Deutsche Redaktion

"Darf der Premierminister das Asylrecht aussetzen?"

15.10.2024 11:39
Ist Tusks Vergleich zur Politik Finnlands in Bezug auf die Aussetzung des Asylrechts legitim? Der Export nach Deutschland sinkt. Und: Die Polen ziehen Bilanz aus einem Jahr der Regierung Tusk.
Mehr als 90 Prozent derjenigen, die die polnische Grenze illegal berschreiten, sind Menschen mit russischen Visa, teilte Polens Regierungschef mit.
Mehr als 90 Prozent derjenigen, die die polnische Grenze illegal überschreiten, sind Menschen mit russischen Visa, teilte Polens Regierungschef mit.JK21/Shutterstock.com

DO RZECZY: Darf der Premierminister das Asylrecht aussetzen?

Auf dem Parteitag der regierenden Bürgerkoalition am Samstag kündigte Ministerpräsident Donald Tusk an, dass er die Einzelheiten der polnischen Migrationsstrategie auf einer Kabinettssitzung am Dienstag vorstellen werde. Er teilte auch mit, dass eines ihrer Elemente eine vorübergehende territoriale Aussetzung des Asylrechts sein werde. Gleichzeitig erklärte er, dass die Regierung europäische Ideen, die der Sicherheit Polens schaden, wie den EU-Migrationspakt, nicht respektieren und umsetzen werde, erinnert die Wochenzeitschrift Do Rzeczy.

Der Premierminister könne das Asylrecht nicht allein aussetzen. Der Protest, der sich in Wellen entlud, sei verständlich. Dies sei eine politische Entscheidung. Sie sehe ihren Propagandawert, aber aus rechtlicher Sicht wäre sie ein Horror. Die politische Entscheidung sei der rechtlichen Verkleidung der Idee voraus gewesen, sagt in diesem Kontext die Juristin, Professorin Ewa Łętowska.

Tusk, der seine Entscheidung verteidigt, argumentiert, dass die vorübergehende Aussetzung von Asylanträgen im Mai in Finnland eingeführt wurde. Łętowska ist von diesem Ansatz nicht überzeugt. Das sei sicherlich nicht das, was Finnland getan habe. Sie hätten etwas ganz anderes getan, sagt die Juristin und fügt hinzu, dass der Ministerpräsident in der für einen Politiker typischen Weise ungenau vergleicht.

Finnland habe ein Notstandsgesetz verabschiedet, eine Art Sondergesetz. Es handle sich nicht um ein normales Gesetz. Es sei ein Gesetz, das zeitlich begrenzt sei. Es sehe die Möglichkeit vor, die Annahme von Asylanträgen in einem bestimmten Gebiet zu verweigern. Das sei etwas völlig Unvergleichliches zu dem, was es im Moment in Polen geben solle, erklärte die ehemalige Richterin des Verfassungsgerichts.

BUSINESS INSIDER: Export nach Deutschland sinkt

Die Abhängigkeit von einem einzigen Kunden hat ihre Nachteile. Sie werden deutlich, wenn dieser Kunde sich plötzlich von unseren Produkten abwendet, erinnert Business Insider. Genau das haben wir bei dem polnischen Export nach Deutschland erlebt. Es scheint, als ob eine gut geölte Maschine plötzlich nicht mehr funktioniert. Das wird sich in den polnischen BIP-Zahlen niederschlagen. Paradoxerweise sind von den wichtigsten Empfängern unserer Waren die größten Zuwächse bei unseren Ausfuhren in das Vereinigte Königreich zu verzeichnen - ein Land außerhalb der Europäischen Union, lesen wir weiter.

Im August sei der polnische Export im Vergleich zum Vorjahr sogar um 4,6 Prozent zurückgegangen, d. h. er sei um 1,2 Milliarden Euro niedriger gewesen als im gleichen Vorjahreszeitraum. Dies sei das schlechteste Ergebnis seit Dezember letzten Jahres gewesen, der in dieser Hinsicht schwach gewesen sei, gehe aus den Daten der Polnischen Statistikbehörde GUS hervor. Dies werde sich in einem schlechteren BIP-Ergebnis für das dritte Quartal niederschlagen und könnte die Regierung dazu zwingen, ihre Prognosen für die Steuereinnahmen zu revidieren.

Der eigentliche Absturz sei in Richtung Deutschland erfolgt. Der größte Abnehmer unserer Waren habe ihnen plötzlich den Rücken zugekehrt. Während wir vor einem Jahr im August noch 28,6 Prozent unserer Exporte nach Deutschland geleitet hätten, seien es jetzt nur noch 26,7 Prozent.

Es gebe aber auch eine andere Seite der Medaille. Die größten Handelsüberschüsse habe Polen mit Großbritannien, der Ukraine und der Tschechischen Republik verzeichnet. Dagegen habe sich die Handelsbilanz am stärksten mit Norwegen, den Niederlanden und mit Italien verbessert, berichtet Business Insider.

DZIENNIK/GAZETA PRAWNA, SUPER EXPRESS: Die Polen bewerten ihre Regierung

Ein Jahr nach den Parlamentswahlen, bei denen Donald Tusk die Macht übernommen hat, lässt ein Teil der Wählerschaft die Regierungskoalition im Stich, wie die jüngste Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Pollster im Auftrag von Super Express zeigt. Die Befragten wurden auch gefragt, welche Schulnote sie der Regierung geben würden. Die Antwort kann überraschen.

Die Frage, ob sie ein Jahr nach den Parlamentswahlen wieder für die Regierungskoalition stimmen würden, ist nur an die Wähler der Parteien der Regierungskoalition gerichtet worden. 75 Prozent der Befragten haben die Frage bejaht, während 17 Prozent sagten, sie würden nicht wählen und 8 Prozent antworteten, sie wüssten es nicht.

Die Befragten sind auch gefragt worden, welche Schulnote sie der Regierung von Donald Tusk ein Jahr nach der Wahl geben würden. 28 Prozent bewerteten die Regierung mit einer Eins – was in Polen die schlechteste Note bedeutet, 4 Prozent vergaben die Note ausgezeichnet.

Laut einer Umfrage für Dziennik Gazeta Prawna ist die Regierung zu langsam bei der Erfüllung ihrer Wahlversprechen, doch überwiegen bei den Befragten gute und neutrale Bewertungen. Zu den Forderungen, die die Befragten am meisten erwarten, gehören Verbesserungen im Gesundheitswesen, Steuersenkungen und eine Justizreform, lesen wir in Dziennik/Gazeta Prawna.

Autor: Jakub Kukla

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