Deutsche Redaktion

Ukrainer glauben und trauen keinen Garantien

17.03.2025 13:24
Die Ukraine wird sich nicht auf Sicherheitsversprechen verlassen und keine Garantien akzeptieren. Putin wird einem Waffenstillstand nicht zustimmen. Und: Hat der US-Präsident versäumt, sich mit Beratern zu umgeben, die die Psychologie des Kremlchefs verstehen? Mehr dazu in der Presseschau.
Na zdjęciu: rozmowy Władimira Putina i Donalda Trumpa w Monachium w 2017 roku
Na zdjęciu: rozmowy Władimira Putina i Donalda Trumpa w Monachium w 2017 rokuPAP/EPA/MICHAEL KLIMENTYEV / SPUTNIK

Plus Minus: Die Ukrainer werden keine Garantien auf “Treu und Glauben” akzeptieren

Die Ukraine wird sich auf keine bloßen Sicherheitsversprechen verlassen und keine Garantien "auf Treu und Glauben" akzeptieren, erklärt der ukrainisch-polnische Politiker und Journalist Mirosław Czech im Gespräch mit dem Wochenmagazin “Plus Minus”. Die Lehren aus dem Budapester Memorandum von 1994 seien klar: Nachdem Kiew damals seine Atomwaffen abgegeben habe, sei es 13 Jahre später von Russland angegriffen worden, erinnert Czech.

Geht es nach Czech, könnte die Politik Trumps darauf hinauslaufen, dass Wladimir Putin gemeinsam mit ihm die Bedingungen eines Kriegsendes diktiere, was einer Kapitulation der Ukraine gleichkäme. Premierminister Donald Tusk habe zu Recht betont, dass "Nachgiebigkeit gegenüber Barbaren zu mehr Opfern und mehr Zerstörung führt".

Wie Czech zugibt, wachse angesichts der Verluste und des langwierigen Konflikts die Kriegsmüdigkeit in der ukrainischen Gesellschaft. Dennoch blieben die Menschen entschlossen, nicht aufzugeben. Russland versuche mit allen Mitteln, die ukrainische Einheit zu brechen und werde dabei auch von Donald Trumps Leuten unterstützt. So sei es kein Geheimnis, dass ein Abgesandter von J.D. Vance versucht habe, den früheren ukrainischen Oberbefehlshaber, General Walerij Saluschnyj, für eine politische Karriere gegen Wolodymyr Selenskyj zu gewinnen, bei der die USA ihn unterstützen könnten. Saluschnyj habe ihm die Tür gezeigt. Dies, so Czech, sei ein Zeichen dafür, dass sich die USA der Achse des Bösen anschließen, deren Ziel es sei, die internationale Ordnung, die auf dem Völkerrecht beruhe, zu zerstören. Und es scheine Putin und vielleicht auch Trump, dass der beste Weg, die Ukraine zu besiegen, da dies auf dem Schlachtfeld nicht möglich sei, darin bestehe, interne Unruhen herbeizuführen. Von Seiten der Amerikaner sei dies einfach ein dummer Ansatz. “Sie haben gezeigt, dass sie absolut nichts von der Ukraine verstehen”, so Czech.

In Bezug auf das denkwürdige Treffen zwischen Trump und Selenskyj, das mit einem Eklat geendet habe, sei für ihn klar gewesen, dass der ukrainische Präsident in eine Falle gelockt worden sei. Während einige kritisierten, dass Selenskyj sich hätte diplomatischer verhalten sollen, sei sich die Mehrheit der ukrainischen Öffentlichkeit einig, dass Trump ihn gezielt demütigen wollte, um so die Ukraine zur Kapitulation zu zwingen. Paradoxerweise sei das Gegenteil eingetreten: Das Vertrauen in Selenskyj sei von 57 auf 70 Prozent gestiegen.

Czech weist darauf hin, dass Trump offenbar eine neue Machtordnung anstrebe, die nicht mehr auf internationalem Recht, sondern auf Machtprojektion basiere. Er wolle die Ukraine zur Kapitulation zwingen, um einen "Reset" der Beziehungen mit Russland zu erreichen. Auch die europäischen Staaten seien in Gefahr, zum Spielball dieser Politik zu werden. Frankreich, Großbritannien, Finnland und Norwegen hätten darauf bereits mit der Planung einer eigenen Sicherheitsstrategie für die Ukraine reagiert.

