Deutsche Redaktion

Telefongespräch beendet die Quarantäne?

02.09.2020 13:30
Das Ende der Quarantäne soll nicht durch das Testergebnis, sondern durch den Arzt während eines Telefongesprächs entschieden werden.
Zdjęcie ilustracyjne
Zdjęcie ilustracyjneshutterstock.com/wavebreakmedia

Gazeta Polska Codziennie: Das Ende des "Botschafterfalls"

Die Gazeta Polska Codziennie schreibt über das Finale der Aufruhr um die Besetzung des Postens für den deutschen Botschafter in Polen. Sowohl polnische als auch deutsche Medien, hätten seit mehreren Monaten über diese heikle Angelegenheit ab und zu spekuliert. Angesichts der Coronavirus-Pandemie und des Wahlkampfs vor den Präsidentschaftswahlen habe dieses Thema jedoch weder in unserem Land noch in Deutschland große Emotionen hervorgerufen. Nachdem neue Veröffentlichungen dazu Ende August in den Medien erschienen waren, sei die Affäre von neu an angefacht worden. All dies, bemerkt das Blatt, habe sich zufälligerweise mit dem Wechsel des polnischen Außenministers überschnitten. Zunächst sei von Warschau erwartet worden, lesen wir, dass der Nachfolger des deutschen Botschafters Andreas Peschke sein würde, der von Polen favorisiert worden sei. Letztendlich habe sich jedoch herausgestellt, dass der Kandidat Berlins Arndt Burchard Ludwig Freiherr Freytag von Loringhoven sein werde, ehemaliger stellvertretender Leiter des BND, Leiter der Geheimdienste der NATO und langjähriger Diplomat in Moskau. Von Loringhovens Verbindungen zum Geheimdienst und zur NS-Vergangenheit seines Vaters haben in der polnischen Presse Kritik ausgelöst, erinnert das Blatt.

Die mediale Bekanntgabe des Namens des Kandidaten für den Botschafter in der Öffentlichkeit, überzeugt die GPC, seien ein klarer Verstoß gegen die diplomatischen Gepflogenheiten gewesen. Sie seien auch ein Schritt, der darauf abzielte, einen Streit oder zumindest den Eindruck eines Streits in den deutsch-polnischen Beziehungen zu provozieren. Die Annahme, dass die deutsche oder polnische Regierung unter den Bedingungen der COVID-19-Pandemie, schwierigen Verhandlungen über das neue EU-Budget und schließlich der Revolution in Belarus beabsichtigt habe, einen Streit um den deutschen Botschafters in Warschau anzuzetteln, sei nicht ernst zu nehmen. Was allerdings geklärt werden sollte, betont das regierungsnahe Tagesblatt nachdrücklich, sei wer und warum die Informationen über den Botschafterkandidaten verraten habe.

Rzeczpospolita: Telefongespräch, anstatt Test, beendet die Quarantäne

Das Ende der Quarantäne soll nicht durch das Testergebnis, sondern durch den Arzt während eines Telefongesprächs entschieden werden - eine solche Lösung in den neuen Vorschriften, meldet am Mittwoch die Zeitung Rzeczpospolita, soll vom Gesundheitsministerium ausgearbeitet worden sein. Zehn Tage nach dem Kontakt mit einem Infizierten soll der Verdächtige aus der Hausquarantäne entlassen werden, nachdem sein Hausarzt während eines medizinischen Ferngesprächs entscheidet, ob der Patient Symptome von COVID-19 hat oder nicht.

Bisher sei der Zwangsaufenthalt zu Hause durch zwei negative Testergebnisse am 12. und 14. Tag nach Kontakt mit einem Infizierten erfolgt, erinnert die Zeitung. Das Baltt habe angesichts der neuen Vorschriften erfahren, dass polnische Allgemeinmediziner Angst hätten, während eines Ferngesprächs die Verantwortung für die Untersuchungsergebnisse zu übernehmen. Die Entlassung aus der Quarantäne, sollen Ärzte überzeugen, müsste im Rahmen der neuen Vorschriften, eine Verwaltungsentscheidung sein, die in einer Verordnung feststellen würde, dass jemand gesund sei. Und nicht wie in den neuen Plänen ein ärztlicher Attest, für das der Arzt persönlich verantwortlich sein würde. Ein Patient, der zur Arbeit zurückkehren möchte, könne nämlich Symptome des Coronavirus verbergen. Ärzte hätten deshalb zu Recht Angst vor falschen Angaben ihrer Patienten. Experten im Gesundheitswesen sollen im Gespräch mit der Rzeczpospolita argumentiert haben, dass Mediziner verpflichtet seien, nach den modernsten Methoden zu diagnostizieren, und dies seien vor allem Tests. Das Gesundheitsministerium, so das Blatt abschließend, wolle die Angelegenheit nicht kommentieren und gebe nur bekannt, dass am Donnerstag die neue Herbst-Coronavirus-Strategie bekannt gegeben werde.

Teologia Polityczna: Übungen in Heuchelei

Kürzlich hatten wir eine Demonstration der deutschen Realpolitik, des Glaubens an die Wirksamkeit der Heuchelei in der internationalen Politik, schreibt Marek A. Cichocki, Chefredakteur des konservativ-liberalen Magazins Teologia Polityczna. Nach der Vergiftung von Alexei Nawalny, dem russischen Oppositionsführers, schreibt der Autor, habe Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte, dass die Verantwortlichen für den Angriff auf Wladimir Putins Gegner bestraft werden sollten. All dies soll kurz nachdem passiert sein, als Merkel alle Kräfte der deutschen Diplomatie mobilisiert habe, um eine Front in der EU gegen die von Washington angekündigten Sanktionen gegen die russisch-deutsche Nordstream 2 zu organisieren. Es sei eine klassische Demonstration der deutschen Realpolitik gewesen - des Glaubens an die Wirksamkeit der Heuchelei in der internationalen Politik, lautet die Diagnose des Autors.

In Polen verkaufe sich Heuchelei schlecht. Polen glauben, dass die internationale Politik immer noch auf Gerechtigkeit basiere. Der Autor fährt fort, dass anstatt angewidert von der Heuchelei des Westens wegzuschauen, Polen vielleicht endlich lernen sollten, sie für eigene Zwecke ab und zu auszunutzen? Die Unfähigkeit, mit Heuchelei umzugehen, so das Fazit des Chefredakteurs des politisch-philosophischen Magazins, sei nämlich eine politische Schwäche in internationalen Beziehungen, die einen Staat viel kosten könne.


Piotr Siemiński