DO RZECZY: Opposition wie ein angeschlagener Boxer
Die Parlamentswahlen würden erst in drei Monaten anstehen, schon jetzt scheine aber das Ergebnis klar zu sein, schreibt in seinem Einleitungsartikel der Chefredakteur der Wochenzeitschrift Do Rzeczy. Sogar die größten PiS-Gegner würden die Meinung vertreten, dass ihre Chancen auf einen Sieg gering seien. Die Regierungspartei habe alle Karten in der Hand. Und die Opposition? – fragt der Publizist und antwortet: die Opposition verhalte sich wie ein Boxer, der soeben schwer getroffen wurde und nun versuche, weitere Schläge zu meiden. Man erkenne dies an den Aussagen des Chefs der größten Oppositionspartei: keine Frische, keine neue Idee, keine Initiative. Grzegorz Schetyna habe wohl gehofft, dass früher oder später die Polen die Regierungspartei von alleine abwählen würden. Dieser Plan habe sich nicht bewährt. Und einen neuen gebe es bislang nicht. Immer wieder den angeblichen Untergang der Demokratie zu verkünden, sei doch ein bisschen zu wenig, um die Wahlen zu gewinnen, so Paweł Lisicki in der Wochenzeitschrift Do Rzeczy.
RZECZPOSPOLITA: Politik ist keine Museums-Sache
Wenn sie wolle, sei die Regierungspartei im Stande, Entscheidungen sehr schnell zu treffen. Gehe es aber um die Nominierung des alten-neuen Direktors des hauptstädtischen Museums POLIN, lasse sich das Kulturministerium Zeit. Sehr viel Zeit, schreibt in seinem Kommentar in der Tageszeitung Rzeczpospolita Jerzy Haszczyński. Der Grund für das Zögern des Ministers sei unklar. Vielleich werbe er um die Gunst der erzkonservativen Wählerschaft vor den Parlamentswahlen im Herbst. Wie dem auch sei, so der Publizist weiter, sei das keine gute Strategie. Das Museum der Geschichte der polnischen Juden POLIN sei doch eine Erfolgsgeschichte. Es sei ein Beispiel von Erfolg in einer Kategorie, in der sich polnische Politiker meistens schwer tun: und zwar in der Geschichtspolitik. Die Politiker der regierenden Partei hätten wohl schon vergessen, wie viel sie der Streit mit Israel um das Holocaust-Gesetz politisch gekostet hatte. Die jetzige Krise verlaufe langsamer und ruhiger, das bedeute aber nicht, dass es sie nicht gebe.
Es gebe auch Konsequenzen nicht politischer Art, führt Jerzy Haszczyński fort. Die unklare Situation, wenn es um den Posten des Direktors geht, schrecke potenzielle Schenker ab. Ferner könnte die Situation auch die Besucherzahl negativ beeinflussen. Dabei sei das Museum POLIN nicht nur eine Einrichtung von historischer und politischer Bedeutung. Die Institution gehört inzwischen auch zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der polnischen Hauptstadt, die das Verhältnis von Polen und Juden in seiner Mannigfaltigkeit darstelle. Die Nominierung der Direktors politisch zu instrumentalisieren, um eventuell ein paar Stimmen von rechts zu bekommen, sei kurzsichtig, so Haszczyński in der Rzeczpospolita abschließend, denn zugleich könne man Stimmen der milderen konservativen Wähler verlieren.
DO RZECZY: Wer diskriminiert wen?
Eine Kündigung, die das Möbelhaus Ikea ausgesprochen hat, sorgt in Polen seit mehreren Wochen für Aufregung. Ikea hatte sich im Juni 2019 dem in den USA gefeierten „Pride Month“ angeschlossen. Als Teil dessen wurde ein Artikel mit der Überschrift „Die Einbeziehung von LGBT+ ist für jeden von uns Pflicht“ an alle Mitarbeiter in Polen versendet. Ikea soll auch die Mitarbeiter aufgefordert haben, an einer Pro-LGBT-Veranstaltung im Unternehmen teilzunehmen. Dagegen soll sich ein Mitarbeiter Tomasz K. via Intranet gewehrt haben. Mittels zweier Bibelverse stellte er klar, dass er gegen die Förderung von Homosexualität sei. Die Firma reagierte mit einer Kündigung. In einem Gespräch mit der Wochenzeitschrift Do Rzeczy nimmt der Jurist, Jerzy Kwaśniewski, Stellung zu dem Ereignis. Es handle sich hier um keinen Präzedenzfall, meint Kwaśniewski. Er beobachte seit Langem, dass internationale Firmen sich für die LGBT-Szene einsetzen und das Engagement fast wie einen Teil der Arbeitspflichten darstellen. Immer wieder spreche er mit beunruhigten Arbeitnehmern, die sich aus diesem Grund unter Druck gesetzt fühlen. Der Unterschied zwischen dem letzten Vorfall und den früheren bestehe darin, dass sich bislang die Arbeitgeber mit ihren Angestellten einigen konnten. Im Falle von Ikea werde es zum ersten Mal zu einem Gerichtsprozess kommen, weil, so Kwaśniewski, die Firma nicht rechtzeitig zur Vernunft gekommen sei. Die polnische Verfassung sowie der Arbeitskodex seien in solchen Fällen eindeutig: die Diskriminierung wegen Religion oder Sexualität sei streng verboten. Unter anderem aus diesem Grund sei er sich sicher, dass das Gericht dem entlassenen Arbeitnehmer Recht geben werde, so Jurist Jerzy Kwaśniewski im Gespräch mit dem Magazin Do Rzeczy.
Über die folgenschwere Kündigung werden wir auch morgen in den Themen der Woche sprechen.
Jakub Kukla