Abschließend betont Czech, dass die Ukraine trotz aller Herausforderungen nicht gewillt sei, Territorien aufzugeben oder sich auf vage Sicherheitsversprechen zu verlassen. "Es darf nicht noch einmal eine Situation wie das Budapester Memorandum geben. Die Ukraine wird keine Garantien 'auf Treu und Glauben' akzeptieren", so Czech gegenüber der "Plus Minus".

Rzeczpospolita: Wladimir Putin wird den Krieg nicht stoppen, weil er Donald Trump für naiv hält

Wladimir Putin wird kein Waffenstillstand akzeptieren, da er Donald Trump für einen Naivling hält, schreibt Rusłan Szoszyn in der konservativ-liberalen "Rzeczpospolita". Der US-Präsident, so der Autor, habe es versäumt, sich mit Beratern zu umgeben, die die Psychologie des Kreml-Chefs verständen. Stattdessen habe Trump eine fehlgeleitete Kommunikationsstrategie gegenüber Russland eingeschlagen, die seine Position schwäche.

Seit dem Treffen zwischen den USA und der Ukraine in Saudi-Arabien, bei dem ein 30-tägiger Waffenstillstand vorgeschlagen wurde, dauere der Krieg unvermindert an. Russland setze seine Angriffe fort, insbesondere im Gebiet Kursk, während die Ukraine mit Drohnenangriffen auf strategische Ziele in Russland antworte. Die erste realistische Chance auf ein Kriegsende könnte schnell vertan sein.

Putin, fährt Szoszyn fort, sehe in Trumps ausgestreckter Hand kein ernsthaftes Verhandlungsangebot, sondern ein Zeichen der Schwäche.  Als ehemaliger KGB-Mann und Vertreter der russischen "Garagenkultur" – einer sozialen Umgebung, die insbesondere in sowjetischen Städten verbreitet war und in der Männer in improvisierten Werkstätten und Lagerräumen nicht nur ihre Fahrzeuge reparierten, sondern auch ein Netzwerk für informelle Geschäfte und soziale Hierarchien bildeten – erkenne Putin die Mechanismen von Einschüchterung und Manipulation genau, so Szoszyn. In diesen von Regeln befreiten Räumen seien Konflikte oft direkt, brutal und ohne Zeugen ausgetragen worden, ein Muster, das sich in Putins politischem Stil widerspiegele. Trumps unverbindlicher Vorschlag zum Waffenstillstand habe der Kreml-Chef daher als Gelegenheit genutzt, um die Ukraine weiter zu destabilisieren.

Russland verstehe nur die Sprache der Macht, argumentiert Szoszyn. Ein effektiverer Ansatz wäre gewesen, Russland und der Ukraine ein klares Ultimatum zu setzen: eine bedingungslose Waffenruhe bis zu einem bestimmten Datum mit klar definierten Konsequenzen im Falle der Nichteinhaltung. Hätte Trump zugleich mit drastischen Sanktionen gegen Länder gedroht, die russische Rohstoffe kaufen, oder der Ukraine mehr F-16-Kampfjets und Langstreckenraketen geliefert, hätte er Putin womöglich zu ernsthaften Zugeständnissen gezwungen.

Nun drohten die USA in langwierige, ergebnislose Verhandlungen mit dem Kreml verstrickt zu werden, warnt Szoszyn. Statt eines echten Fortschritts könne das die Ukraine weiter schwächen. "Trump wird von einem Waffenstillstand reden, während Putin ihm erklärt, wer der Kiewer Großfürst Wladimir war", so Szoszyn in der "Rzeczpospolita".

Dziennik/Gazeta Prawna: Der Kreml erneut unter Druck. Für wie lange?

