Rzeczpospolita: Tausend Tage der Vernachlässigung – Was hat uns der Krieg in der Ukraine gelehrt?
Der Krieg in der Ukraine hätte ein Katalysator für die Verbesserung der Sicherheit in Polen sein können, schreibt der Publizist Marek Kozubal in der Rzeczpospolita. Doch stattdessen seien wichtige Prozesse verschleppt worden. „Polen hat wertvolle Zeit verloren“, so der Autor.
Wie die Zeitung berichtet, hat Warschaus Bürgermeister Rafał Trzaskowski erst 1.000 Tage nach Kriegsbeginn Maßnahmen zur Verbesserung des Alarm- und Warnsystems für die Hauptstadt vorgeschlagen. Dazu gehören unter anderem Empfehlungen für einen Luftangriff, wie die Einführung eines SMS-basierten Benachrichtigungssystems, das in Ländern wie den USA, Israel, Frankreich und Deutschland längst etabliert ist.
Ein Test der Sirenen habe zudem gezeigt, dass diese in vielen Stadtteilen Warschaus, etwa in Bürogebäuden oder großen Geschäften, nicht funktionierten oder zu spät aktiviert würden. Auch das bestehende Regionale Warnsystem RCB erfülle seinen Zweck nicht. Als russische Raketen den polnischen Luftraum durchquerten, seien die Bürger nicht rechtzeitig über die Bedrohung informiert worden, so Kozubal. Die Überschwemmungen im September in Niederschlesien hätten ähnliche Schwächen offenbart: Die Warnungen hätten viele Menschen nicht erreicht, da Mobilfunknetze und das Internet schlecht funktionierten.
Ein neues Gesetz über Zivilschutz und Zivilverteidigung, das diese Mängel beheben sollte, wurde Anfang November verabschiedet. Doch bislang habe Polen weder einen funktionierenden Zivilschutz noch genaue Informationen über die Anzahl von Notunterkünften und Schutzräumen im Land. Ein Entwurf der Linken für ein Gesetz zur Errichtung von Schutzräumen sei im Sejm blockiert worden.
Auf die Frage, ob während des Krieges in der Ukraine wenigstens ein Schutzraum für Zivilisten in Polen gebaut wurde, antwortet Kozubal mit einem klaren Nein. Der Bau solle erst im kommenden Jahr beginnen. Das ursprünglich geplante Budget von 0,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für den Katastrophenschutz sei mittlerweile halbiert worden, heißt es in dem Bericht.
Die Erfahrungen aus der Ukraine hätten deutlich gemacht, dass die medizinische Infrastruktur in Kriegszeiten besonders gefährdet ist. Krankenhäuser in der Nähe der Frontlinien seien überlastet gewesen, es habe an Personal gefehlt, und auch die Behandlung von Traumata sei ein ernstes Problem gewesen. Doch in Polen habe das Gesundheitsministerium bislang keine Simulation durchgeführt, um die medizinische Versorgung im Kriegsfall zu testen, bemängelt der Autor. Es gebe auch keine ausreichenden Reserven an Medikamenten, Blutbanken oder Spenderregistern.
Doch nicht alles sei negativ. Polen habe der Ukraine erheblich geholfen, die russischen Truppen von seinen Grenzen fernzuhalten. Laut Angaben des Präsidialamts hat Polen militärische Unterstützung im Wert von 3,23 Milliarden Euro geleistet. „Zumindest hier war der Staat nicht passiv“, schließt Kozubal seinen Bericht.
Dziennik/Gazeta Prawna: Raketen für die Volksrepublik Kursk
Wie Zbigniew Parafianowicz in der DGP schreibt, sei dies das absolute Minimum, um der Ukraine eine Verhandlungsposition bei möglichen Waffenstillstandsgesprächen zu sichern. Eine der Trumpfkarten Kiews könnten die Eroberungen aus dem Sommer 2024 in der Region Kursk sein, wo diese westlichen Raketen zum Einsatz kommen sollen.
Sollte Kiew es schaffen, diese Gebiete bis zur Vereidigung des neuen US-Präsidenten zu halten und Donald Trump einen Vorschlag machen, die Kämpfe entlang der aktuellen Demarkationslinie einzufrieren, könnte Präsident Wolodymyr Selenskyj möglicherweise ein Stück der Russischen Föderation für die Ukraine beanspruchen. Genau dafür sollen Raketen aus den USA, Großbritannien und Frankreich eine entscheidende Rolle spielen.
