RZECZPOSPOLITA: Veto – kein Novum in der EU-Politik
Ungarn und Polen hatten vor einer Woche ihr Veto gegen den zentralen Haushaltsbeschluss eingelegt. Kurz danach hatte sich auch die Regierung von Slowenien der Kritik an dem Rechtsstaatsmechanismus angeschlossen, obwohl sie anfangs noch für das Finanzpaket gestimmt hatte. Im Gespräch mit der Tageszeitung Rzeczpospolita dämpft aber ein hochrangiger Diplomat eines wichtigen EU-Staates die Emotionen. Es gäbe noch viel Zeit zum Verhandeln, sagt er im Gespräch mit Jędrzej Bielecki. Seine Reaktion unterscheide sich daher in dieser Hinsicht von den emotionalen und teils hysterischen Reaktionen der polnischen Opposition. Die Reaktion des Diplomaten hänge wahrscheinlich auch mit seiner Kenntnis der neuesten Geschichte der europäischen Integration zusammen. Ohne das Veto hätte es die EU schon längst nicht gegeben. De Gaulle habe als erster die Regel aufgezwungen, dass man ein Land nicht ignorieren darf, wenn es um für den konkreten Staat wichtige Interessen gehe.
Seit ihren Anfängen habe die Europäische Gemeinschaft mehrere Blockaden erlebt. Was wichtig sei, hätten die Krisen die EU in der Regel gestärkt. Im Jahr 1991 bei dem EU-Gipfel in Maastricht zum Beispiel habe der damalige spanische Premierminister Felipe Gonzales ohne Vorwarnung, also anders als jetzt der polnische Regierungschef, die Unterzeichnung des Traktats im letzten Moment von der Auszahlung von gigantische Strukturfonds abhängig gemacht. Dieses Geld sollte den ärmeren Ländern die Öffnung ihrer Märkte für stärkere Partner in der EU kompensieren. Im eigenen Land habe die Opposition Gonzales einen Bettler genannt. Dennoch profitierte Spanien von der Entschlossenheit des eigenen Regierungschefs enorm. Spanien besitze heute ein dichtes Netz von Autobahnen und Zugverbindungen. Das Land gehöre auch zu den wichtigsten Akteuren in der EU. Einen ähnlichen Weg könnte Polen einschlagen, lesen wir in dem Blatt.
Geht es nach Bielecki habe auch Frankreich nach der de Gaulle-Ära vom Veto Nutzen gemacht. Jacques Chirac habe vier Tage lang den Gipfel in Nizza blockiert bis Bundeskanzler Schröder nachgegeben und sich die EU dafür geeinigt habe, dass Deutschland und Frankreich trotz unterschiedlicher Bevölkerungszahl die gleiche Zahl der Stimmen im EU-Rat behalten würden.
Die Liste der bisherigen Blockaden sei lang. Es seien die Großen, die das Veto in der Vergangenheit eingelegt hätten. Aber auch kleine EU-Staaten konnten ihre Interessen mit Hilfe des Instruments verteidigen. Das Veto verursache, dass sich jedes Land am Verhandlungstisch als gleichberechtigter Partner fühlen könne. Ohne diese Lösung gäbe es die europäische Integration nicht, meint Jonathan Slapin, Politologe von den Universität Zürich im Gespräch mit Rzeczpospolita.
FAKT: Bürger gelassener als Politiker
Wie gesagt löste das Veto Polens und Ungarns teils sehr hysterischer Reaktionen aus. Das Wort Polexit macht Schlagzeilen. Und so überlegt die Tageszeitung Fakt, wie die Polen zum eventuellen EU-Austritt Polens stehen würden. Die Polen seien weiterhin Euroenthusiasten, stellt das Blatt fest. 80 Prozent der Befragten würden sich entschieden für den Verbleib Polens in der Europäischen Union aussprechen. Entgegengesetzter Meinung seien lediglich 11 Prozent der Polen.
Die Zustimmung für die EU bleibe also sehr hoch und sei unabhängig von den parteipolitischen Sympathien der Polen. Darüber hinaus hätten die Polen keine Angst, dass der aktuelle Konflikt über die Bindung der EU-Gelder an den Stand der Rechtsstaatlichkeit zum Austritt des Landes aus der EU führen könnte. Zugleich seien die Polen geteilt, wenn es um den kontroversen Mechanismus gehe: 44 Prozent der Befragten seien der Meinung, dass es eine solche Bindung geben sollte, weitere 44 Prozent würden davon ausgehen, dass es nicht Brüssel sei, das über die politischen Verhältnisse in Polen entscheiden solle, so Fakt.
DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Familie 338 Plus
Die Inflation habe verursacht, dass das Kindergeld Familie 500 Plus an Wert verliere, lesen wir in der Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna. Polen gehöre zu jenen Ländern in denen die Preise am schnellsten steigen würden. Dadurch habe die Inflation in den letzten Monaten 50 von den im Rahmen des Kindergeldes monatlich ausgezahlten 500 Zloty verschlungen, schreibt das Blatt. Sollte sich das Tempo der Erhöhungen nicht ändern und sollte es keine Valorisierung der finanziellen Hilfe geben, werde man in den kommenden Jahren vom Programm Familie 338 Plus sprechen müssen.
Den Statistiken des Eurostats sei zu entnehmen, dass in vielen EU-Staaten die Preise bereits niedriger als vor einem Jahr seien. Eine der wenigen Ausnahmen sei Polen, wo die Preise immer noch steigen würden. Die Polen könnten sich nur damit trösten, dass schneller als die Preise die Löhne steigen würden. Geht es aber um das Familiengeld sei die Kaufkraft über vier Jahre sei seiner Einführung wesentlich kleiner als noch im April 2016, so Dziennik/Gazeta Prawna.
Jakub Kukla