Deutsche Redaktion

Schweigeminute für Opfer des Kinder-KZs in Łódź

01.12.2023 11:30
Am Freitag jährt sich die Errichtung des Kinder-KZs in Łódź/Lodsch zum 81. Mal. Die Besatzer hielten dort polnische Kinder und Jugendliche im Alter von 6 bis 16 Jahren gefangen, aber auch Säuglinge wurden dorthin gebracht. Es wird davon ausgegangen, dass in den Jahren 1942 – 1945 mehr als 3.000 Kinder das Lager durchliefen, mehr als 200 haben das KZ nicht überlebt.
Kładka do getta w Łodzi, 1940
Kładka do getta w Łodzi, 1940Bundesarchiv/Wikimedia/domena publiczna

Schockierende Dokumente über Nazi-Verbrecher Camillo Ehrlich gefunden

Anfang 2022 fanden polnische Historiker Dokumente die zeigenwie der Kommandant des Konzentrationslagers für polnische Kinder in Łódź nach dem Krieg mit seinen Verbrechen davonkam. „Bis zu seinem Tod lebte Camillo Ehrlich ein sehr komfortables Leben in München“, sagte der Historiker Michał Hankiewicz der polnischen Presseagentur PAP.

Als die Rote Armee im Januar 1945 Lodsch erreichte, floh Sturmbannführer SS Camillo Ehrlich aus dem Lager und machte sich auf den Weg nach Westen. Seitdem war über sein Schicksal wenig bekannt. 

Die kürzlich entdeckten Dokumente zeigen, dass Ehrlich nach dem Krieg von den Sowjets gefangen genommen und zu lebenslanger Haft verurteilt, aber schließlich von den ostdeutschen Behörden freigelassen wurde. Nach seinem Umzug in die Bundesrepublik Deutschland wurde seine Verurteilung aufgehoben. Ehrlich starb am 6. Juni 1974 im Alter von 81 Jahren in München. 

Wie der Direktor des Museums für polnische Kinder – Opfer des Totalitarismus, Dr. Ireneusz Maj informierte, wurde der Deutsche „für die Verbrechen, die er an polnischen Kindern begangen hat, nie zur Rechenschaft gezogen. 

Die Historiker, die in polnischen und deutschen Archiven nach Informationen über den Kriegsverbrecher suchten, haben herausgefunden, dass Ehrlichs Name in den Akten falsch geschrieben war. „Die ganze Zeit seit dem Krieg war er als Karl Ehrlich bekannt. Nach der Recherche sind wir hundertprozentig davon überzeugt, dass sein richtiger Name Camillo Ehrlich ist.“ 

Das Polen-Jugendverwahrlager der Sicherheitspolizei in Litzmannstadt wurde am 1. Dezember 1942 von der deutschen Besatzungsmacht errichtet; die ersten kleinen Häftlinge wurden bereits wenige Tage später, am 11. Dezember, dorthin transportiert. Das Polen-Jugendverwahrlager der Sicherheitspolizei in Litzmannstadt wurde am 1. Dezember 1942 von der deutschen Besatzungsmacht errichtet; die ersten kleinen Häftlinge wurden bereits wenige Tage später, am 11. Dezember, dorthin transportiert.

Das deutsche Gericht in Chemnitz befand ihn der Beteiligung an der Terrormaschinerie des Dritten Reiches für schuldig, seine Rolle im Kinderlager in Łódź wurde jedoch nicht erwähnt. Er wurde zu lebenslanger Haft verurteilt, saß aber nur bis 1956 hinter Gittern, als er ohne Angabe von Gründen freigelassen wurde. Nach seiner Freilassung ging Ehrlich nach Westdeutschland. Ab 1958 lebte er in München und veröffentlichte Artikel zur Kriminaltechnik. Er schrieb auch ein Handbuch für Polizeibeamte, wie man Teenager ermutigen kann, Verbrechen zu vermeiden. 

Ehrlich schrieb ein Handbuch für Polizeibeamte, wie man Teenager ermutigen kann, Verbrechen zu vermeiden. fot. Museum of Polish Children - victims of totalitarianism Ehrlich schrieb ein Handbuch für Polizeibeamte, wie man Teenager ermutigen kann, Verbrechen zu vermeiden. fot. Museum of Polish Children - victims of totalitarianism

Andere Dokumente, die von den Historikern gefunden wurden, zeigen die Sorgfalt Ehrlichs, seinen Hunden angenehme Bedingungen zu bieten. „Ehrlich und sein Personal haben sich mehr um ihre Hunde gekümmert, als um Kinder. Die Tagesration für Kinder bestand aus zwei Scheiben Brot und etwas Suppenartigem. Ich kann mir vorstellen, dass die in den Dokumenten erwähnten Tiere besser ernährt wurden als die polnischen Kinder“, fügte der Historiker Hankiewicz hinzu. 

Der offizielle Grund für die Einrichtung eines Lagers für polnische Jugendliche durch die Deutschen war das (vermeintliche) "Problem" der unbegleiteten polnischen Kinder und ihr angeblich negativer Einfluss auf deutsche Kinder. Zum „Problem“ wurden also Kinder, die einen oder beide Elternteile durch Hinrichtung, Verhaftung oder Verbannung zur Zwangsarbeit verloren hatten.

Das Lager für polnische Kinder in Łódź war von 1942 bis 1945 in Betrieb. Es wird geschätzt, dass von den 3000 Kindern, mehrere Hundert es nicht überlebt haben.

PAP/jc