Der Pakt sei, wie er betont, „in der Praxis vor der Amtsübernahme der aktuellen Regierung angenommen worden“ – mit einem vorgesehenen Inkrafttreten bis Juni 2026. Seither habe sich jedoch vieles verändert. Entscheidend sei die neue Ausrichtung der Europäischen Kommission, die laut Duszczyk nicht mehr auf eine Verlängerung von Asylverfahren, sondern auf deren vollständige Aussetzung im Krisenfall setze. „Auf dieser Grundlage basiert unser Gesetz zur Aussetzung des Asylrechts an der Grenze zu Belarus“, erklärt er. Das zeige seiner Meinung nach deutlich, dass der Pakt in der ursprünglich verabschiedeten Form kaum noch zur Anwendung kommen werde. „Und ich kann mit ruhigem Gewissen sagen: Das ist unser Verdienst.“

Viele Mitgliedstaaten, so Duszczyk, bewegten sich nun in dieselbe Richtung: „Wir setzen das Asylrecht an der Grenze aus, Italien baut Aufnahmezentren in Albanien, Deutschland schickt Migranten nach Afghanistan zurück, Österreich schränkt das Recht auf Familiennachzug ein.“ Dinge, die vor wenigen Monaten in der EU noch undenkbar gewesen seien, würden jetzt Realität.

Zugleich betont Duszczyk, dass Polen weiterhin keine Maßnahmen akzeptieren werde, „die aus Sicht der inneren Sicherheit oder gesellschaftlichen Kohärenz risikobehaftet sind“. Als für Migrationspolitik zuständiger Vizeminister werde er der Regierung keine Lösung empfehlen, „die diese Kriterien nicht erfüllt“.

Autor: Adam de Nisau

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