Deutsche Redaktion

Proteste in Warschau nach Verhaftung prominenter PiS-Politiker

10.01.2024 06:53
Rund 500 Menschen protestierten nach der Verhaftung von Mariusz Kamiński und Maciej Wąsik am Dienstagabend vor dem Präsidentenpalast und einer Polizeiwache. Die Polizei hat anhand einer Gerichtsanordnung den ehemaligen polnischen Innenminister und seinen Stellvertreter im Warschauer Präsidentenpalast festgenommen. Beide Politiker wurden wegen Amtsmissbrauchs zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt.
Der ehemalige Innenminister und sein Stellvertreter wurden im Warschauer Prsidentenpalast festgenommen.
Der ehemalige Innenminister und sein Stellvertreter wurden im Warschauer Präsidentenpalast festgenommen. PAP/Marcin Obara

Die Politiker wurden von der Polizei im Präsidentenpalast festgenommen, auf die Polizeistation gebracht und vor 22 Uhr in die Arrestzelle gesetzt. 

Mariusz Kamiński und Maciej Wąsik wurden zuerst in das Polizeikommissariat des Warschauer Bezirks VII gefahren. Anhänger der beiden Politiker versammelten sich vor der Polizeistation und riefen „politische Gefangene" und „Nieder mit dem Kommunismus". Auch mehrere Abgeordnete der konservativen Opposition erschienen, darunter der Vorsitzende der Recht und Gerechtigkeit (PiS) Jarosław Kaczyński, der ehemalige stellvertretende Verteidigungsminister, Jacek Ozdoba, der ehemalige Bildungsminister, Przemysław Czarnek, und der ehemalige stellvertretende Sejmmarschall, Ryszard Terlecki.

„Es ist ein unglaublicher Skandal, dass Mariusz Kamiński und Maciej Wąsik im Gefängnis sitzen. Sie sind die ersten politischen Gefangenen nach 1989. Die Menschen, die dazu geführt haben, werden die Konsequenzen tragen", sagte Jarosław Kaczyński. Ihm zufolge seien die Politiker seines Lagers verurteilt worden, „weil sie Verbrechen bekämpft haben, und zwar die Verbrechen von Menschen, die in der sozialen Hierarchie ganz oben stehen. Nun, das ist der Grund für diese Rache, diese Bösartigkeit gegen sie, trotz der Begnadigung durch den Präsidenten", fügte er hinzu.

„In dem von Tusk beherrschten Staat sind Politiker der Bürgerplattform, die der Korruption beschuldigt werden, frei, entweder im Sejm oder im Europäischen Parlament", schrieb indes der Vorsitzende der PiS-Parlamentsfraktion, Mariusz Błaszczak, in sozialen Medien. Ihm nach würden PiS-Politiker, „die während ihrer gesamten politischen Laufbahn gegen die Korruption gekämpft haben, ins Gefängnis geschickt". Früher oder später, so Błaszczak weiter, würden Mitglieder der Regierung für das, was er als illegale Handlungen bezeichnete, vor Gericht gestellt werden.

Ein anderer PiS-Abgeordneter, Jacek Sasin, behauptete, die Inhaftierung von Kamiński und Wąsik sei ein Staatsstreich, der „dem Tusk-Regime jahrelang Schande bereiten wird".

Laut der ehemaligen Premierministerin und PiS-Abgeordneten, Beata Szydło, seien Kamiński und Wąsik „jahrelang ein Symbol für den Kampf gegen Korruption und andere Pathologien der Dritten Republik Polen" gewesen. „Deshalb sind sie zur Zielgruppe des Hasses der Pseudo-Eliten geworden, die Polen und das polnische Volk ausgebeutet haben und dies auch weiterhin tun wollen", so Szydło weiter. „Sie sind die ersten politischen Gefangenen des Tusk-Regimes", fuhr sie fort.

Regierung zufrieden mit Inhaftierung

Außenminister Radosław Sikorski schrieb, die verhafteten Politiker „wurden von Recht und Gerechtigkeit erfasst. Möge dies eine Warnung an die Politiker für eine Generation sein, damit es niemand mehr wagt, Provokation und Überwachung im Parteien-Wettstreit einzusetzen. Im europäischen Polen ist kein Platz für Methoden aus postsowjetischen Satrapien".

Innenminister Marcin Kierwiński schrieb seinerseits in einem Kommentar zur Situation: „Alle Menschen sind gleich vor dem Gesetz ".

„Für diejenigen, die 8 Jahre lang darauf bestanden haben: ,Was ist die Rechtsstaatlichkeit?' Rechtsstaatlichkeit bedeutet Gleichheit vor dem Gesetz. Rechtsstaatlichkeit ist die Verpflichtung, das Gesetz zu befolgen", schrieb auch Vize-Justizminister Arkadiusz Myrcha.

Der Minister für Staatsvermögen, Borys Budka, schätzte ein, dass „die Ära von Kaczynskis Tierfarm zu Ende geht". „Ab heute sind wieder alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Keine Ausnahmen", betonte er.

Polens Ministerpräsident Donald Tusk erklärte zuvor am Dienstag, der Präsident habe sich im Fall der beiden verurteilten Abgeordneten „den vom PiS-Führer organisierten Aktionen angeschlossen, die auf die Grundlagen des polnischen Staates abzielen". „Er muss dieses Spektakel beenden, das zu einer sehr gefährlichen Situation führt", so Tusk.

„Dies ist eine unglaubliche Situation, die nicht in den Lehrbüchern steht (...). Diejenigen, die rechtskräftig verurteilt sind, sollen in Einzelhaft genommen werden, aber sie wählen einen anderen Ort der Isolation, der wahrscheinlich bequemer ist, nämlich den Präsidentenpalast", fügte er hinzu.

Der ehemalige Innen- und Verwaltungsminister Mariusz Kamiński sowie sein Stellvertreter Maciej Wąsik wurden aufgrund der Überschreitung ihrer Befugnisse als Leiter des Zentralen Antikorruptionsbüros (CBA) zu einer Haftstrafe von zwei Jahren verurteilt. Zudem dürfen die beiden PiS-Politiker für fünf Jahre kein öffentliches Amt bekleiden und verlieren ihr Abgeordnetenmandat.

Kamiński war bereits im März 2015 unter anderem wegen Amtsmissbrauchs in erster Instanz zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Grund der Verurteilung war eine im Jahr 2007 aufgedeckte Affäre, bei der Kamińskis Behörde gezielt einen Korruptionsfall inszeniert haben soll, um den damaligen Landwirtschaftsminister Andrzej Lepper zu diskreditieren. Kamiński ging in Berufung.

Im Herbst 2015, direkt nach der Übernahme der Regierung durch die nationalkonservative PiS-Partei, hatte der aus den Reihen der PiS stammende Präsident Duda in einer umstrittenen Entscheidung Kamiński begnadigt, obwohl dessen Berufung noch lief. Das Verfahren wurde eingestellt, Kamiński wurde zum Innenminister ernannt. Er hatte dieses Amt inne, bis die PiS-Regierung bei der Parlamentswahl im Oktober ihre Mehrheit verlor.

Am 20. Dezember wurden die beiden Männer rechtskräftig zu zwei Jahren Haft verurteilt.


Quellen: PAP/rmf24/tvn24/afx/ps