Deutsche Redaktion

Außenminister Sikorski: Beisetzung der Wolhynien Opfer ist „christliche Pflicht“

16.09.2024 11:45
„Wir wollen daraus keine Politik machen; die Forderung nach einem christlichen Begräbnis der Opfer des Wolhynien-Massakers ist keine überzogene Bitte“, erklärte der polnische Außenminister Radosław Sikorski in einem Interview mit dem ukrainischen Portal "Europejska Prawda" ("Europäische Wahrheit").
Polish FM Radosław Sikorski
Polish FM Radosław Sikorski (ad) PAP/Leszek Szymański

„Der polnische Außenminister Radosław Sikorski ist der Ansicht, dass Warschau an Kiew keine überzogenen Forderungen in historischen Auseinandersetzungen stellt und dass es noch zu früh ist, die Geschichte den Historikern zu überlassen“, schrieb das Portal am Montag.

Sikorski wurde nach der neuen Verschärfung der polnisch-ukrainischen Beziehungen in historischen Fragen gefragt. Er meinte, man solle die politischen Spekulationen um diese Themen stoppen, jedoch sei „die Beisetzung der während der ethnischen Säuberung in Wolhynien Getöteten eine christliche Pflicht.“

„Wir wollen daraus keine Politik machen. Aber für Polen ist dies eine heikle politische Angelegenheit, da diese (die in Wolhynien Ermordeten – Anm. d. Red.) Polen Nachkommen haben. Die gesamte Bevölkerung dieser Gebiete wurde auf das heutige polnische Territorium deportiert. Diese Menschen haben Verwandte (…) Deshalb ist es eine politische Frage. Die Opfer dieses Massakers müssen christlich bestattet werden. Das ist alles, worum wir bitten“, erklärte er.

Laut Sikorski, dürfe die Frage der Gedenkstätte für die Opfer des Wolhynien-Massakers nicht den Historikern überlassen werden, solange keine Exhumierungen und ordnungsgemäßen Beisetzungen stattgefunden haben.

Das Portal betonte, dass Sikorski nicht direkt auf die Frage geantwortet hat, ob die grundsätzlich unterschiedlichen Haltungen Polens und der Ukraine ein Hindernis für den EU-Beitritt der Ukraine sein könnten.

„Sie stellen diese Frage, nicht ich. Und ich sage, dass Sie Freunde brauchen werden. Sie brauchen sie jetzt. Und Sie werden sie im Prozess des EU-Beitritts brauchen. Und wir bitten um Respekt für unsere Toten. Ich denke nicht, dass wir zu viel verlangen“, sagte der polnische Außenminister.


Sikorski war in den letzten Tagen in Kiew, wo er seinen ukrainischen Amtskollegen Andrij Sybiha traf. Nach den Gesprächen informierte Sikorski darüber, dass er mit der ukrainischen Seite die wichtigsten Fragen besprochen habe, ohne schwierige Themen wie die Notwendigkeit der Wiederaufnahme der Exhumierungen und der christlichen Beisetzung der Opfer des Wolhynien-Massakers zu vermeiden. Er fügte hinzu, dass er Zusicherungen erhalten habe, dass es in dieser Angelegenheit Fortschritte geben werde.

„Wir sind als Länder Freunde und auch als Minister Freunde. Wir sprechen über alles, auch über schwierige Dinge. Wir müssen die Wahrheit über das Wolhynien-Massaker sagen, ebenso wie über andere gegenseitige Handlungen. Und gleichzeitig eine gemeinsame sichere Zukunft wählen. Wir sind bereit, darüber zu diskutieren“, erklärte Sikorski auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Sybiha.

„Die Frage der Exhumierung der Opfer des Wolhynien-Massakers sollte nicht als politische Angelegenheit oder als Verhandlungsgegenstand betrachtet werden. 100.000 Menschen starben. Die Überreste dieser Menschen verlangen nach einer christlichen Beisetzung. Das ist eine Pflicht, keine politische Frage. Dies ist Teil des europäischen Wertekodex, zu dem die Ukraine gehört“, betonte Minister Sikorski auf der Pressekonferenz im ukrainischen Außenministerium.


PAP/jc

 

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