Polen plant vorerst keine allgemeine Impfpflicht gegen das Coronavirus. Diese Lösung sei zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht vorgesehen, sagte der Impfbeauftragte Michał Dworczyk am Mittwoch.
"Weder Regulierungen noch Kampanien helfen, weil in Polen alle über die Impfungen Bescheid wissen (...) Es gibt auch eine starke Polarisierung in der Gesellschaft und starke Emotionen auf beiden Seiten der Barrikaden."
Die Opposition wirft der nationalkonservativen PiS-Regierung vor, angesichts einer vergleichsweise geringen Impfquote und steigender Neuinfektionen untätig zu bleiben, um die Impfgegner unter ihren Wählern nicht zu verprellen. In Polen sind 20,3 Millionen von knapp 38 Millionen Einwohnern vollständig geimpft. Statistiken zeigen, dass die Impfquote besonders im Osten und Südosten des Landes niedrig ist - dort, wo die PiS die höchste Wählerzustimmung genießt.
Außer einer allgemeinen Maskenpflicht in Innenräumen, Bussen und Bahnen gibt es in Polen praktisch keine Restriktionen, auch nicht für Ungeimpfte. Regierung und Opposition verhandeln gerade über ein neues Gesetz, das es Arbeitgebern ermöglichen soll, den Impfstatus ihrer Beschäftigten abzufragen.
Am Mittwoch meldete das Gesundheitsministerium 28 380 registrierte Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden, 460 Menschen starben im Zusammenhang mit dem Virus.
Experten wie der Virologe Paweł Grzesiowski schätzen aber, dass die Zahl der Neuinfektionen in Wahrheit bei mehr als 100 000 täglich liegen dürfte. Die Dunkelziffer der unentdeckten Infektionen sei sehr hoch, da Polen wesentlich weniger teste als seine europäischen Nachbarn, sagte Grzesiowski der Zeitung "Rzeczpospolita".
Während Deutschland mit 80 Millionen Einwohnern rund 1,5 Millionen Tests täglich ausführt, kommen in Polen auf knapp halb so viele Einwohner nur rund 107 000 Tests.
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