Rzeczpospolita: Smolensk-Katastrophe dauert an
Heute ist der 15 Jahrestag der tragischsten Flugzeug-Katastrophe in der Geschichte Polens. Damals starben 96 polnische Politiker, darunter Polens Präsident Lech Kaczyński und seine Gattin bei dem bis heute ungeklärten Flugzeugabsturz in Russland. Die Polen indes hätten sich so sehr in den polnisch-polnischen Krieg verstrickt, dass sie sich nicht einmal mehr vorstellen könnten, wie eine nationale Versöhnung, die Vergebung von Schuld und der Aufbau von neuem Vertrauen aussehen könnte, schreibt Michał Płociński in der Rzeczpospolita. Diese wahrhaft nationale Tragödie, die Polen als Gemeinschaft hätte stärken können, lesen wir, habe sich leider als die größte Narbe der jüngsten polnischen Geschichte erwiesen. Und diese zerstöre Polen von innen heraus.
Vor 15 Jahren seien Polen eine bessere Gesellschaft gewesen, lesen wir im Blatt. Sie hätten einfacher, miteinander reden können. Damals seien die politischen Gegner noch keine Todfeinde gewesen: Verräter, Verrückte, Mörder, Fanatiker, wie sich beide Lager heute beschimpfen. Fünfzehn Jahre später würden Polen nicht einmal mehr über die Katastrophe selbst streiten. Geht es nach dem Autor schieben sie heute vielmehr die Verantwortung dafür ab, wer diese Katastrophe politisch verursacht habe.
Die einen glauben der Zwillingsbruder des verunglückten Präsidenten Lech Kaczyński, Jaroslaw Kaczynski, sei für die Katastrophe verantwortlich und habe die sog. Smolensk-Sekte geschaffen. Sie beschuldigen ihn sogar persönlich für den Tod seines Bruders. Andere sollen nur das Anpinkeln des Smolensker Kreuzes und die zynische Provokation politischer Gegner durch seinen Erz-Wiedersacher, Polens heutigen Regierungschef, Donald Tusk sehen. Sie unterstellen ihm Verrat und teuflische Komplizenschaft mit Putin. Płociński fürchte, dass es auch heute genau darum gehen werde. Nur wenige würden sich auf die Tatsache konzentrieren, dass diese Tragödie weitergehe, Polen ständig schwäche und seine Chancen auf Zusammenarbeit schade.
Wie der Autor anmerkt, leben wir heute allerdings in sehr gefährlichen Zeiten. Die bisherige globale Sicherheitsarchitektur und das liberale Modell der Globalisierung würden gleichzeitig zusammenbrechen. Polen brauchen mehr denn je nationale Einheit. Währenddessen beschäftigen sie sich mit sich selber, als gäbe es die Welt um sie herum nicht. Dem Autor zufolge lernen Polen nicht aus der Vergangenheit, korrigieren ihre Fehler nicht und hören nicht auf Warnrufe.
Wenn man Friedrich Nietzsches Spruch "Was dich nicht tötet, macht dich stärker" glaube, so sei sich der Autor nicht sicher, ob die Smolensk-Katastrophe die Polen als Nation nicht doch getötet habe. Denn ganz sicher seien die Polen nicht gestärkt aus ihr hervorgegangen. So wie sich Polens politische Elite in ihren verheerenden Krieg stürzen, sei es schwer, diesem Fatalismus zu entgehen. Vielleicht sei es nicht einmal ein Zufall, lesen wir, dass der große Prophet des Fatalismus, Nietsche, einst über seine polnischen Wurzeln gesprochen hatte.
Es sei denn, die Polen versuchen irgendwie, diesen schrecklichen Determinismus zu überwinden. Vielleicht wäre sogar die von Nietzsche so verhasste Kategorie der christlichen Barmherzigkeit und Versöhnung dabei nützlich. Leider seien die polnischen Politiker im Moment wie der deutsche Philosoph davon überzeugt, dass dies nur ein Zeichen von Schwäche ist, lautet Płocińskis Fazit in der Rzeczpospolita.
Politico: „Passive Aggression" der EU gegenüber den USA
Europäische Handelsbeamte wüssten wirklich, wie man Spaß hat, schreibt das Nachrichtenportal Politico. Es geht um die vorbereitete Liste von US-Waren, auf die die EU Vergeltungszölle erheben will. Dem Portal zufolge wolle die EU durch die Verhängung von Zöllen auf Lastwagen, Zigaretten oder Eiscreme Donald Trumps „rote“ Staaten, die Wählerbasis der Republikaner treffen. Die handelspolitischen Hitzköpfe der EU, lesen wir, hätten viel Kreativität in ihr Fachgebiet für obskure Zollbestimmungen gesteckt, um mit passiver Aggression Trumps Wählerschaft zu verletzen.
