"Auch wenn unterschiedliche Positionen geäußert werden, ist es immer noch offensichtlich, dass die Ukraine es verdient, im Bündnis zu sein. Nicht jetzt - jetzt ist der Krieg, aber wir brauchen ein klares Signal", sagte Selenskyj in seiner am Montagabend in Kiew verbreiteten täglichen Videobotschaft. "Die Mehrheit der Allianz ist eindeutig für uns." Das müsse der Gipfel in Litauens Hauptstadt Vilnius an diesem Dienstag und Mittwoch bestätigen.
"Wir arbeiten noch an der Formulierung, also an den konkreten Worten einer solchen Bestätigung, aber wir verstehen bereits, dass die Ukraine dem Bündnis beitreten wird. Wir arbeiten daran, den Algorithmus für den Beitritt so klar und schnell wie möglich zu gestalten", sagte Selenskyj.
Er sagte, es sei ihm eine Ehre, das Land und die Ukrainer zu vertreten. Einmal mehr betonte Selenskyj auch, dass der Kampf der Ukraine im Sinne des Westens sei. Die Sicherheit der Ostflanke der Nato hänge von der Ukraine ab.
"Die russische Diktatur" habe "stets versucht, die Völker Europas zu unterwerfen", sagte Selenskyj weiter. Die ukrainische Ostgrenze und die Stellungen der Soldaten werde Russland "nie wieder überschreiten". Der Präsident sieht die Ukraine, wie er betonte, faktisch schon jetzt als Teil der Militärallianz. "Unsere Waffen sind die Waffen der Allianz. Unsere Werte sind das, woran die Allianz glaubt. Unsere Verteidigung ist das eigentliche Element der Formel Europas, die es einig, frei und friedvoll macht."
Selenskyj kündigte eine Reihe bilateraler Gespräche in Vilnius an, darunter mit Vertretern von EU-Staaten, den USA und Kanada. "Die Prioritäten liegen auf der Hand: Das ist Luftverteidigung für unsere Städte, für alle Gemeinden im ganzen Land, wir arbeiten auch an der Schaffung eines vollwertigen Raketenschutzschildes." In Vilnius werde es zudem Gespräche über Waffen für die Front gehen. "Natürlich werden wir auch über andere Aspekte des Schutzes von Leben und unserer gemeinsamen Sicherheit sprechen", sagte Selenskyj. "Ich bin sicher, dass es für unsere Soldaten aus Vilnius gute Nachrichten zur Bewaffnung geben kann."
Die Ukraine verteidigt sich seit mehr als 500 Tagen gegen Russlands Angriffskrieg. Moskau hatte die Invasion am 24. Februar 2022 auch damit begründet, einen Nato-Beitritt des Nachbarlandes verhindern zu wollen.
Zweitägiger Nato-Gipfel in Litauen beginnt
Mit Beratungen über die weitere Unterstützung der Ukraine und den Ausbau der Abschreckung und Verteidigung gegen Russland beginnt am Dienstag der zweitägige Nato-Gipfel in Litauen. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg will bei dem Spitzentreffen ein klares Signal an Russlands Präsidenten Wladimir Putin aussenden: Dass der Krieg gegen die Ukraine zum Scheitern verurteilt ist und jede Aggression gegen einen Nato-Staat eine entschlossene Reaktion des gesamten Bündnisses zur Folge hätte.
Insbesondere auf den Wunsch der USA hin soll es zudem auch Gespräche über den weiteren Umgang mit China geben. In Washington wird die Politik Pekings zunehmend auch als Sicherheitsgefahr gesehen. US-Präsident Joe Biden landete am Montagabend in Vilnius.
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