Deutsche Redaktion

KZ-Sekretärin Irmgard Furchner - Verspätete Auseinandersetzung

04.10.2021 10:52
Vergangene Woche sollte der Prozess der ehemaligen KZ-Sekretärin Irmgard Furchner in Itzehoe beginnen, schreibt in der Rzeczpospolita Piotr Jendroszczyk. In seinem Artikel stellt der Journalist die 96-Jährige Deutsche der polnischen Leserschaft vor. 
Irmgard Furchner
Irmgard Furchner PR

Vergangene Woche sollte der Prozess der ehemaligen KZ-Sekretärin Irmgard Furchner in Itzehoe beginnen, schreibt in der Rzeczpospolita Piotr Jendroszczyk. In seinem Artikel stellt der Journalist die 96-jährge Deutsche der polnischen Leserschaft vor. Schon im Voraus hatte die Angeklagte mitgeteilt, nicht vor Gericht erscheinen zu wollen: Sie hatte gebeten, ihr die Peinlichkeit, vor Gericht in die Öffentlichkeit gezerrt zu werden, nicht zuzumuten.

Vor Beginn des Prozesses haben die 96-Jährige einen Fluchtversuch unternommen. Sie habe das Seniorenheim in dem sie wohne, frühzeitig verlassen und sei mit einem Taxi zu einer U-Bahn-Station in Hamburg gefahren. Wohin sie wollte, sei nicht bekannt. Sicher sei nur, dass der Prozess um mehrere Wochen verschoben wurde.

Irmgard Furchner sei angeklagt wegen Beihilfe zum Mord in über 11 Tausend Fällen und wegen Beihilfe zum versuchten Mord in 18 weiteren Fällen. Sie sei als Sekretärin im Konzentrationslager Stutthof bei Danzig tätig gewesen. Vertreten in dem Verfahren gegen Furchner würden mehrere Überlebende. Der Prozess finde vor einem Jugendstrafgericht statt, die Angeklagte sei zum Zeitpunkt ihrer Taten 18 Jahre alt gewesen.

Es sei einer der letzten verspäteten Versuche, sich mit der dunklen deutschen Vergangenheit auseinanderzusetzen, schreibt Jendroszczyk weiter. Zwar würde noch in fünf Fällen ermittelt und in wenigen Tagen solle der Prozess eines heute 100-jährigen Wächters aus dem Lager Sachsenhausen beginnen, aber dann sei Schluss. Nach dem Krieg seien 14 Tausend Verbrecher auf der Anklagebank gelandet, davon habe man die Hälfte verurteilt, die meisten für einjährige Haftstrafen. Todesstrafen habe man in 16 Fällen eingesetzt, in 4 Fällen habe man die Strafe dann auch vollstreckt, erinnert Piotr Jendroszczyk in der Rzeczpospolita.


Jakub Kukla