Der ehemalige Vize-Justizminister Marcin Romanowski sollte in Polen wegen Korruptionsvorwürfen drei Monate in Untersuchungshaft verbringen. In Polen waren Ermittlungen gegen ihn wegen des angeblichen Missbrauchs öffentlicher Gelder unter der vorherigen Regierung geführt worden. Der Stabschef des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán, Gergely Gulyás, teilte am Donnerstag mit, Romanowski habe Asyl erhalten, weil er befürchte, dass er in Polen keinen fairen Prozess bekommen würde. Der Politiker der früheren Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) hat in Ungarn um Asyl gebeten, das ihm „in Übereinstimmung mit ungarischem und EU-Recht“ gewährt wurde, so der Beamte.
Außenminister: Asyl für Romanowski ein „feindlicher Akt"
Warschau hat diesen Schritt scharf kritisiert. Der polnische Außenminister Radosław Sikorski bezeichnete die Entscheidung Ungarns als „feindlichen Akt“.
„Die Entscheidung der Regierung von Viktor Orbán, Marcin Romanowski, gegen den ein Europäischer Haftbefehl vorliegt, politisches Asyl zu gewähren, wird als feindlicher Akt gegenüber Polen und den Grundsätzen der Europäischen Union betrachtet“, schrieb Sikorski am Donnerstag auf X. „Wir werden unsere Entscheidungen morgen bekannt geben“, fügte er hinzu.
Romanowskis Anwalt, Bartosz Lewandowski, gab daraufhin bekannt, dass Ungarn seinem Mandanten internationalen Schutz gewährt habe, da die Anschuldigungen „politisch motiviert“ seien. Lewandowski zufolge befürchte Romanowski, dass er in Polen aufgrund der angeblichen Parteilichkeit bestimmter Richter keinen fairen Prozess erwarten könne.
Unregelmäßigkeiten im polnischen Justizfonds
Polnische Behörden verfolgen Romanowski seit letzter Woche. Nachdem die Polizei ihn nicht ausfindig machen konnte, wurde am Donnerstag ein europäischer Haftbefehl gegen ihn ausgestellt. Ein Warschauer Bezirksgericht hatte Anfang des Monats entschieden, Romanowski im Zusammenhang mit einer Untersuchung über angebliche finanzielle Unregelmäßigkeiten im polnischen Justizfonds für drei Monate zu inhaftieren.
Die Anklage gegen Romanowski umfasst die Beteiligung am organisierten Verbrechen und die Manipulation von öffentlichen Ausschreibungen. Romanowski wird verdächtigt, Gelder in Höhe von mehr als 25 Mio. EUR veruntreut und versucht zu haben, weitere 12 Mio. EUR zu missbrauchen.
Der Justizfonds ist ein staatliches Programm zur Unterstützung von Opfern von Straftaten und stand zum Zeitpunkt der mutmaßlichen Verstöße unter Romanowskis Aufsicht. Der Politiker und andere PiS-Angehörige weisen den Fall als politisch motiviert zurück. Sie bezeichnen ihn als „politischen Rachefeldzug“ und als Versuch, ihre Partei in die Knie zu zwingen.
IAR/PAP/ps