Deutsche Redaktion

Dziennik: Wie viel können die Polen noch ertragen?

23.03.2021 12:14
Das Blatt Dziennik/Gazeta Prawna befasst sich mit dem dritten Lockdown. Wie wir lesen, wachse in Polen das Bedürfnis, einen Schuldigen für all das Übel zu finden, das die Pandemie hervorgerufen habe.
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Dziennik: Wie viel können die Polen noch ertragen?

Das Blatt Dziennik/Gazeta Prawna befasst sich mit dem dritten Lockdown. Wie wir lesen, wachse in Polen das Bedürfnis, einen Schuldigen für all das Übel zu finden, das die Pandemie hervorgerufen habe.

Der offensichtlichste Übeltäter scheine China zu sein. Lange Zeit habe Peking die Weltöffentlichkeit über das Ausmaß der Bedrohung belogen und die Arbeit der Weltgesundheitsorganisation manipuliert, was die Ausbreitung der neuen Krankheit auf der ganzen Welt erleichtert habe. Als Wirtschafts- und Militärmacht, werde China aber höchstwahrscheinlich keine Konsequenzen tragen. Und genau deshalb müsse der Schuldige zu Hause gesucht werden.

Zum natürlichen Kandidaten für den symbolischen Scheiterhaufen, so das Blatt, sei somit die Regierung und der Mann an ihrer Spitze geworden. Premierminister Mateusz Morawiecki habe jedoch viel Glück im Unglück. Obwohl die Epidemie die Regierung der Dritten Republik vor einem Jahr überrascht habe, sei die wirkliche Katastrophe zu dem Zeitpunkt in Italien und Spanien passiert. Hinzu komme, dass die Europäische Union die damals am stärksten vom Coronavirus betroffenen Länder im Stich gelassen habe. Ähnlich enttäuschend war sie, als es darum ging, ihren Mitgliedstaaten eine Versorgung mit Impfstoffen zu garantieren.

Der allseits von Polen akzeptierte Kandidat für den Scheiterhaufen, fährt das Blatt fort, sei auch der polnische Gesundheitsminister. Seit Wochen soll er der Öffentlichkeit schlechte oder depressive Nachrichten verkünden. Polen würden sich auch freuen, heißt es weiter, wenn man diverse Seuchenexperten und Virologen einäschern würde. Nur die allgemeine Uneinigkeit darüber, wer jetzt nun wirklich die Schuld trage, so das Blatt, bedeute, dass ein spektakulär brennender Scheiterhaufen noch im Bereich der kollektiven Träume liege. Und genau an diesem Punkt, komme die Opposition zu Hilfe.

Polens Oppositionsparteien drohen, gegen die Ratifizierung des EU-Wiederaufbaufonds zu stimmen, falls die Regierung die Bedingungen für die Beteiligung der lokalen Selbstverwaltungen an der Umverteilung der EU-Gelder ablehne. Falls dieses Szenario zu Stande kommen sollte, überzeugt die Zeitung, dann werde die Opposition die volle Verantwortung tragen. Und das für alles. Die fehlenden Mittel für das verschuldete Land, die Wut der EU-Staaten und schließlich den Übelstand, der auf die Bürger fallen würde.

Dziennik/Gazeta Prawna: Hoteliers wollen heilen um zu überleben

Um trotz des Lockdowns zu arbeiten, sollen sich Hotels auf medizinische Dienstleistungen umstellen, schreibt die Tageszeitug Dziennik/Gazeta Prawna. Die Umwandlung von Touristenhotels in medizinische Einrichtungen soll immer beliebter sein, da Hotels so trotz der Sperrung weiter betrieben werden können. Gleichzeitig wachse, wie Vertreter der Branche gegenüber dem Blatt erklären, das Interesse an solchen Diensten. Wie der Präsident der Polnischen Hotelierskammer betone, sei die Umgestaltung der Dienstleistungen in ein medizinisches Profil keine Umgehung des Gesetzes, um die Anforderungen der Verschärfung der Restriktionen während COVID-19 zu erfüllen, sondern ein tatsächlicher Einstieg in einen neuen Tätigkeitsbereich. Deshalb  sollen Einrichtungen dieser Art medizinisches Fachpersonal beschäftigen, und das auch aus dem Ausland. Wer kann sich das leisten? Vor allem die größten Hotelbesitzer, die trotz der Sperre noch Finanzmittel haben, erklärt das Blatt. Dies seien in der Regel Hotels an ruhigen Orten im Grünen oder in Kurorten. Ansonsten sei es schwierig, in der Branche zu bleiben.

Vor drei Jahren sollen Wellness-Dienstleistungen noch kein großes Interesse geweckt haben. Gegenwärtig sei aber das Bewusstsein, dass man auch im Hotel etwas für seine Gesundheit tun kann, spürbar gestiegen. Immer mehr Polen sollen sich in dieser schwierigen Zeit ausruhen oder sich unter Aufsicht von medizinischem Personal um ihre psychische Gesundheit kümmern wollen, schreibt Dziennik Gazeta Prawna am Dienstag.


Rzeczpospolita: Eine glorreiche neue Revolution

In der Rzeczpospolita schreibt der Philosoph und Politologe Marek A. Cichocki über den vergangenen Besuch von Joe Bidens Klimabeauftragten, John Kerry, in Brüssel. Wie wir lesen habe Kerry deutlich gemacht, dass Klimafragen nun zum zentralen Thema einer erneuerten transatlantischen Agenda zwischen Amerika und Europa werden sollen. Auf diese Weise, so Cichocki, wolle der Westen zu seiner früheren Rolle als Weltführer zurückkehren. Es bleibe jedoch zweifelhaft, ob die Realität neuer Spannungen zwischen konkurrierenden Supermächten, wie zwischen den USA und China, der Umsetzung dieser neuen Idee nicht im Wege stehen werde.

Der Autor habe auch andere Zweifel. Das Wort, das John Kerry und Frans Timmermanns oftmals in einem Interview mit der deutschen Presse verwendet haben sollen, war "Revolution". In ihrem großen Eifer, bemerkt Cichocki, sollen beiden Politiker sich gegenseitig übertroffen haben, ihre Klima-Revolution als unwiderruflich, total und unanfechtbar darzustellen und dass sich ihr jeder ohne Frage unterwerfen müsse.

In Klimafragen aber, überzeugt der Politologe, würde es zweifelsohne besser klingen, wenn Politiker von einem Übergang sprechen würden, der die Notwendigkeit einer fairen und solidarischen Kostenverteilung und einer ehrlichen öffentlichen Diskussion berücksichtigt, anstatt sich selbst zu Visionen einer radikalen Revolution hinreißen zu lassen. Leider seien die Klima-Herausforderungen, längst zum Haupttreibstoff für immer hartnäckigeren ideologischen Aktivismus geworden. Ein rationaler Dialog sei bereits unmöglich, was besonders besorgniserregend sei, glaubt der Autor, weil eine solche Denkweise zu unüberlegten und schädlichen Entscheidungen führen könne.

Die sozialen und wirtschaftlichen Kosten der Pandemie, so der Philosoph, werden enorm sein und könnten lange Zeit andauern. Der grüne Übergang werde auch ernsthafte soziale Kosten bedeuten. Genau deshalb müsse man darauf achten, dass sich diese beiden riesigen Kostenpläne nicht überschneiden.



Piotr Siemiński