Sikorski erklärte, dass die wichtigsten Ziele der polnischen Außenpolitik die Stärkung der europäischen Verteidigungsfähigkeiten und die Aufrechterhaltung einer engen transatlantischen Zusammenarbeit, insbesondere mit den USA, seien. „Polen strebt eine starke Partnerschaft mit den USA an, da deren Präsenz in Europa von entscheidender Bedeutung für unsere Sicherheit ist“, sagte er.
Zudem betonte der Außenminister, dass die größte Gefahr für Polen der Zerfall der westlichen Gemeinschaft wäre, was das Land international isolieren könnte. „Wir können uns keine Illusionen leisten und müssen aktiv an der Glaubwürdigkeit unserer Allianzen arbeiten“, so Sikorski weiter.
Der Minister wies darauf hin, dass die Grundlage für eine starke Verteidigungspolitik in einer stabilen Wirtschaft liege. Polen strebe an, das Wirtschaftswachstum in den kommenden Jahren über dem globalen Durchschnitt zu halten, um seine Sicherheitsposition zu stärken.
„Machen wir dieselbe Simulation unter der Annahme, dass jedes NATO-Mitgliedsland genauso viel für Verteidigung ausgibt wie derzeit Polen – nämlich 4,7 % des BIP. Dann kämen wir auf eine Summe von 2,5 Billionen US-Dollar – das ist das 17-Fache der russischen Militärausgaben. Diese Zahlen zeigen das Ausmaß unseres Potenzials – und dass Russland uns nicht besiegen kann, solange die NATO ein effektives und geeintes Bündnis bleibt.“
„Die polnische Marke steht heute für Sicherheit, Souveränität und Führung“, versicherte Sikorski.
„Ihr werdet hier nie wieder regieren“
Mit Blick auf die russische Politik sagte Sikorski:
„Ihr werdet hier nie wieder regieren – weder in Kiew, noch in Vilnius, noch in Riga, noch in Tallinn, noch in Chișinău. Ist euch euer eigenes Land etwa zu klein? Elf Zeitzonen und immer noch nicht genug? Kümmert euch besser darum, wie ihr euer eigenes Territorium im Einklang mit dem Völkerrecht regiert. Statt in imperialen Fantasien von einem neuen Feldzug auf Warschau zu schwelgen, solltet ihr euch lieber fragen, ob ihr Chabarowsk noch halten könnt“, erklärte der polnische Außenminister.
Sikorski bezog sich in seiner Rede auf den Chefideologen des Kreml, Alexander Dugin, der schon vor Jahren behauptet hatte, dass es auf dem eurasischen Kontinent keinen Platz für Polen gebe.
„Russland ist im Rahmen seiner geopolitischen sowie sakral-geografischen Entwicklung nicht an der Existenz eines unabhängigen polnischen Staates in irgendeiner Form interessiert. Ebenso wenig ist es an der Existenz der Ukraine interessiert“, zitierte Sikorski.
Polen verliert Hoffnung für Belarus nicht
„Wir verlieren die Hoffnung in Bezug auf die Zukunft Weißrusslands nicht“, sagte Sikorski am Mittwoch im polnischen Parlament. Zwar bewerte man die autoritäre Herrschaft von Präsident Aljaksandr Lukaschenka realistisch – dieser habe sein Land stark vom Kreml abhängig gemacht –, dennoch verdiene das belarussische Volk, darunter auch viele polnischstämmige Bürger, eine bessere Zukunft.
Polen fordere die Freilassung aller politischen Gefangenen, darunter auch des Journalisten Andrzej Poczobut, so Sikorski. Die Unterstützung der belarussischen Zivilgesellschaft müsse weiterhin ein zentrales Thema auf der EU-Agenda bleiben. „Der Platz der Belarussen ist im vereinten Europa“, betonte der Minister.
Kritik an Ungarns Regierung
Mit Blick auf die Erweiterung der Europäischen Union sprach sich Sikorski für Fortschritte in den Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine, Moldau, Albanien und Montenegro aus. Zugleich hoffe Polen auf Bewegung in den stockenden Gesprächen mit Nordmazedonien. In diesem Zusammenhang äußerte Sikorski deutliche Kritik an der ungarischen Regierung, die den Erweiterungsprozess aus polnischer Sicht verzögere. „Wir danken der ungarischen Regierung nicht für das Hinauszögern dieser Prozesse“, sagte er.
Besorgt zeigte sich der polnische Außenminister auch über die politische Entwicklung in Georgien. „Mit Trauer beobachten wir, wie Georgien vom europäischen Weg abkommt“, sagte Sikorski. Man mache jedoch nicht die georgische Gesellschaft für das Handeln ihrer Regierung verantwortlich. Sanktionen gegen Verantwortliche für Repressionen seien verhängt worden. „Die Mitgliedschaft in der EU ist ein Privileg, kein Zwang – sie ist eine bewusste Entscheidung des Staates und seiner freien Bürger“, erklärte Sikorski.
PAP/jc