Deutsche Redaktion

Unbekömmlicher Sieg der PiS

04.11.2019 12:27
Die Wahlen am 13. Oktober haben viele politische Mythen widerlegt, darunter die Überzeugung, dass der Sieger nach den Wahlen  in den Umfragen weiter an Popularität gewinnt, lesen wir in der Rzeczpospolita. Außerdem geht es auch die Personalkrise auf Entbindungsstationen.
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Rzeczpospolita: Unbekömmlicher Sieg der PiS

Die Wahlen am 13. Oktober haben viele politische Mythen widerlegt, darunter die Überzeugung, dass der Sieger nach den Wahlen in den Umfragen weiter an Popularität gewinnt, schreibt in der aktuellen Ausgabe der Rzeczpospolita der Publizist Michał Szułdrzyński. Die Vereinigte Rechte, so der Autor, erlebe gerade am eigenen Leib, wie viele Ereignisse die Freude über den Sieg trüben können. So suche man, drei Wochen nach den Wahlen, vergeblich nach Anzeichen der Zufriedenheit auf den Gesichtern der Politiker des Regierungslagers. Der Grund: Obwohl die PiS eine kopernikanische Wende in der Politik vollzogen und in den letzten vier Jahren alles getan habe, um politische und öffentliche Institutionen sowie das Gerichtswesen an sich zu reißen, habe die Partei heute genauso viele Abgeordnete im Parlament, wie nach den Wahlen 2015. Und zudem keine Mehrheit im Senat mehr, was den Gesetzgebungsprozess erheblich erschweren werde. Zudem habe sich eben auch die Überzeugung nicht bewahrheitet, laut der der Wahlsieger in den Umfragen mit einer Prämie belohnt werde. Die Umfragewerte der PiS seien ungerührt geblieben.

Dafür, so Szułdrzyński, sei der Polit-Thriller um den Chef der Obersten Kontrollkammer Marian Banaś in vollem Gange. Statt also ihren Wahlerfolg zu genießen, müssten die Politiker des Regierungslagers jeden Tag bangend die Zeitungen öffnen und zittern, welche neuen Fakten über Banaś, beziehungsweise über die Machenschaften seiner Beamten im Finanzressort noch ans Tageslicht gelangen. All das werde von Koalitionsspannungen in der Vereinigten Rechten abgerundet. Nicht so habe sich die PiS die Feier zum historischen Sieg und der Erneuerung ihres Mandats zum Regieren vorgestellt, so Michał Szułdrzyński in der Rzeczpospolita. 

 

Gazeta Wyborcza: Wahlwurst wird immer dünner

Auch die linksliberale Gazeta Wyborcza macht auf die Probleme des Regierungslagers aufmerksam. Die Wahlwurst, so das Blatt in seinem Aufmacher, werde immer dünner, denn die Regierung ziehe sich zunehmend aus ihren vor den Wahlen gegebenen Versprechen zurück. So werde die 13. Rente offenbar niedriger ausfallen, als die PiS in der Kampagne angekündigt habe. Wenn sie denn überhaupt ausgezahlt werde, denn im Budget sei sie noch nicht eingetragen. Auch die Anhebung der Mindestrente werde laut der Wyborcza kleiner ausfallen, als versprochen.

"Wenn die niedrigste Rente um über 60 zł weniger angehoben wird, als die PiS in der Kampagne versprochen hat, dann wird die Regierung dadurch im kommenden Jahr etwa 200 Millionen Złoty sparen. Weitere 600 Millionen Złoty an Ersparnissen würde die Senkung der 13. Rente bringen", erklärt im Interview mit dem Blatt der Chef des Renten-Instituts Antoni Kolek. "Wenn die 13. Rente eben überhaupt ausgezahlt wird. Im Haushalt ist sie noch nicht berücksichtigt und die Gesamtkosten dieser Finanzspritze belaufen sich auf etwa 10 Milliarden Złoty", so Kolek im Gespräch mit Gazeta Wyborcza. 

 

Dziennik/Gazeta Prawna: Entschuldigung, Geburten nehmen wir nicht an

Allein in den letzten zwei Jahren haben die polnischen Krankenhäuser 24 Entbindungsstationen geschlossen, berichtet indes in der heutigen Ausgabe das Wirtschaftsblatt Dziennik/Gazeta Prawna. Das Gesundheitsministerium, lesen wir, spreche von 400 liquidierten Betten. Und die Ursache dafür sei nicht etwa ein demographisches Tief, sondern Personalmangel. Auch die Zukunftsperspektiven würden laut Experten nicht gut aussehen. Einerseits würde das Durchschnittsalter von Geburtshelfern bei etwa 60 Jahren liegen, und unter der jungen Generation sei der Job nicht begehrt. Zweitens würden Anästhesiologen und Frauenärzte zu der Ärztegruppe gehören, die Polen am häufigsten verlasse. Laut der Obersten Ärztekammer hätten in den letzten 15 Jahren fast eintausend Vertreter der ersten Spezialisation und etwa 500 der zweiten das Land verlassen. Auch Kinderärzte, die für den Betrieb von Entbindungsstationen unabdingbar seien, seien immer schwieriger zu finden. Eine Idee, das Problem zu lösen, sei die Verbindung von Stationen dort, wo mehrere auf kleinem Raum funktionieren. Dies müssten jedoch die Kommunen durchsetzen. Das Gesundheitsministerium schlägt indes vor, die Personalmängel mit Ärzten aus dem Ausland zu füllen. Vor allem aus dem Osten, so Dziennik/Gazeta Prawna. 

 

Autor: Adam de Nisau