Deutsche Redaktion

Außenminister Sikorski bleibt in Polen und warnt vor Russland

01.07.2024 09:22
Ich will keine Position im Ausland, versichert Polens Außenminister im Gespräch mit dem Wochenmagazin "Newsweek". Radosław Sikorski hebt zudem hervor, dass Putin niemanden angreifen kann, solange er die Ukraine nicht besiegt hat. „Deshalb ist es in unserem Interesse, dass die Ukraine den Krieg gewinnt.“
Polish Foreign Minister Radosław Sikorski.
Polish Foreign Minister Radosław Sikorski.Photo: PAP/Albert Zawada

Außenminister Radosław Sikorski bleibt in Polen und will keinen EU-Posten, das versicherte der Politiker in einem Interview mit dem Magazin "Newsweek"

„Ich habe das schon oft gesagt. Ich wiederhole, dass das Amt des Außenministers im freien Polen eine Ehre ist“, so Sikorski.

Auf die Bemerkung, dass die Hälfte der Polen Angst vor einem Krieg mit Russland hat, antwortete der Minister: „Die Polen haben zu Recht das Gefühl, dass man, wenn Russland uns bedroht, dies leider ernst nehmen muss. Und es bedroht uns ständig. Man muss sich nur daran erinnern, was der ehemalige Präsident Dmitrij Medwedew oder Wladimir Putin selbst von sich geben. Der Westen, der davon ausging, dass solche Drohungen nicht rational sind, nahm lange Zeit die russischen Drohungen gegen Georgien oder die Ukraine nicht ernst. Er hat viel Zeit verschwendet.“


Russland führt Krieg mit Europa

Auf die Frage, was passieren würde, wenn Russland Polen angreift, betonte Sikorski, dass „Russland uns bereits angreift“. „Wir haben einen hybriden Krieg, was bedeutet, dass Angriffe nicht nur im Cyberraum oder im Informationsbereich stattfinden, sondern auch im realen, kinetischen Bereich. Russland heuert Saboteure an, die versuchen, auf dem gesamten Gebiet der NATO, auch in Polen, Terror- und Sabotageakte durchzuführen.“

Er fügte hinzu, „dass Putin niemanden sonst angreifen kann, solange er die Ukraine nicht besiegt hat“. „Deshalb ist es in unserem vitalen Interesse, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnt“, erklärte der Minister.

Sikorski wurde auch gefragt, ob er „sich mit Präsident Andrzej Duda darauf geeinigt hat“, dass Polen beim NATO-Gipfel in Washington „mit einer Stimme sprechen wird“.

„Das erwarte ich, denn der Präsident repräsentiert Polen, aber die Außenpolitik wird von der Regierung geführt. Gemäß dem Urteil des Verfassungsgerichts aus der Zeit, als es noch ordnungsgemäß besetzt war, ist der Präsident verpflichtet, das zu äußern, was die Regierung vertritt, und somit die Politik der Regierung zu vertreten, auch wenn er nicht damit einverstanden ist. Es gibt schließlich und kann keine zwei Außenpolitiken Polens geben“, unterstrich er.

Europa muß in "Ost-Schild" investieren 

Im Gespräch wurde auch die Situation an der östlichen Grenze angesprochen. „Ich glaube, dass wir als Land nicht allein gelassen werden sollten, um die EU-Grenze zu kontrollieren. Es kann nicht sein, dass wir Milliarden Zloty für die Grenze ausgeben und dafür mit einem erhöhten Defizitverfahren belegt werden. Der Schutz der Außengrenzen der Union liegt im Interesse der gesamten Gemeinschaft“, bewertete der Außenminister. Er fügte hinzu, dass die Europäische Union uns finanziell bei der Umsetzung des "Ost-Schildes" helfen sollte.

Auf die Frage zu den Wahlen in Frankreich antwortete Sikorski: „Wir werden mit jeder französischen Regierung zusammenarbeiten. Aber wenn die französischen Nationalisten die Union von innen zerstören, dann versichere ich, dass selbst die Europhoben nach Jahren sagen werden: Wie sehr man dich schätzt, erfährt man erst, wenn man dich verliert“.


Newsweek/jc

 

„Es wäre besser für Polen, wenn Kasparow und nicht Putin der russische Präsident wäre“

20.06.2024 13:42
Im Exklusiv-Interview für den Auslandsdienst des Polnischen Rundfunks sprechen wir mit Polens Außenminister Radosław Sikorski über das heutige Russland, den Ukraine-Krieg und die polnisch-ukrainischen Beziehungen.