Deutsche Redaktion

"Deutschland, der Wächter des Rohres"

22.07.2021 11:24
Bundeskanzlerin Angela Merkel beendet ihre langjährige politische Karriere als die effektivste Wächterin des Rohres mit russischem Gas, meint die Zeitung Rzeczpospolita.
Bundeskanzlerin Angela Merkel
Bundeskanzlerin Angela MerkelPAP/EPA/Christian Lietzmann / POOL

RZECZPOSPOLITA: Deutschland, der Wächter des Rohres

Die USA täten nun so, als ob es sich bei Nord-Stream-2 um ein rein wirtschaftliches Projekt handelte, schreibt in seinem Kommentar in der Tageszeitung Rzeczpospolita der Publizist Jerzy Haszczyński. Diese Haltung beziehe sich auf die wichtigsten amerikanischen Politiker, unter anderem den US-Präsidenten Joe Biden. Die Sichtweise des Kongresses sei in den Hintergrund verdrängt worden, dabei hätten die Mitglieder des amerikanischen Parlaments den eigentlichen Sinn und die Gefahren, die mit NS2 verbunden seien, sehr gut erkannt. Das Rohr sei ein geopolitisches Druckmittel. Es werde Russland helfen Milliarden von Deutschland zu verdienen, die dann in die Realisierung der imperialen Politik und das Bedrohen von schwächeren Ländern investiert würden. Die Gasleitung stelle eine reale Gefahr für die Ukraine und für die gesamte Ostflanke der Nato dar. Darüber hinaus schwäche die neue Verbindung die energetische Sicherheit der Europäischen Union, schreibt der Publizist.

Noch bis vor kurzem habe die amerikanische Diplomatie diese Probleme gesehen. Joe Biden habe sich aber von Angela Merkel überreden lassen. Die deutsche Kanzlerin beende daher ihre langjährige politische Karriere als die effektivste Wächterin des Rohres mit russischem Gas, urteilt Haszczyński. Deutschland sei für den neuen US-Präsidenten ein zu wichtiger Partner um nach den geopolitischen Folgen der deutsch-russischen Gasleitung immer wieder zu fragen. Biden habe sich mit dem Versprechen zufriedengestellt, dass man Russland bestrafen werde, sollte es sich erneut unartig verhalten. Wie Moskau konkret bestraft werden könnte, wisse keiner. Die vergangenen Jahre hätten gezeigt, dass jeder Versuch Moskau seinen Platz in der Reihe zu zeigen die russische Führung zu weiteren Provokationen inspiriert habe. Der Baustopp von NS2 wäre ein klares Signal und eine bemerkbare Strafe. Diese müsse Moskau jedoch nicht mehr fürchten, urteilt Jerzy Haszczyński in der Rzeczpospolita.


TYGODNIK POWSZECHNY: Doch kein Polexit?

Einen Polexit werde es nicht geben, stellt in ihrem Kommentar die Wochenzeitschrift Tygodnik Powszechny fest. Zumindest nicht wegen des Streits der Regierung mit der EU-Kommission in Bezug auf das juristische System. Ein Teil der polnischen Öffentlichkeit sehe in der Justizpolitik der PiS-Partei einen gefährlichen Kurs weg von der EU. Ihnen gegenüber aber würden jene stehen, die im Widerstand der Regierung gegen Brüsseler Einwände und Vorgaben einen Akt der nationalen Selbstbehauptung gegen Zumutungen seitens der EU erkennen. Das Infrage stellen von einigen Entscheidungen der Brüsseler Behörden sei in der EU nichts Neues. Die polnische Regierung richte sich in den Streitereien mit Brüssel aber vor allem nach den Bedürfnissen und Erwartungen ihrer Kernwählerschaft, schreibt die Wochenzeitschrift.

Dies werde aber zu einem Austritt aus der EU nicht führen. Wenn, dann könnte das Bauverbot von Benzinautos und höhere Energiepreise zu einem großen Problem werden. Es sei noch unklar, ob es Deutschland schaffen werde, die radikalsten Vorschläge des soeben vorgestellten Pakets „Fit for 55“ im Rahmen der Europäischen Union einzuführen. Selbst im Rahmen der EU-Kommission sehe man in dieser Hinsicht gewisse Schwankungen. Daher werde man darüber in den kommenden Monaten scharf diskutieren. Selbst als ein vollberechtigter Partner in der EU hätte Polen keine entscheidende Stimme gehabt, denn vieles hänge auch von dem Wahlverlauf in Frankreich ab. Doch indem sich Polen in zweitrangige Streitereien wickele, schwächere es deutlich seine Verhandlungsposition. Und doppelt so hohe Benzinpreise wie heute wären für den polnischen Euroenthusiasmus ein richtig harter Test, schreibt Tygodnik Powszechny.


SUPER EXPRESS: Wer gewinnt wie viel?

Die Olympischen Spiele in Tokio hätten mit einem Jahr Verspätung mit dem ersten Wettbewerb begonnen. Im Fukushima hätten die Softballerinnen von Gastgeber Japan und Australien gestern die eigentlich für 2020 geplanten Sommerspiele eröffnet. Die offizielle Eröffnungsfeier des größten Sportfests der Welt werde am Freitag stattfinden. Der Vorstart der Spiele sei mit großer symbolischer Bedeutung in das rund 250 Kilometer nördlich von Tokio gelegene Fukushima vergeben worden. Dort sei es vor zehn Jahren nach einem schweren Erdbeben und dem folgenden Tsunami zu einer Nuklearkatastrophe gekommen, die bis heute nachwirkt.

Wie immer vor den olympischen Spielen überlege die Presse, wer die meisten Medaillen holen werde. Aus verschiedenen Simulationen gehe hervor, dass sich Sportler aus den Vereinigten Staaten am öftesten hätten freuen können. Man gehe von insgesamt 96 Trophäen für die USA aus. Dahinter platzierten sich Sportler aus der Russischen Föderation mit 68 Medaillen, gefolgt von den Chinesen mit 66 Auszeichnungen.

Der Prognose sei zu entnehmen, dass Polen mit 18 Medaillen rechnen könnte. Sollte sich diese Prognose bestätigen, würden die Olympischen Spiele in Tokio zu den erfolgreichsten für den polnischen Sport im 21. Jahrhundert gehören. Bei den letzten Turnieren sei es den Polen nicht gelungen, mehr als 11 Trophäen zu holen, lesen wir in Super Express.


Jakub Kukla