Deutsche Redaktion

Deutsche Demut, Russlands Heuchelei

05.09.2019 12:13
Die vergangene Gedenkfeier zum 80. Jahrestag des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs bleibt nach wie vor ein wichtiges Thema für die polnische Presse.
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Presseschau pixabay.com/CC0

Klub Jagielloński: Erster großer Erfolg der Geschichtspolitik der Regierung

Die vergangene Gedenkfeier zum 80. Jahrestag des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs bleibt nach wie vor ein wichtiges Thema für die polnische Presse. Die Denkfabrik Klub Jagielloński schreibt in ihrer Analyse, dass die Gedenkfeier, die an verschiedenen Orten in Polen organisiert wurde, ein großer Erfolg der Regierung sei. Die Tatsache, dass sich die Anführer vieler Länder unter anderem in Warschau trafen, habe der Welt eine lange für die Polen offensichtliche, aber im Ausland nicht unbedingt wahrnehmbare Sichtweise vermittelt. Wie die Denkfabrik bemerkt, wurden die Feierlichkeiten auch in den israelischen Medien wahrgenommen, wo Argumente für den großen Erfolg Polens laut wurden, das es geschafft hat, die westliche Welt davon zu überzeugen, dass Polen auch ein Kriegsopfer ist. Aus der Perspektive Israels, sei dies beunruhigend, da es zweifellos eine Nation sei, die ein Monopol auf die Erfahrung des Kriegsopfers haben möchte. Aus der Perspektive Polens aber, das über 40 Jahre nach dem Krieg keine Gelegenheit hatte, seine Sichtweise zu erzählen, sei die Gedenkfeier zum 80. Jahrestag des Kriegsausbruchs und die Ansprachen der Weltanführer ein beachtlicher Erfolg der polnischen Geschichtspolitik.

Die Denkfabrik erwägt auch abschließend die aktuellen Verhältnisse zwischen einst verfeindeten Nationen. Insofern sei der Vergleich der Beziehungen zu Polens heutigen Nachbarn mit den Beziehungen vor 80 Jahren, was oft vorkomme, nicht ganz zutreffend. Heute habe Polen nämlich nach wie vor mit einer aggressiven und revisionistischen russischen Politik zu tun, obwohl Russland heute vor allem regional aggressiv sei und nicht wie zur Zeit der Sowjetunion Pläne schmiede ganz Europa zu erobern. Mit Deutschland aber habe Polen recht gute Beziehungen.

 
Rzeczposplita: Deutsche Demut, Russlands Heuchelei

Die konservative Rzeczpospolita schreibt indes, über die ungleiche Haltung Berlins und Moskaus bezüglich der polnischen Gedenkfeier zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Heute bitte Berlin um Vergebung und Moskau werfe Polen vor zu lügen, obwohl vor 80 Jahren nicht nur das Dritte Reich, sondern auch die UdSSR Polen angegriffen hatte. Die freie Welt habe jedoch heute keinen Zweifel daran, dass nicht nur Hitler, sondern auch Stalin für die Tragödie von Polen im Jahr 1939 und allgemein für den Ausbruch des blutigsten Konflikts in der Geschichte verantwortlich sei. Deshalb beschlossen Delegationen aus über 40 Ländern der Welt an den Feierlichkeiten teilzunehmen.

Obwohl sich die Kontakte Warschaus zu Berlin erheblich abgekühlt haben, nachdem die Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) vor fast vier Jahren an die Macht kam, wollte Deutschland in diesem Jahr deutlich machen, dass die Beziehungen zu seinem östlichen Nachbarn wichtiger als politische Streitigkeiten seien. Neben Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kam auch Bundeskanzlerin Angela Merkel nach Polen und war in Abwesenheit von Donald Trump die wichtigste ausländische Regierungschefin in Warschau. Moskau hingegen bleibe unwillig, die Wahrheit über seine Rolle im Zweiten Weltkrieg anzuerkennen. Deshalb wurde Putin nicht zu der Gedenkfeier eingeladen, erklärt das Blatt und fügt hinzu, dass der Kreml für seine Leugnung den Preis der Isolation zahle.

- Die Lehre aus dieser Zeit ist, dass Grenzen nicht geändert werden dürfen, Sanktionen müssen aufrechterhalten werden - sagte Polens Staatspräsident Andrzej Duda mit Anspielung auf den Zweiten Weltkrieg und die Aggression gegen die Ukraine. Wie die Rzeczpospolita als Fazit schreibt, reagierte die deutsche Bundeskanzlerin auf diese Worte mit Beifall.

 
Piotr Siemiński