Deutsche Redaktion

Außenminister Sikorski: Neuer NATO-Fonds für die Ukraine ist ein Signal an Putin, dass er nicht siegen wird

05.04.2024 10:54
„Es ist wichtig, dass Putin versteht, dass wir langfristig planen können und dass er diesen Konflikt nicht innerhalb von ein paar Monaten oder sogar Jahren gewinnen kann", so Polens Außenminister.
Polish Foreign Minister Radosław Sikorski.
Polish Foreign Minister Radosław Sikorski. Photo: PAP/Abaca

Die Einrichtung eines speziellen Fonds für die Ukraine ist ein Signal an Putin, dass er den Krieg gegen dieses Land nicht gewinnen wird, sagt Polens Außenminister Radosław Sikorski. Es geht um eine Summe von 100 Milliarden Dollar über fünf Jahre. Den Vorschlag hat NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg den Alliierten vorgelegt, Polen hat ihn unterstützt.

„Es ist wichtig, dass Putin versteht, dass wir langfristig planen können und dass er diesen Konflikt nicht innerhalb von ein paar Monaten oder sogar Jahren gewinnen kann. Als Nordatlantische Allianz sind wir ihm wirtschaftlich um das Zwanzigfache überlegen und falls notwendig, auch für einen langwierigen Konflikt gerüstet“, erklärte der polnische Außenminister.

Die Idee hinter dem Fonds ist, dass die Allianz die Koordination der Aufrüstung der Ukraine von den USA übernimmt und die Ausbildung ukrainischer Soldaten überwacht. Bisher hatte die NATO gezögert, sich zu engagieren, um nicht den Eindruck zu erwecken, Konfliktpartei zu sein. Diese Bedenken scheinen nun überwunden. Zudem scheint die NATO sich gewissermaßen auf die kommenden Präsidentschaftswahlen in den USA vorzubereiten und möchte die Unterstützung für die Ukraine institutionalisieren. Donald Trump hatte angekündigt, im Falle eines Wahlsiegs die finanzielle Hilfe für Kiew einzustellen. Durch die Schaffung eines von der NATO geführten Fonds mit einer gerechten Lastenverteilung unter den Mitgliedsstaaten wäre ein Rückzug aus der Unterstützung schwieriger.

Die Gestaltung des Fonds soll in den kommenden Wochen und Monaten konkretisiert werden. Obwohl sich die Länder auf den ersten Schritt – die Übernahme einer größeren Rolle durch die NATO bei der Koordination – geeinigt haben, waren die Reaktionen auf die Schaffung des Fonds unterschiedlich. „Wie es unter Verbündeten üblich ist, stimmt nicht jeder sofort zu, aber wir nähern unsere Positionen an“, sagte Minister Sikorski. Endgültige Entscheidungen werden auf dem NATO-Gipfel in Washington im Juli erwartet.

Die Wahl eines neuen NATO-Generalsekretärs ist ebenfalls ein Diskussionspunkt innerhalb der Allianz. Bisher gibt es keine Einigkeit, bestätigte der polnische Außenminister. Dieses Thema war einer der Schwerpunkte der informellen Gespräche in Brüssel. Details zu den Diskussionen oder zu Polens bevorzugtem Kandidaten wollte Sikorski nicht preisgeben. „Ich kann sagen, dass eine Diskussion stattgefunden hat, in der ich die Meinung eines Kollegen unterstützt habe, dass unsere Region in den Führungsgremien unterrepräsentiert ist – nicht nur in der NATO, sondern auch in der Europäischen Union und den Vereinten Nationen. Wir werden aktiv darauf hinwirken, dass mehr Polen und Personen aus unserer Region führende Positionen in diesen Bereichen übernehmen“, erklärte der Minister.

Als aussichtsreichster Kandidat für die Position des NATO-Generalsekretärs gilt der niederländische Premierminister Mark Rutte, der laut inoffiziellen Informationen von 90 Prozent der Alliierten unterstützt wird. Widerstand gibt es hauptsächlich von Ungarn, der Slowakei und Rumänien, dessen Präsident seine eigene Kandidatur eingereicht hatte. Die Amtszeit des aktuellen NATO-Chefs endet im Herbst, doch es wird erwartet, dass sein Nachfolger bereits auf dem NATO-Gipfel im Juli in Washington bekannt gegeben wird.

Die ministeriellen Diskussionen über den neuen NATO-Chef und den Fonds für die Ukraine fielen mit den Feierlichkeiten zum 75. Jubiläum der Gründung der NATO zusammen. „Jetzt steht Polen auf der richtigen Seite der Macht“, kommentierte Radosław Sikorski. Er erinnerte daran, dass Polen bei der Gründung der Allianz unfreiwillig unter sowjetischem Befehl stand. „Das Reich des Bösen ist gefallen, wir haben unsere Chance genutzt, das sich öffnende Geschichtsfenster genutzt, weil wir fühlten, dass Russland wieder aggressiv werden könnte. Wir versuchten, es zu europäisieren. Leider versucht es erneut, Grenzen mit Gewalt zu verändern, aber diesmal sind wir unter Freunden, mit anderen Demokratien“, sagte der polnische Außenminister.

IAR/adn