Deutsche Redaktion

Justizwesen und Wahlversprechen sind Polen egal

18.01.2024 12:00
Seit vielen Wochen sind die geistlosen Klischees polnischer Medien nur noch schwer zu ertragen. Je intensiver sich der politische Konflikt in Polen zuspitzt, desto mehr neigen sie dazu, alles in ein vorgefertigtes Muster zu pressen, wie Andrzej Krajewski für das Online-Blatt Dziennik bemerkt. 
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Bild:DarSzach/ Shutterstock

Dziennik/Gazeta Prawna: PO rekonstruiert das Verhalten der PiS

Seit vielen Wochen sind die geistlosen Klischees polnischer Medien nur noch schwer zu ertragen. Je intensiver sich der politische Konflikt in Polen zuspitzt, desto mehr neigen sie dazu, alles in ein vorgefertigtes Muster zu pressen, wie Andrzej Krajewski für das Online-Blatt Dziennik bemerkt. Alles, was geschrieben oder gesprochen wird, scheint dazu zu dienen, die Logik des jeweiligen politischen Lagers zu beweisen, dem ein bestimmter Inhaltsanbieter sympathisiert oder für den er arbeitet.

Nach der Machtübernahme rekonstruiert die Bürgerkoalition (KO) unter dem neuen Premierminister Donald Tusk das Verhalten der vor kurzem abgewählten Recht und Gerechtigkeit, lesen wir weiter. Die PiS versucht jedoch, sie zu übertreffen und plant, alles noch schneller und stärker umzusetzen. Die neue Opposition hat sich entschieden, die Protestmethoden und Organisationen ihrer Gegner zu rekonstruieren. Sie übernimmt sogar ihre Slogans und kämpft beispielsweise für die Einhaltung der Verfassung. Nach Ansicht des Autors weisen die politischen Veränderungen in Polen alle Merkmale einer Parodie auf.

In diesem Theater der maßlosen Übertreibung, in dem sich beide Seiten der schwersten Verbrechen beschuldigen, blitzt jedoch eine Vorschau auf die realen Probleme auf, die auf Polen zukommen. Die kürzliche Verhaftung von zwei PiS-Abgeordneten im Präsidentenpalast auf Anordnung des Gerichts könnte Polen nun wirklich in eine echte Krise stürzen, so Krajewski.

Natürlich darf der staatliche Apparat, der der Regierung unterstellt ist, von seinem Recht Gebrauch machen, Gewalt anzuwenden und so Gehorsam zu erzwingen. In einem Rechtsstaat sind jedoch trotz des Gewaltmonopols nur geringe Gefahren vorhanden, so das Blatt. Die Exekutive wird von den Medien überwacht, unabhängige Gerichte geben den Bürgern die Möglichkeit, ihre individuellen Rechte zu verteidigen, und im Falle größerer Verstöße wachen der Oberste Gerichtshof und das Verfassungsgericht über das Gleichgewicht der Gewalten. Schließlich ist die Dritte Republik eine Demokratie. Die Mehrheit regiert zwar, respektiert und schützt aber auch die Rechte der Minderheit, die durch die Verfassung gesichert sind.

Mittlerweile sind jedoch fast all diese Rechtssicherungen zum Teufel gegangen, lesen wir. Richter beteiligen sich am politischen Kampf und unterstützen offen politische Parteien, denen sie sympathisieren. Das Verfassungsgericht hat gleichzeitig seine Autorität und Legitimität vollständig verloren.

Was die Verfassung betrifft, wird am Schluss angemerkt, dass sie seit 2015 durch die gemeinsamen Bemühungen von Juristen aus dem rechtsnationalistischen Lager, die jetzt durch Juristen aus dem linksliberalen Lager ersetzt wurden, zunehmend "prostituiert" wurde. Ironischerweise im Namen der Rettung des Staates vor Missregierung oder sogar Unzucht, so schreibt Andrzej Krajewski für Dziennik. 

