Laut Kłysiński werde es auch weiterhin Übergriffe gegen die polnische Minderheit in Belarus geben. Zu erwarten seien auch weitere Bezichtigungen, Provokationen und Vandalismus gegen polnische Gedenkstätten. Die Behörden in Minsk schränken auch weiterhin das polnische Bildungswesen im Land ein. Von Polen finanzierte Sekundarschulen in Wolkowysk und Grodno wurden vom Regime übernommen und unterrichten auf Russisch und Belarussisch. Andere mit Polen verbundene öffentliche Einrichtungen, wie das Gymnasium in Grodno, wurden ebenfalls geschlossen. „Die Präsidentin des Bunds der Polen in Belarus, Angelika Borys, versucht, Bildungsprojekte durchzuführen, aber diese sind sehr begrenzt und werden von den Behörden kontrolliert", so Kłysiński.
Andrzej Poczobut und die Repressionspolitik
Die Situation des polnischen Journalisten und Aktivisten der polnischen Minderheit, Andrzej Poczobut, der eine achtjährige Haftstrafe in einer Strafkolonie verbüßt, ist nach wie vor eines der dringendsten Probleme. Obwohl Lukaschenko bereit sei, ihn freizulassen, behaupte er durch Desinformationen, Poczobut wolle Belarus nicht verlassen. Wie Kłysiński erinnerte, habe Poczobut bereits im vergangenen Jahr seine Bereitschaft zur Ausreise erklärt.
Dies habe Angelika Borys nach einem Treffen mit ihm im Gefängnis bestätigt. Wie der Experte betonte, könnte Lukaschenko, selbst wenn er Poczobut freilassen wollte, auf den Widerstand Moskaus stoßen. Der Kreml könnte dies als ein Signal der Illoyalität ansehen.
Belarus in der Isolation und unter russischer Kontrolle
Nach den Wahlen werde Lukaschenko, der das Amt des Präsidenten zum siebten Mal antritt, mit denselben Problemen konfrontiert sein: russische Vorherrschaft in Sicherheits- und Handelsfragen, Isolation auf der internationalen Bühne und eine Wirtschaftskrise. Belarus ist mit 70 Prozent seiner Exporte vom russischen Markt abhängig. Weitere 20 Prozent werden im Transit über Russland abgewickelt. „Belarus hat keinen Handlungsspielraum. Ein Dialog mit dem Westen findet nicht statt, und außereuropäische Ziele lösen die Probleme nicht. Russland bleibt der wichtigste Partner“, betonte Kłysiński.
Dem Experten zufolge, könnte Lukaschenko versuchen, eine Liberalisierung vorzutäuschen. Er könnte zum Beispiel einige politische Gefangene freilassen, um vom Westen als möglicher Teilnehmer an den Friedensgesprächen über die Ukraine anerkannt zu werden. Solche Aktionen wären jedoch nur ein Spiel und keine wirkliche Kursänderung durch das Minsker Regime, erklärte der Analyst.
Das Problem der Nachfolge und die Angst vor der „Nummer 2"
Eine der größten Herausforderungen für Lukaschenko sei ein Plan für seine Nachfolge. Wie Kłysiński betont, fürchte der belarussische Diktator starke Persönlichkeiten in seinem Umfeld. Dies habe in der Vergangenheit zu einer Reihe von Entführungen und dem mysteriösen Verschwinden von Personen geführt, die ihm gefährlich werden könnten.
„Lukaschenko hat wie jeder Diktator Angst vor der ,Nummer 2'. Außerdem hat er es versäumt, seine Söhne auf die Machtübernahme vorzubereiten, was die Gefahr eines Chaos und eines Machtkampfes nach seinem Abgang erhöht", so die Einschätzung des Experten. Der sich verschlechternde Gesundheitszustand Lukaschenkos könnte das Nachfolgeproblem in Zukunft noch verschärfen. Russland werde in diesem Spiel eine Schlüsselrolle spielen, erklärte Kłysiński.
General warnt vor zunehmenden Spannungen an Grenze zu Belarus Warschau
Die polnischen Streitkräfte rechnen mit einer Zunahme der Spannungen an der Grenze zu Belarus. Wie General Maciej Klisz, der operative Befehlshaber der polnischen Streitkräfte, in einem Interview mit der Zeitung Dziennik/Gazeta Prawna erklärte, sei nach den Wahlen in Belarus eine Phase der relativen Ruhe zu Ende gegangen. Die Armee bereite sich auf eine steigende Zahl von Zwischenfällen vor. Bereits im Jahr 2024 wurden 17 Prozent mehr Vorfälle registriert als im Vorjahr.
Zur Sicherung der Region wurden nach Angaben von Klisz neue Luftverteidigungssysteme in Betrieb genommen. In Polen stationierte deutsche Patriot-Batterien seien einsatzbereit und arbeiten mit norwegischen NASAMS-Systemen im Rahmen des NATO-Luftverteidigungssystems zusammen. Laut der Zeitung gilt dies als besonders wichtig für den Schutz der Stadt Rzeszów, einem zentralen Logistikknotenpunkt für die Ukraine.
PAP/businessinsider/ps