Dieses Szenario wolle Wladimir Putin jedoch um jeden Preis verhindern. Deshalb habe der Kreml ein 10.000 Mann starkes Kontingent nordkoreanischer Soldaten als "Kanonenfutter" angefordert. Der russische Diktator könne keine russischen Bodentruppen aus dem Donbass abziehen, um sie in die Region Kursk zu verlegen, ohne den Vormarsch dort zu gefährden. Nach Ansicht des Autors habe Selenskyj genau diese Logik erzwingen wollen. Deshalb sollten seine Entscheidungen zur Sommeroffensive auf russischem Territorium positiv bewertet werden.
Parafianowicz zufolge werde der Einsatz von Kurzstreckenraketen und Marschflugkörpern zwar den allgemeinen Verlauf des Krieges nicht grundlegend ändern, jedoch dazu beitragen, dass der ukrainische Präsident seine Position stärken und symbolische Erfolge vorweisen könne. Die schnelle Vernichtung feindlicher Gruppierungen werde durch diese Waffen erleichtert.
Wie der Autor abschließend schreibt, seien die meisten ATACMS-Raketen für die Ukraine mit Streumunition und einer Reichweite von bis zu 165 Kilometern ausgestattet. Diese seien hervorragend geeignet, um eine große Anzahl von Soldaten in kurzer Zeit zu eliminieren – insbesondere solche, die unvorbereitet seien und sich in großer Zahl an einem Punkt sammelten. Dies treffe auch auf die nordkoreanischen Soldaten von Kim Jong Un zu, so Zbigniew Parafianowicz in der DGP.
Biznesalert: Deutschland zieht andere Länder mit nach unten
Das Portal Biznesalert beschäftigt sich mit der aktuellen Situation in Deutschland. Die wirtschaftliche und politische Krise könnte sich hier nur weiter verschärfen. Es gebe keinen politischen Kandidaten, der eine wirkliche Lösung für die altbekannten Probleme anbiete, prophezeit der Energie- und Geopolitik-Experte der US-Denkfabrik Wilson Center, Thomas O'Donnell, in einem Interview mit dem Online-Blatt. Die Folgen der über zwei Jahrzehnten andauernden Kürzung öffentlicher Ausgaben seien heute in vielen Bereichen sichtbar – von der Infrastruktur über das Militär, das Internet, das Schulwesen bis hin zu den Universitäten und Forschungseinrichtungen. Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit sei dadurch stark gesunken, so die Einschätzung des Experten.
Laut O'Donnell werde auch die CDU, die nach den Wahlen Anfang 2025 wahrscheinlich regieren werde, keine neue Energiepolitik vorschlagen. Diese werde sich nicht wesentlich von der aktuellen Politik der von den Sozialdemokraten geführten Koalition mit Grünen und FDP unterscheiden. Deutschlands Eliten hätten zudem kein ausreichendes Bewusstsein dafür, dass die gegenwärtige Krise nicht vorübergehend sei, sondern das Ergebnis einer Deindustrialisierung, die eine radikale Reindustrialisierung erfordere. Dies seien klare Anzeichen für eine Krise der Idee, der Analyse und der Visionen, die sich weiter verschärfen werde, bis eine neue, kompetente Opposition auftauche. O'Donnell prognostiziert, dass die wirtschaftliche und politische Krise in Deutschland sich bis dahin nur weiter verschlechtern werde.
Derzeit sehe der Experte aber keinen Ausweg aus dem Patt. In Angela Merkels Ära sei in Deutschland nämlich ein Kohabitationssystem der beiden größten politischen Parteien, der CDU und der SPD, ohne echten Wettbewerb entstanden. Unter Merkel hätten alle Parteien das Militär ausgehungert, die Infrastruktur, Digitalisierung, Bildung und Forschung vernachlässigt. Sie alle hätten für den Ausstieg aus der Kernenergie und den Fundamentalismus der erneuerbaren Energien gestimmt. Ohne eine glaubwürdige Oppositionsfraktion im Bundestag, mit Chancen auf die Machtübernahme und radikale Veränderungen, würden Merkels Zusammenarbeiter aus verschiedenen Parteien einfach die Macht im Kielwasser übernehmen. Dies gebe den Rechts- und Linkspopulisten politischen Raum. Und während sie das System kritisieren und ihre Anhängerschaft aufbauen, hätten aber auch sie keine Ahnung, wie man die bekannten Dysfunktionen der deutschen Politik lösen könne, so der Analyst.
Dies sei keine gute Nachricht für Mittel- und Osteuropa, wo Deutschland der wichtigste Handelspartner sei. Der wirtschaftliche Niedergang Deutschlands werde daher auch andere Länder mit in den Abgrund ziehen. Ihre Volkswirtschaften würden sich stärker auf ihre Binnenmärkte stützen müssen. Da jedoch die Größe der deutschen Wirtschaft der Größe der gesamten Region entspreche, werde dies äußerst schwierig sein, warnt der Experte abschließend.
Autor: Piotr Siemiński