DGP: Justizwesen und Wahlversprechen sind Polen egal 

An erster Stelle steht die Verabschiedung des Staatshaushalts für dieses Jahr. Laut der jüngsten Umfrage von Dziennik/Gazeta Prawna und dem privaten Radiosender RMF FM betrachten 55 Prozent der Befragten dies als die wichtigste Priorität, die die Regierung von Donald Tusk derzeit angehen sollte. Die Arbeiten am Haushaltsgesetz befinden sich tatsächlich kurz vor dem Abschluss. Am Donnerstag soll der Sejm darüber abstimmen, nächste Woche wird der Senat darüber entscheiden, und spätestens am 29. Januar soll das Gesetz auf dem Schreibtisch von Präsident Andrzej Duda liegen.

Deutlich weniger Unterstützung gibt es für die verbleibenden Aufgaben, die die Regierung zuerst angehen sollte. Die Umsetzung weiterer Wahlversprechen wird beispielsweise nur von weniger als 13 Prozent der Befragten unterstützt. Die Wähler der Koalitionsregierung zeigen fast gar kein Interesse (1 Prozent), während es unter den Wählern der oppositionellen PiS 22 Prozent sind. Weniger als 12 Prozent bekunden Interesse an einer Reform des Justizwesens, und weniger als 8 Prozent unterstützen Veränderungen im Verfassungsgericht. Weniger als 2 Prozent befürworten die Bildung weiterer Untersuchungsausschüsse, um die Machtausübung der Vorgängerregierung zu beurteilen.


Wprost: Wie viele Gefangene arbeiten in Polen?

Nach Angaben des Zentralvorstandes des Gefängnisdienstes beläuft sich die Zahl der Gefangenen in Polen derzeit auf über 78.000. Darunter sind fast 69.000 verurteilt, knapp 8.500 vorübergehend inhaftiert und weniger als 1.000 bestraft. Frauen machen 5 Prozent der Häftlinge aus. Die jährlichen Kosten für den Unterhalt der Gefangenen werden auf etwa 67 Mio. EUR geschätzt.

Wie das Nachrichtenportal des Wochenblatts Wprost berichtet, führt dies oft zu Irritationen in der Öffentlichkeit. Es wird gefordert, dass die Gefangenen arbeiten. Wie Wprost jedoch herausfand, arbeiten in den Gefängnissen fast 41.000 Verurteilte und Bestrafte. Über 21.000 von ihnen erhalten eine Vergütung. Die Beschäftigungsquote bei Verurteilten mit Unterhaltsschulden liegt dabei bei über 64 Prozent.

Arbeit spielt in den Gefängnissen eine besondere Rolle. Sie dient nicht nur dazu, die Zeit der Person im Freiheitsentzug zu organisieren und Untätigkeit zu verhindern. Wie der Gefängnisdienst im Gespräch mit dem Blatt erklärt, bietet die Arbeit oft die Möglichkeit, die beruflichen Qualifikationen zu erwerben, die für eine Beschäftigung erforderlich sind. Sie lehrt den legalen Erwerb von Geld, die Zusammenarbeit mit anderen, Verantwortung, Pünktlichkeit und eine Reihe anderer Fähigkeiten, die für ein Leben nach der Entlassung aus der Haft gemäß den gesellschaftlichen Normen erforderlich sind.

Die Häftlinge arbeiten in der Gefängnisküche, in der Werkstatt, im Lager, in der Funkzentrale und in den Wohnbereichen. Sie werden auch von externen Auftraggebern beschäftigt, um einfache Reinigungs-, Hand- und allgemeine Bauarbeiten durchzuführen. Darüber hinaus erledigen sie auch komplexere Arbeiten, die zusätzliche Qualifikationen erfordern, beispielsweise als Schweißer, Elektriker oder Hydrauliker, heißt es weiter. Die Ausübung einer Beschäftigung während der Isolationshaft ist ein Faktor, der zur sozialen Wiedereingliederung von Personen beiträgt. Sie hilft ihnen, nach Verbüßung ihrer Strafe ein stabiles Leben zu führen, und ermöglicht es auch, finanzielle Schulden zu begleichen.


Autor: Piotr Siemiński