Rzeczpospolita: Ist Europa auf Trumps isolationistischen Ansatz vorbereitet?
Die potentiellen Konsequenzen des Trump-Siegs analysiert unter anderem der Chefredakteur der konservativ-liberalen Rzeczpospolita, Michał Szułdrzyński. Nein, so der Autor, man müsse Trump nicht zustimmen oder von seinen Wahlversprechen begeistert sein, aber man müsse dieses Ergebnis akzeptieren und es verstehen. Mit der Entscheidung für Trump und J.D. Vance hätten die Amerikaner gesagt, dass sie es satt hätten, aus ihren Steuergeldern die Weltordnung aufrechtzuerhalten. Sie hätten genug von den jahrelangen Kriegen im Irak und in Afghanistan und davon, Milliarden Dollar für Aufrüstung auszugeben, um sich dort zu engagieren, wo andere Länder militärische Unterstützung aus Washington benötigten. Die Amerikaner hätten vor allem gezeigt, dass sie wollten, dass Amerika an erster Stelle in der Politik ihrer Regierung stehe.
Es, so Szułdrzyński, gehe um die Wirtschaft, den Kampf gegen die Inflation, die illegale Migration (die die letzten Regierungen einfach nicht in den Griff bekommen hätten), die Opioidkrise, die einige amerikanische Städte in Zombie-Zonen verwandle, aber auch um den Zugang zu Gesundheitsleistungen und Waffen.
Das größte Problem aus europäischer Sicht, so der Autor, sei, dass Europa auf Trump überhaupt nicht vorbereitet sei. Es gebe derzeit in Europa keinen Anführer, der in der Lage wäre, die Führung der westlichen Gemeinschaft zu übernehmen, falls Trump nach seiner isolationistischen Doktrin diesen Platz unbesetzt lassen sollte. Frankreich und Deutschland würden sich in einer schweren politischen Krise befinden. Der Premierminister des Vereinigten Königreichs werde, obwohl er nach den letzten Wahlen ein starkes Mandat habe, eher nicht eine solche Führungsrolle anstreben, da Großbritannien kein EU-Mitglied sei.
Die Regierung von Donald Tusk in Polen habe zusammen mit Außenminister Radosław Sikorski ein starkes Mandat, aber es bleibe die Frage, ob die Herausforderungen der Innenpolitik es ihnen erlauben werden, diese historische Chance zu nutzen und deutlich über ihrer Gewichtsklasse zu spielen.
Europa ist nicht bereit für Trump. Es muss daher sehr schnell die Lektion der westlichen Führung lernen, bevor jemand wie Viktor Orbán oder sogar Wladimir Putin danach greift, so Michał Szułdrzyński in der Rzeczpospolita.
Niezalezna.pl: In den USA hat der gesunde Menschenverstand gewonnen
In den USA habe der gesunde Menschenverstand des einfachen Bürgers gewonnen. Für Polen sei der Sieg von Donald Trump sehr gut, für die Regierung jedoch weniger vorteilhaft, was auf deren mangelnden Professionalismus zurückzuführen sei, sagt indes im Interview mit dem nationalkonservativen Onlineportal niezalezna.pl Polens ehemaliger Außenminister, Prof. Zbigniew Rau.
“Was hat die Amerikaner in diesen Wahlen vereint?", fragt Rau. Der gesunde Menschenverstand. Der gesunde Menschenverstand des einfachen Bürgers, der auf seine Werte und die wirtschaftliche Lage schaue. Es sei schwer, sich an andere Wahlen zu erinnern, die auf so spektakuläre Weise den Willen der Wähler mit dem gesunden Menschenverstand vereint hätten, so der Politiker.
Geht es nach Rau, sei es gut für die Welt, dass Trump die Wahlen deutlich gewinne und einen klaren Vorsprung vor Kamala Harris habe. „Wäre es anders, wäre die Phase der Machtübergabe in den USA gefährlich für uns und die Welt gewesen. Es wäre eine Zeit des Chaos gewesen. Nun wird das wahrscheinlich nicht der Fall sein“, erklärte er.
