SUPER EXPRESS: Machtkampf, Teil 1
Mit großem Interesse verfolgt die polnische Presse die Situation in den Reihen der Oppositionspartei Bürgerplattform (PO). Immer wieder kehren nach der Wahlpanne Fragen nach dem Rücktritt des aktuellen Parteichefs sowie nach dem Kandidaten für den Präsidentschaftswahlkampf auf. Die Tageszeitung Super Express berichtet heute von einem angeblichen parteiübergreifenden Präsidentschaftskandidaten der vereinigten Opposition, der mit der Unterstützung des ehemaligen Premierministers Donald Tusk rechnen könnte. Es handle sich um den Chef der kleinen Bauernpartei PSL, Władysław Kosiniak-Kamysz. Dieses Szenario, eine breite Zustimmung für den PSL-Politiker wäre laut dem Blatt vorstellbar, vorher müsste aber Donald Tusk den Kampf um den Parteivorsitz mit dem jetzigen Chef der Partei, Grzegorz Schetyna gewinnen.
Tusk soll erfahren haben, so Super Express, dass die Favoritin des jetzigen Chefs Grzegorz Schetyna, Małgorzata Kidawa-Błońska informel eine Allianz mit Schetyna geschmiedet habe. Ihre Kandidatur würde damit faktisch eine Stärkung des Einflusses von Schetyna in der Partei bedeuten. Dies passe dem ehemaligen Partei- und Regierungschef Tusk nicht. Eben aus diesem Grund habe er öffentlich eine spürbare Distanz gegenüber der Kandidatin Kidawa-Błońska gezeigt, meint Super Express.
DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Machtkampf, Teil 2
Die Partei brauche neue Lösungen, sagt indes in einem Zeitungsinterview der Abgeordnete der oppositionellen Partei Bürgerplattform Borys Budka. Anfang des kommenden Jahres, erinnert der Politiker, laufe die Amtszeit des aktuellen Parteichefs aus. Kurz davor stehe die Wahl eines neuen auf der Agenda und er sei bereit sich an dem Wettkampf zu beteiligen, zitiert die Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna den jungen Politiker. Man habe vieles im Wahlkampf unternommen, allem Anschein nach habe man jedoch zu wenig getan, weil die Partei letzten Endes die Wahl verloren habe, argumentiert Budka.
Geht es um das Wahlergebnis sei Budka mit der oppositionellen Mehrheit im Senat zufrieden. Die Idee einer breiten parteiübergreifenden Zusammenarbeit unter den Gruppierungen der Opposition habe sich seiner Ansicht nach bewährt. Zu wünschen lasse dafür aber die Zahl der Sitze im Parlament übrig. Da sehe er Nachholbedarf, so Borys Budka im Blatt Dziennik/Gazeta Prawna.
RZECZPOSPOLITA: „Ich mache dich fertig”
Anders als die meisten polnischen Zeitungen stuft die Situation in der Bürgerplattform indes das Blatt Rzeczpospolita ein. Parteichef Schetyna sei unersetzbar, lesen wir in dem Kommentar. Sein Beiname „Ich mache dich fertig” spreche für sich. Jeder, der Grzegorz Schetyna kenne, wisse, dass er ein harter und geduldiger Spieler sei. Er sei darüber hinaus ein Meister politischer Intrigen. Selbst nach den erneut verlorenen Wahlen werde er die Parteiführung nicht aufgeben, er werde auch nicht zulassen, dass jemand anders seinen Posten übernimmt, urteilt das Blatt.
Schetyna, lesen wir weiter, habe dabei mehrere Trümpfe in der Hand. Während der Wahlkampagne habe der Politiker nicht nur um die Unterstützung der Wähler, sondern gleichzeitig auch um die Gunst der Lokalpolitiker geworben. Kein anderer Politiker habe eine solch starke Struktur im Rahmen der Partei aufgebaut, es werde daher keinen geben, der einen realen offenen Kampf mit Schetyna aufnehmen werde. Die kritischen medialen Auftritte einiger Politiker der Opposition werden keine konkrete Handlungen nach sich ziehen. Denn die Mehrheit der Parlamentssitze hätten Befürworter von Grzegorz Schetyna bekommen. Um den Parteichef zu stürzen müsste darüber hinaus die Bürgerplattform die Wahlen deutlich verlieren. Die Niederlage von vor einer Wochen sei jedoch keine Katastrophe gewesen.
Geht es nach Rzeczpospolita, stärke die politische Position von Schetyna zudem auch die Mehrheit der Opposition im Senat. Ein weiterer Erfolg des Parteichefs soll der Sieg seiner Kandidatin bei der Präsidentschaftswahl werden. Schon jetzt schneide Małgorzata Kidawa-Błońska in allen Meinungsumfragen sehr gut ab.
Ohne die Bürgerplattform sei die Opposition nicht im Stande die Regierungspartei zu besiegen. Und ohne Parteichef Schetyna werde es keine vereinte Opposition geben. Diese Tatsache müssen alle, auch Schetynas Kritiker, einfach akzeptieren, lautet das Fazit in Rzeczpospolita.
Jakub Kukla