Nach den Verhandlungen zwischen den USA und der Ukraine und dem Vorschlag eines Waffenstillstands, gerät Russland erneut unter Druck, schreibt der Sicherheitsexperte Witold Sokała in der Wochenendausgabe des Wirtschaftsblatts "Dziennik Gazeta Prawna". Falls der Kreml dieses Angebot mit einem entschiedenen "Nein" zurückweise, könne dies zu einer Neubewertung der amerikanischen Haltung gegenüber Russland führen. Außenminister Marco Rubio habe nach seinem Besuch in Saudi-Arabien betont, dass eine ablehnende Reaktion Moskaus viel über die eigentlichen Ziele und Denkweise der russischen Führung verraten würde.

Moskau habe sich von Trumps Wahl zum US-Präsidenten und dessen freundlichen Gesten gegenüber Putin viel erhofft. Doch ein eine Ablehnung von Friedensgesprächen könne dazu führen, dass Russland in den USA wieder als Aggressor wahrgenommen werde und Washington seine Haltung verschärfe. Dies könnte strengere Sanktionen, eine gezielte Destabilisierung der russischen Ölpreise und eine verstärkte militärische Unterstützung der Ukraine mit präzisen Langstreckenraketen umfassen, so der Experte.

Wie Sokała betont, stehe die russische Wirtschaft, auch wenn es der Kreml nicht zugebe, ohnehin schon unter massivem Druck. Die Inflation sei auf Rekordniveau und habe bereits zu einer drastischen Verteuerung von Lebensmitteln und Alltagsgütern geführt, was die Kaufkraft der Bevölkerung erheblich mindere. Die Zentralbank versuche mit steigenden Leitzinsen, die Währung zu stabilisieren. Dies führe jedoch dazu, dass Investitionen nahezu zum Erliegen gekommen seien. Unternehmen sähen sich mit steigenden Produktionskosten und sinkender Inlandsnachfrage konfrontiert, während Banken aufgrund der Sanktionen kaum noch Zugang zu westlichen Kapitalmärkten hätten.

Hinzu komme die wachsende Abhängigkeit von China, das zunehmend als Hauptabnehmer russischer Rohstoffe fungiere. Allerdings nutze Peking seine wirtschaftliche Überlegenheit, um bessere Handelsbedingungen zu erzwingen, beispielsweise durch den Kauf russischen Öls und Gases zu stark reduzierten Preisen. Die Folge: Die russische Wirtschaft erziele trotz Exportüberschüssen geringere Einnahmen, was die ohnehin angespannte Haushaltslage weiter verschärfe.

Auch der Arbeitsmarkt gerate, insbesondere in nicht-militärischen Sektoren, unter Druck, da Fachkräfte entweder in den Krieg eingezogen oder ins Ausland geflohen seien. Gleichzeitig würden Renten und Sozialleistungen zunehmend aus Notfonds finanziert, die ursprünglich für Modernisierungsprojekte vorgesehen waren. Die wachsenden sozialen Spannungen, verbunden mit der sinkenden Lebensqualität und einer zunehmenden Kriminalitätsrate durch heimkehrende, oft traumatisierte Soldaten, könnten mittelfristig zu massiven innenpolitischen Unruhen führen, so Sokała. Viele ähnliche Faktoren seien - als Ergebnis eines langwierigen Zermürbungskrieges, der von einem Reich mit einer archaischen und im Wesentlichen ineffizienten Struktur geführt wurde - um in Russland um 1917 herum zusammengekommen. 

Um es unverblümt zu sagen: Russland sei heute de facto bankrott und hänge stark am Tropf Pekings (was jede Möglichkeit einer antichinesischen Korrektur seiner Politik lähmt, selbst wenn Putin sie Trump versprochen hätte und aufrichtig sein Wort halten wollte). Es sei nur einer effizienten Propaganda und günstigen Zufällen zu verdanken, dass dies noch nicht jeder bemerkt hat. Es würde reichen, wenn jemand angesichts der russischen Bluffs ernsthaft "Karten auf den Tisch" sagen würde. Bisher habe Europa und der Regierung Biden der Mut und die Entschlossenheit gefehlt, dies zu tun. Heute könne diese - paradoxerweise - unter bestimmten Bedingungen Präsident Donald Trump demonstrieren, obwohl er von vielen als pro-russisch angesehen wird. Die Russen müssen ihn zuvor nur ausreichend irritieren, so Witold Sokała in Dziennik/Gazeta Prawna. 

Autor: Adam de Nisau


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