Deutsche Redaktion

Wurden die georgischen Wahlen manipuliert?

28.10.2024 06:42
In Georgien wurden nach den jüngsten Parlamentswahlen Vorwürfe des Wahlbetrugs laut. In Polen wird angesichts der Hilfspakete für die Ukraine und möglicher Profiteure des Krieges eine Diskussion über Transparenz gefordert, wobei Bedenken bestehen, dass der Konflikt wirtschaftliche Interessen bedient. Gleichzeitig kritisiert das Portal niezależna die Abgehobenheit der polnischen Politiker, die trotz steigender Armut in Polen weiterhin von Privilegien profitieren.
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Bild:ERIK Miheyeu/ Shutterstock

Rzeczpospolita: Wurden die georgischen Wahlen manipuliert?

Wie die Rzeczpospolita berichtet, habe der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán noch am Samstag der Kreml-freundlichen Regierungspartei Georgischer Traum zu ihrem deutlichen Sieg bei den Parlamentswahlen gratuliert, ohne auf die Bekanntgabe des vorläufigen Wahlergebnisses durch die Zentrale Wahlkommission Georgiens zu warten. Auch der Kreml habe sich über das Wahlergebnis gefreut. Der Sieg der Regierungspartei bedeute für Georgien, dass sich Tiflis noch weiter von der Europäischen Union entfernen werde.

Die vier größten Oppositionsparteien erkennen jedoch die offiziellen Ergebnisse vom Sonntag nicht an. Sie sollen die Wahlen als Verfassungsputsch betrachten. Laut den offiziellen Ergebnissen habe die Regierungspartei 56 Prozent der Stimmen erhalten und könne somit alleine regieren. Allerdings soll die Partei Georgischer Traum in den außerhalb des Landes eingerichteten 42 Wahllokalen deutlich verloren haben. Widersprüchliche Berichte über die Wahlergebnisse – je nach regierungsfreundlicher oder oppositioneller Medienquelle – wecken erhebliche Zweifel an der Zuverlässigkeit der Stimmenauszählung. Der Vorsitzende des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten im estnischen Parlament, Marko Mihelson, äußerte, dass die offensichtliche Fälschung der Wahlergebnisse die Anerkennung der Legitimität unmöglich mache. Seiner Meinung nach könne ein Land mit gefälschten Wahlen kein Teil der Europäischen Union werden, und solche Methoden stellten das Land an die Seite Russlands.

Andere internationale Wahlbeobachter sollen jedoch zurückhaltender sein. Vertreter der OSZE erklärten, dass die Kandidaten im Allgemeinen ihre Wahlkämpfe frei führen konnten. Zweifel weckte jedoch der Druck auf die Verwaltungs- und Haushaltsangestellten sowie die Wählerregistrierung am Wahltag. Es habe eine Atmosphäre des Drucks und der organisierten Einschüchterung geherrscht, und es wurden Fälle von Wählerbestechung und doppelter Stimmabgabe, insbesondere in ländlichen Gebieten, gemeldet.

Die Opposition behauptet, dass die Regierungspartei Georgischer Traum die Daten ihrer Wähler digitalisiert und in verschiedenen Wahllokalen dupliziert habe, weshalb eine internationale Überprüfung erforderlich sei. Die Oppositionsparteien hätten jedoch noch nicht entschieden, wie sie weiter vorgehen wollen. Die Regierungspartei vermutet, dass die Oppositionsparteien ihre Anhänger zu erneuten Protesten aufrufen könnten. Rzeczpospolita zufolge sei der staatliche Repressionsapparat der Regierung auf ein solches Szenario jedoch bestens vorbereitet.

In der Wahlnacht wurden Berichten zufolge mindestens drei Angriffe auf NRO-Zentralen von angeheuerten Schlägertrupps verübt. Abschließend berichtet die Zeitung, dass die letzte Entscheidung bei der Europäischen Union liege. Die EU habe die Beitrittsverhandlungen mit Georgien bereits im Juli ausgesetzt und müsse nun entscheiden, wie sie mit den Verhandlungen und den Integrationsaussichten des Landes fortfahren soll.

DoRzeczy: Wer profitiert vom Krieg?

Eine Pandemie oder ein Krieg biete die Gelegenheit, Generationen einer Familie finanziell zu begünstigen, schreibt die Wochenzeitung DoRzeczy und fragt, wer den Krieg in der Ukraine ausnutzen könnte. Hinter den stetig wachsenden Hilfspaketen für die Ukraine, sowohl für militärische als auch für zivile Zwecke, verberge sich verständliche, aber wohl auch kalkulierte und teilweise fehlende Transparenz, lesen wir. Eine umfassende Aufstellung der Profiteure des russisch-ukrainischen Krieges sei nahezu unmöglich.

Dennoch sei das Thema ernst und müsse laut DoRzeczy aus offensichtlichen Gründen diskutiert werden. Der massive Umfang der Hilfsgelder könne Interessenkonflikte verbergen, und einige Begünstigte könnten sogar ein Interesse am Fortbestehen des Konflikts haben. Auch die polnischen Bürger, die finanziell involviert sind, sollten eine Erklärung erhalten. Das Wochenblatt erinnert daran, dass es der polnische Premierminister Mateusz Morawiecki war, der die Interessen Kiews und Warschaus direkt miteinander verknüpfte. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron betonte hingegen, dass Russland diesen Krieg nicht gewinnen dürfe. In beiden Fällen spiele es letztlich keine Rolle, wie die Rechnung für diesen Krieg ausfallen werde. Die Diskussion darüber, wem die Gewinne aus diesem Krieg zugutekommen, könnte laut DoRzeczy nur den Willen zum Sieg schwächen und den Interessen Moskaus dienen. Die Wochenzeitung meint, dass die „buchhaltungsphobische“ und „amnesiebehaftete“ Rhetorik bis heute anhält und die Gemüter sowohl von Politikern als auch von Publizisten vernebelt.

niezależna.pl: Politiker von der Realität losgelöst

Das oppositionsnahe Portal niezależna kritisiert die Aussagen der Umweltministerin Paulina Hennig-Kloska angesichts der alarmierenden Daten des Statistischen Zentralamts GUS zur steigenden Armut. Die Ministerin habe erklärt, dass dies gut für das Klima sei, da die Menschen aufgrund der Armut weniger Textilien kaufen würden. Diese Äußerung erinnere an das berühmte Zitat von Marie Antoinette: „Sie haben kein Brot? Dann sollen sie Kuchen essen.“ Laut niezależna erkläre die Ministerin den Polen, dass sie, wenn sie kein Geld für den Winter hätten, einfach keine neuen Kleider kaufen sollten. Vielleicht habe sie sogar recht, meint das Portal, denn man müsse sich abhärten, um weitere Jahre der derzeitigen Regierung zu überstehen.

In der Parlamentskantine koste ein Zwei-Gänge-Menü für Abgeordnete unter fünf Euro, heißt es weiter. Ein „normaler“ Bürger könne sich ein solches Menü in der günstigsten Gaststätte nicht leisten. Das Portal fragt, ob sich die Politiker nicht schämen, in einer Zeit wachsender Armut auf Kosten der Bevölkerung im Parlamentsgebäude ein „kleines Paradies“ zu schaffen.


Autor: Piotr Siemiński