Rzeczpospolita: Öl ins Feuer gießen
Wie die Rzeczpospolita schreibt, nehme die Frage der Medienfreiheit heute einen zentralen Platz in den polnisch-amerikanischen Beziehungen ein. Autor Jędrzej Bielecki sehe daher Polens Versuch das Mediengesetz zu ändern als einen völligen Verlust des Realitätssinns. Er hoffe, dass es sich nicht um ein zynisches Spiel handle, um an der Macht zu bleiben und den radikalen Teil der Wählerschaft der Regierungspartei auf Kosten einer wo möglichen Tragödie der Ukraine zu festigen. Dies geschehe nämlich zu einer Zeit, lesen wir, in der Osteuropa ein Krieg drohe und Polens Sicherheit auf einem Bündnis mit Amerika beruhe, wie nie zuvor seit dem Fall des Kommunismus. Und gerade jetzt, so Bielecki, müsse der Präsidentenpalast zusätzlich Öl ins Feuer gießen, anstatt einen Weg zu einer Einigung mit Washington zu finden. Putin, heißt es weiter, könne sich nur die Hände reiben.
Falls Andrzej Duda das Gesetz unterzeichne, heißt es weiter, werde der Streit eskalieren. Der Versuch den amerikanischen Privatsender TVN gesetzlich zu sperren, bemerkt Bielecki, falle zeitlich mit der Wahl des neuen Botschafters in Warschau, Mark Brzezinski, zusammen. In Washington sollen jedoch Gerüchte kreisen, dass der neue Botschafter möglicherweise in Polen gar nicht erscheinen könnte, falls der amerikanische Besitzer von TVN Discovery seine Lizenz verliere.
Es gebe auch einen finanziellen Aspekt, lesen wir im Blatt. Genau wie im Fall von Polens Justizreform könnte auch der Streit mit den Amerikanern den polnischen Steuerzahler Milliarden kosten. Falls Discovery gezwungen wäre seinen Privatsender zu einem Nulltarif zu verkaufen, schließt Bielecki sein Kommentar ab, so würde es gemäß einem polnisch-amerikanischen Abkommen vor Gericht Schadenersatz fordern können. Das Problem, es wäre ein ausländisches Gericht, und kein polnisches, lautet sein Fazit für die Rzeczpospolita.
Gazeta Wyborcza: Präsident will mit Amerika über „Lex TVN" verhandeln
Das weitere Schicksal des Mediengesetzes hänge von der Entscheidung des Präsidenten ab, schreibt indes die Zeitung „Gazeta Wyborcza". Andrzej Duda wolle möglicherweise Verhandlungen mit den USA führen. Die linksliberale Zeitung erinnert daran, dass der Präsident selbst und sein Umfeld bereits im Sommer Signale für ein Veto gegen das neue Mediengesetz gegeben hätten. Die Taktik sei einfach. Erst kritische Bemerkungen zum Gesetzentwurf, damit die Regierung von Joe Biden wisse, dass ein Veto möglich sei, und jetzt zweideutige Erklärungen, um die Amerikaner im Ungewissen zu halten.
Der Zeitung zufolge wolle der Präsident in den nächsten drei Wochen im Rampenlicht stehen und die Spannung erhöhen. Außerdem möchte er, dass die US-Behörden, geht es nach dem Blatt, um seine Gunst werben. Idealerweise sollten dazu alle Appelle von hochrangigen US-Beamten kommen. Das Blatt argumentiert, dass Andrzej Duda bereit sei, die Gesetzesänderung zu blockieren, falls die US-Regierung eine freundliche Geste mache, die die Rolle des polnischen Präsidenten hervorheben würde.
Hinter den Kulissen, heißt es weiter, kursiere auch ein anderes Mediengerücht: Der Preis für die Unterschrift von Andrzej Duda unter dem sog. „Lex TVN" sei der Kopf des Vorsitzenden des staatlichen Fernsehsenders TVP Jacek Kurski.
„GW" schreibt, dass der Präsident auch erwägen könnte, eine Vereinbarung mit seinem politischen Lager zu treffen und das Gesetz vor der Unterzeichnung an das regierungsfreundliche Verfassungsgericht zu schicken. Dieses würde nicht nur die Bestimmungen über die Wahl der Leiter der öffentlich-rechtlichen Medien für verfassungswidrig erklären, sondern das gesamte Mediengesetz als rechtswidrig auffassen. Und auf diese Weise, überzeugt „Gazeta Wyborcza" abschließend, würde das ganze „Lex TVN" eines natürlichen Todes sterben.
w Polityce: Legutko: „Wir können unsere Politik nicht nach dem Diktat unserer Partner ausrichten"
Das regierungsnahe Nachrichtenportal „wPolityce" schreibt zum Streit um das Mediengesetz, dass erneut oftmals betont werde, dass die Angelegenheit ein Hindernis in den Beziehungen zu den USA darstellen könnte. Professor Ryszard Legutko, Mitglied der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) im Europäischen Parlament, äußert sich in einem Interview zu diesem Thema. Geht es nach dem Akademiker, sollen sich die amerikanischen Botschafter verbal äußerst brutal verhalten. Fast wie die sowjetischen Botschafter in alten Zeiten, lesen wir. Sie sollen kritisieren, drohen und seltsame Aktionen gegen die polnische Regierung unterstützen, wie z. B. Paraden von Homosexuellen auf Polens Straßen.
Ein solches Verhalten, so Legutko, sei kein gutes Zeichen. Andererseits dürfe man nicht zulassen, dass die polnische Innenpolitik von Ländern diktiert werde, mit denen Polen bestimmte Interessen und Beziehungen pflege. Mal besser, mal schlechter, aber man stehe sich immer als Partner gegenüber. Kein polnischer Botschafter in den Vereinigten Staaten, heißt es weiter in dem Interview, habe jemals versucht, offiziell und öffentlich Minister, die Leitung oder die Politik der US-Regierung zu kritisieren. Und wenn, dann nur sehr diskret hinter verschlossenen Türen.
Im Zusammenhang mit den Beziehungen zu den USA in Bezug auf das Mediengesetz, erklärt Legutko, dass alles davon abhängen werde, was die Prioritäten der amerikanischen Politik gegenüber Polen seien. Der PiS-Abgeordnete selbst ist davon überzeugt, dass Polen seine Innenpolitik souverän gestalten sollte. Sein Grundsatz laute, Polen könne seine Politik nicht nach dem Diktat seiner Partner ausrichten, weil diese ihre Innenpolitik nicht nach Polens Richtlinien gestalteten. In den zwischenstaatlichen Beziehungen sollte man sich an das Prinzip des Gleichgewichts und der Gegenseitigkeit halten, betont der Professor in „wPolityce".
Piotr Siemiński