Wie der ehemalige Außenminister einräumt, werde Trump zu Recht als unkonventioneller und unberechenbarer Politiker betrachtet. So sei er auch in taktischen Fragen, aber nicht in strategischen, wo er die amerikanischen Interessen verfolge. Diese würde er kaum neu definieren. Natürlich werde der Fokus stärker auf China gelegt, aber das sei keine Überraschung, bewertete Rau.
Er hob hervor, dass die Demokratische Partei seit Bill Clintons Präsidentschaft Deutschland als „führende Kraft in Europa“ ansehe. „Eine solche Fortsetzung ist derzeit nicht zu erwarten. Ob die NATO dadurch stärker wird? Sie wird pluralistischer. Polen wird für die 4 Prozent des BIP, die es für die Verteidigung aufwendet, Anerkennung erhalten“, betonte er.
Für Polen insgesamt, fährt Rau fort, sei der Sieg von Donald Trump sehr gut, für die Regierung jedoch weniger vorteilhaft. Dies sei auf die Unprofessionalität der polnischen Regierung zurückzuführen. Wenn der aktuelle Premierminister Donald Tusk ein Jahr, nachdem er auf Twitter ein Foto veröffentlicht habe, auf dem er mit zwei Fingern auf Trumps Rücken ziele, nun meine, daran erinnert zu müssen, und wenn es dem Außenminister nichts ausmache, dass seine Frau Trump mit Hitler und Stalin vergleiche, wo bleibe da die Professionalität und die Verantwortung für das Gemeinwohl und die Seriosität?, so Rau.
Bei einem Sieg von Kamala Harris wäre die „Vision einer Welt ohne Religion, Geschichte, Tradition und Familienethos“ verwirklicht worden, meint Zbigniew Rau im Gespräch mit niezalezna.pl.
Dziennik/Gazeta Prawna: Wird ein Sieg von Trump einen globalen Handelskrieg auslösen? Auswirkungen für Europa und Polen
Wird ein Sieg von Trump einen globalen Handelskrieg auslösen? Und wenn ja, welche Konsequenzen hätte dies für Europa? Diesen Fragen geht das Wirtschaftsblatt Dziennik/Gazeta Prawna nach. Wie das Blatt erinnert, kritisiere Trump China seit Jahren und stelle das Reich der Mitte als wirtschaftlichen Hauptgegner der USA dar. Er habe angekündigt, Zölle auf chinesische Waren auf bis zu 60 Prozent zu erhöhen, um die US-Industrie zu schützen und die Binnenwirtschaft zu stärken. Solche Maßnahmen, so die Zeitung, seien nicht neu, da auch die Biden-Administration höhere Zölle auf chinesische Schlüsselprodukte wie Elektroautos und Halbleiter eingeführt habe.
Für Europa bedeute Trumps mögliche Zollpolitik eine wirtschaftliche Herausforderung. Es bestehe die Befürchtung, dass China, wenn es in den USA auf Handelsbarrieren stoße, seinen Export nach Europa umleiten könnte, was den Wettbewerb auf den europäischen Märkten verstärken würde. Am Beispiel von Elektroautos aus China zeige sich bereits, dass die EU-Politiker das Problem erkennen und zusätzliche Abgaben auf Produkte erwägen, die stark vom chinesischen Staat subventioniert würden.
Experten betonen, dass auch die polnische Wirtschaft von neuen Zöllen betroffen sein könnte, die eng mit der deutschen Wirtschaft verflochten sei. Einschränkungen des EU-Exports in die USA könnten besonders die polnische Automobilbranche belasten. Hohe Zölle könnten zudem die Inflation weltweit antreiben, was Polen durch höhere Importpreise spüren würde.
Die EU, lesen wir weiter, habe nicht vor, einer Zollerhöhung durch Trump tatenlos zuzusehen und bereite bereits Gegenmaßnahmen in Form eigener Zölle auf US-Waren vor.
Falls Trump seinen Plan umsetze, könnten globale wirtschaftliche Folgen eintreten, darunter ein Einbruch des Wirtschaftswachstums in vielen Ländern. Experten würden darin den möglichen Beginn einer neuen Handelsphase sehen, die Europa unter Druck setzen könnte, engere wirtschaftliche Beziehungen zu China einzugehen – was das Gegenteil der amerikanischen Isolationstaktik wäre, so Dziennik/Gazeta Prawna.
Autor: Adam de Nisau