Das Hauptziel der EU sollen Sojabohnen sein, lesen wir. Ihre wirtschaftliche und symbolische Bedeutung für die zentralen Bundesstaaten der Republikanischen Partei sei offensichtlich, so Politico. Der Großteil der US-Sojabohnenexporte in die EU komme nämlich aus Louisiana, dem Heimatstaat des republikanischen Sprechers des Repräsentantenhauses, Mike Johnson.
Die EU nehme auch Rindfleisch aus Kansas und Nebraska, Geflügel aus Louisiana, Autoteile aus Michigan, Zigaretten aus Florida und Holzprodukte aus North Carolina, Georgia und Alabama ins Visier. Alles rote Staaten, lesen wir.
Auf Druck Frankreichs, Italiens und Irlands habe die EU schließlich jedoch Whisky von der Liste gestrichen. Sie habe jedoch weitere Nischenprodukte aufgenommen, die den Exporteuren in den republikanischen Staaten voraussichtlich die meisten Probleme bereiten würden. Dazu gehören Eiscreme aus Arizona, Taschentücher aus South Carolina, Heizdecken aus Alabama, Krawatten und Fliegen aus Florida. Es sei denn, so Politico, sie sind aus Seide, die das demokratische Kalifornien dann natürlich gerne liefern würde. Nudeln aus Florida und South Carolina werden ebenfalls mit Zöllen belegt, obwohl Italien wahrscheinlich gerne die Marktlücke füllen werde, so das Portal abschließend.
Dziennik/Gazeta Prawna: Protektionismus wieder in Mode?
DGP indes schreibt über einen neuen Bericht der Denkfabrik Warsaw Enterprise Institute (WEI) mit dem Titel „Wiederauferstehung einer gefährlichen Idee“. Demnach bewege sich die Weltwirtschaft gefährlich auf eine neue Ära des nationalen Protektionismus zu. Jahrzehntelang habe man geglaubt, der Freihandel würden allen zugutekommen. Heute aber kehren immer mehr Länder zu den alten Instrumenten zurück: Zölle, nichttarifliche Barrieren und die Bevorzugung einheimischer Produzenten. Wie wir lesen, würden nicht nur die USA dieses protektionistische Spielchen treiben. Seit einigen Jahren sollen Regierungen auf der ganzen Welt jedes Jahr Tausende von Handelsschranken einführen - doppelt so viele wie noch vor zehn Jahren, so die WEI-Experten.
Wie die Autoren des Berichts schreiben, sei „Protektionismus eine Idee, die ein Comeback erlebt - wenn auch immer noch getarnt als Industriepolitik, nachhaltige Entwicklung oder nationale Sicherheit“. Viele dieser Bezeichnungen seien nur ein Deckmantel für politische Maßnahmen, die das Wirtschaftswachstum bremsen und den Verbrauchern schaden könnten.
Die USA seien unter Donald Trump der Vorreiter in diesem Wandel, lesen wir. Der neue Präsident hat universelle Zölle in Höhe von 10 Prozent und auf chinesische Importe sogar von 60 Prozent angekündigt. Trumps erste Amtszeit habe bereits die tatsächlichen Auswirkungen einer solchen Politik gezeigt. Die Zölle von 2018 hätten die US-Wirtschaft 175.000 Arbeitsplätze und 8 Milliarden Dollar gekostet, heißt es.
Auch die Europäische Union sei nicht unschuldig, lesen wir weiter im Blatt. WEI zufolge führe sie unter dem Deckmantel der Regulierung der digitalen Wirtschaft und der Entwicklung der künstlichen Intelligenz Maßnahmen ein, die dem Wettbewerb schade. Infolge dessen werde der freie Fluss von Daten, Know-how und Dienstleistungen zwischen den Ländern eingeschränkt.
Den Verfassern des Berichts zufolge sei der Protektionismus für Politiker verlockend, weil man damit schnell politisch punkten könne. Man könne zeigen, dass man die eigenen Arbeitnehmer verteidige und ausländische Unternehmen bekämpfe. Langfristig würden jedoch die Verbraucher, kleinere Unternehmen und die Gesellschaft als Ganzes den Kürzeren ziehen, heißt es. Früher wüsste man: Zölle zerstören den Wohlstand. Heute müsse man sich wieder daran erinnert, denn die Geschichte schließe vor unseren Augen einen gefährlichen Kreis, schreibt DGP zum Bericht der Denkfabrik.
Autor: Piotr Siemiński