Deutsche Redaktion

"Ja" für die Justizreformen der PiS

30.12.2019 13:08
Eine knappe Mehrheit der Polen befürwortet das kontroverse Disziplinierungsgesetz der Regierung. Und: wie stehen die Chancen Polens im Propagandakrieg mit Russland um den Zweiten Weltkrieg? Mehr zu diesen Themen in der Presseschau.
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Dziennik/Gazeta Prawna: “Ja” für die Justizreformen der PiS

Was halten die Bürger von den gesetzlichen Maßnahmen, mit denen die Regierung die Richter disziplinieren will? Wie Dziennik/Gazeta Prawna, unter Berufung auf eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts IBRiS berichtet, ist eine knappe Mehrheit der Polen für die Verabschiedung des kontroversen Disziplinierungsgesetzes durch das Parlament. Demnach sind 42 Prozent der Befragten der Meinung, dass das Parlament die Gesetzesnovelle, die laut vielen Kritikern die Unabhängigkeit der Richter beschneiden wird, verabschieden sollte, 38 Prozent sind dagegen, 20 Prozent haben dazu keine klare Meinung. Gleichzeitig sind 42 Prozent der Befragten auch überzeugt, dass das Gesetz die Unabhängigkeit der Richter begrenzen wird, laut 26 Prozent besteht dieses Risiko indes nicht. Und 32 Prozent wissen nicht, welche Folgen die Novelle für die Unabhängigkeit von Richtern haben wird.

Die Befürworter der Reform, beobachtet das Blatt, sind zum Großteil auch PiS-Wähler, die Gegner indes Wähler der Opposition. Gegen die Reform sind zudem vor allem Personen mit höherer Ausbildung und hohem Interesse an Politik. Viele Richter sind von den Ergebnissen der Umfrage enttäuscht. “Das zeigt, dass die Menschen nicht wissen, wozu die Unabhängigkeit der Richter dient. Sie ist nicht unser Privileg. Die Unabhängigkeit soll vor allem denjenigen dienen, die mit ihren Problemen vor Gericht gehen. Sie ist ein Garant dafür, dass ihre Anliegen von einem unabhängigen und apolitischen Gericht bearbeitet werden”, betont die Chefin der Richterorganisation “Themis” Beata Morawiec. Und fügt hinzu, dass die Richter mit ihrem Protest gegen die Ideen der Regierung mit dieser nicht um die Macht kämpfen, sondern um die Rechtsstaatlichkeit, die ein Garant eines demokratischen Staates sei. Am 8. Januar werden sich die Senatskommissionen für Gesetzgebung sowie für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit mit der kontroversen Gesetzesnovelle befassen, lesen wir in Dziennik/Gazeta Prawna.  

 

Gazeta Polska Codziennie: Wir lassen Geschichtsverfälschung nicht zu

Ein wichtiges Thema in den Pressekommentaren sind auch die neulichen Aussagen von Vladimir Putin, in denen er Polen als Verbündeten Hitlers und Mitschuldigen für den Kriegsausbruch sowie den Holocaust darstellte.

Die regierungsnahe Gazeta Polska Codziennie berichtet von einer harten Reaktion von Premierminister Morawiecki und der Regierung auf diese Provokation. Und erinnert daran, dass Russland stets die Rhetorik gegen Polen verschärfe, wenn es den Druck der internationalen Gemeinschaft im Zusammenhang mit seinem Vorgehen fühlte. Und in den letzten Monaten, lesen wir, habe Russland eine Serie von wichtigen Niederlagen einstecken müssen, darunter den gescheiterten Versuch, sich Belarus vollständig unterzuordnen oder die Verlängerung der Sanktionen durch die EU für die illegale Annexion der Krim. Auch der russische Botschafter in Warschau sei in Bezug auf die Aussagen Putins vom Auswärtigen Amt einbestellt worden. Die Polonia in den USA habe vom russischen Botschafter in den USA eine Entschuldigung für die Verleumdung Polens gefordert und auch westliche Medien hätten Polen in Schutz genommen, so Gazeta Polska Codziennie. 

 

Gazeta Wyborcza: Vereinsamt auf eigenen Wunsch

Wenn Putin mit seiner Provokation die Reaktion der Weltgemeinschaft auf Geschichtsverfälschung in Bezug auf Polens Rolle im Zweiten Weltkrieg testen wollte, dann sei es ihm gelungen, schreibt indes in seinem Kommentar für die linksliberale Gazeta Wyborcza der Publizist Bartosz Wieliński. Denn Polen, so der Autor, scheine in diesem Propagandakrieg auf sich allein gestellt zu sein. Theoretisch hätte auf die Provokation und auf Polens diplomatische Reaktion die ganze vom sowjetischen Imperialismus betroffene Region antworten können. Die Anführer Litauens, Lettlands und Estlands hätten in Reaktion auf die Versuche, Stalin reinzuwaschen, an die Annexion ihrer Staaten, Abschiebungen nach Sybirien und die Eliminierung ihrer Eliten erinnern können. Die Ukraine hätte an Holodomor erinnern können, die von der Sowjetunion hervorgerufene Hungersnot, der in den 30-er Jahren fast vier Millionen Menschen zum Opfer gefallen waren. Die Ungarn an den in Blut ertränkten Aufstand 1956. Und die Tschechien an den Prager Frühling 1968. Im historischen Bereich habe Putin also schwache Karten. Doch auf Polen höre leider niemand. Und Polen appelliere auch an niemanden. 

Noch vor kurzem, so Wieliński, habe Polen als wichtiger Spieler die Ostpolitik der EU entscheidend mitbestimmt. Heute stehe es vor dem Angesicht der russischen Lügenkampagne allein da. Unsere Partner aus dem Weimarer Dreieck, Deutschland und Frankreich, würden schweigen. Und auch die USA, die in der Strategie der PiS der wichtigste Verbündete seien, würden keinen Finger rühren.

Der russische Staatspräsident habe also gezeigt, wie die Position Polens auf internationaler Arena geschrumpft sei. Die diplomatische Antwort aus Warschau sei extrem blass ausgefallen. Putin liege es daran, die EU zu spalten und mit jedem Staat einzeln zu verhandeln. Und Polen spiele ihm mit ihrem Anti-EU-Kurs in die Hände, so Bartosz Wieliński in der Gazeta Wyborcza. 

Autor: Adam de Nisau