RZECZPOSPOLITA: Polen lehnt geplantes Instrument zur Rechtsstaatlichkeit ab
Polens Premierminister drohe mit einem Veto, sollte sich die Union an eine Bindung der EU-Finanzen mit der Rechtsstaatlichkeit einigen, schreibt die Tageszeitung Rzeczpospolita. In einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel schrieb der polnische Premierminister, dass Warschau ohne endgültige Garantie, die die Einhaltung der in europäischen Traktaten festgelegten Rechte gewährleisten, den künftigen Haushalt der Union nicht billigen könne. Eine Kopie des Briefes hätten noch EU-Ratspräsident Charles Michel und die Vorsitzende der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen bekommen, informiert das Blatt.
Der Grund für die polnische Haltung sei die soeben von der deutschen Präsidentschaft ausgehandelte Konditionalitätsregelung. Diese Regelung solle es ermöglichen, im großen Stil EU-Geld zu kürzen, wenn in einem Mitgliedsland der Rechtsstaat gefährdet sei und dadurch der Missbrauch von EU-Mitteln drohe oder bereits stattfinde. Konkret könnte dies zum Beispiel dann der Fall sein, wenn mangelnde Unabhängigkeit von Gerichten in einem EU-Staat den Missbrauch von EU-Mitteln ermögliche oder sogar ganz klar fördere. Vor allem den Regierungen in Ungarn und Polen werde zuletzt immer wieder vorgeworfen, ihren Einfluss auf die Justiz auszubauen.
Polens Regierungschef vertrete die Meinung, dass die Regelung in ihrer jetzigen Form viel weiter gehen würde, als die Pläne, denen die polnische Delegation im Sommer zugestimmt habe. Geht es nach dem Politiker könne man nicht beliebige Mechanismen einführen, die sich auf rein politischer Motivation stützen würden. Der Versuch eine solche Regelung in diesem Moment durchzuboxen könnte die mühevollen Verhandlungen über den europäischen Finanzrahmen für die kommenden Jahre ruinieren. Dies wiederum würde bedeuten, so Morawiecki, dass viele Staaten der EU noch lange auf die für die Bekämpfung der Pandemie nötigen Finanzen würden warten müssen, schreibt Rzeczpospolita.
DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Die Ehre der Wehrmachtsoldaten
Die Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna beschreibt den Fall des deutschen Historikers Jens-Christian Wagner, dem vorgeworfen wurde, ehrenrührige Tatsachen über Soldaten der Wehrmacht geäußert zu haben. Über die höchst verwunderliche Angelegenheit habe der Historiker auf Twitter informiert, schreibt das Blatt. „Kein Scherz und nicht 1944, sondern 2020", schrieb Wagner.
"Gegen mich wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Behauptung‚ ehrenrühriger Tatsachen zum Nachteil der Wehrmachtssoldaten eingeleitet. Corpus delicti ist ein wiss. Begleitband zu einer Ausstellung zu Verbrechen der Wehrmacht“, heißt es.
Wagner ist Herausgeber eines Begleitbandes zu einer Ausstellung in der Gedenkstätte Bergen-Belsen. Es handle sich um den Truppenübungsplatz und die Kaserne Bergen-Hohne, die 1935 eingerichtet worden waren. Dort habe die Wehrmacht den Angriffskrieg geübt, dem Millionen Menschen zum Opfer fielen. Die Staatsanwaltschaft Göttingen habe die Ermittlungen gegen den Historiker und langjährigen Leiter der Stiftung niedersächsischer Gedenkstätten schnell eingestellt. Laut Wagner gelte die Feststellung, dass deutsche Soldaten zum verbrecherischen Instrument des Nazi-Regimes geworden seien, als ein wissenschaftlicher Konsens. Den Versuch, seine Aussage zu blockieren bringe der Wissenschaftler mit der ansteigenden Radikalisierung im Internet, sowie mit immer wieder auftauchenden Fällen von Geschichtsfälschung in Verbindung, lesen wir in Dziennik/Gazeta Prawna.
SUPER EXPRESS: Privatsphäre besonders gefährlich
Es habe keinen neuen Rekord der Corona-Neuinfektionen in Polen in den letzten Tagen gegeben. Deshalb habe Premierminister Mateusz Morawiecki bestätigt, dass es vorerst einen erneuten Lockdown nicht geben werde. Zu der aktuellen Situation habe sich auch Vizepremierminister Jarosław Gowin geäußert. Geht es nach Gowin sollten nun vor allem die privaten Kontakte begrenzt werden. Vielen Studien sei zu entnehmen, so Gowin, dass nicht die beruflichen, sondern eben private Kontakte momentan die größte Gefahr darstellten, lesen wir in der Tageszeitung Super Express.
Jakub Kukla