Deutsche Redaktion

„Meisterhafter Schachzug von Serafin"

18.07.2025 14:30
Polen könnte bis 2034 der größte Nettoempfänger des EU-Haushalts bleiben. Die enge Zusammenarbeit zwischen dem polnischen Kommissar und der deutschen Kommissionschefin zeigt, wie wichtig eine gute Abstimmung mit Deutschland für Polens Position in der EU sei. Trump ändert vorsichtig und nur widerwillig den Ton gegenüber Putin. Konkret räumt er ihm aber weiter zwei Monate ein, um seinen Krieg in der Ukraine fortzusetzen. Und: Die „Königin der polnischen Flüsse“ gibt ihre Schätze frei. Mehr dazu in der Presseschau.
Piotr Serafin, EU-Kommissar fr Haushalt, Betrugsbekmpfung und ffentliche Verwaltung.
Piotr Serafin, EU-Kommissar für Haushalt, Betrugsbekämpfung und öffentliche Verwaltung.Photo: © European Union, 2025, CC BY 4.0 , via Wikimedia Commons

Rzeczpospolita: Meisterhafter Schachzug von Serafin

Polen könnte bis 2034 der größte Nettoempfänger des EU-Haushalts bleiben. Und das obwohl Polen wirtschaftlich zur EU-Spitzengruppe aufschließe und Brüssel immer mehr Aufgaben, aber immer weniger Geld habe, schreibt Jędrzej Bielecki in seiner Analyse für die konservativ-liberale Rzeczpospolita. Dieser Plan, so der Autor, sei bis zuletzt streng vertraulich gewesen. Nur EU-Haushaltskommissar Piotr Serafin und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hätten davon gewusst. Die übrigen Kommissare habe der Vorschlag für den neuen Finanzrahmen 2028–2034 überrascht.

Der polnische Pokerzug, so Bielecki, habe sich am Ende ausgezahlt. Eine Quelle aus der polnischen Regierung habe gegenüber dem Blatt erklärt, man habe intensiv mit dem polnischen Kommissar an diesem Ergebnis gearbeitet. Dies würde einen deutlichen Bruch mit dem offiziellen Prinzip bedeuten, laut dem jedes Kommissionsmitglied ausschließlich im Interesse der gesamten Union handeln sollte.

Wie Bielecki erinnert, handle es sich allerdings noch um einen Vorschlag, der jetzt einstimmig von allen Mitgliedstaaten und vom Europäischen Parlament gebilligt werden müsse. Die schwierigen Verhandlungen dürften abgeschlossen werden, nachdem Viktor Orbán im nächsten Jahr die Macht abgibt – aber noch vor einem möglichen Regierungswechsel in Frankreich zugunsten der radikalen Rechten ein Jahr später. Historisch unterscheide sich der endgültige Haushaltskompromiss meist jedoch nicht grundlegend von dem, was die Kommission vorschlage. So dürfte es auch diesmal sein, schreibt Bielecki.

Die Frage sei: Werde die heutige Opposition den Verhandlungserfolg zu schätzen wissen? Die Liste ausgezeichneter Brüssel-Kenner, die später zugunsten politisch motivierter Neubesetzungen aufs Abstellgleis geschoben worden seien, sei lang.

Sollte Haushaltskommissar Piotr Serafin bei einem Machtwechsel in Polen in zwei Jahren dasselbe Schicksal ereilen, wäre dies ein schwerer Fehler. Die enge Zusammenarbeit zwischen dem polnischen Kommissar und der deutschen Kommissionschefin zeige nämlich, wie wichtig eine gute Abstimmung mit Deutschland für Polens Position in der EU sei. Polens westlicher Nachbar sei schließlich der größte Nettozahler der Union. Berlin werde damit den größten Teil der EU-Gelder für Polen finanzieren.

Die Haushaltsverhandlungen könnten sich jedoch hinziehen und mit dem Wahlkampf in Polen überschneiden. Schon jetzt sei kaum vorstellbar, dass dabei sachliche Argumente dominieren werden. Stattdessen könne man eher emotionale, populistische und nationalistische Parolen erwarten. In einem solchen Klima könnte das von Serafin aufgebaute politische Kartenhaus unter dem Druck enttäuschter EU-Staaten leicht ins Wanken geraten – oder ganz zusammenbrechen, warnt Jędrzej Bielecki in der Rzeczpospolita.

Wprost: Weißes Haus gibt Putin 50 Tage für die Zerstörung der Ukraine

Trump ändere vorsichtig und nur widerwillig den Ton gegenüber Putin. Konkret räume er ihm aber weitere zwei Monate ein, um seinen Krieg in der Ukraine fortzusetzen, schreibt Jakub Mielnik in einem Kommentar für das Wochenblatt Wprost. Das Weiße Haus wolle zwar endlich Waffenlieferungen an Kiew freigeben und dafür Milliarden aus Europa kassieren – doch selbst Deutschland räume ein: Zwischen der Entscheidung und dem Eintreffen der Waffen an der Front würden noch Monate vergehen, lesen wir.

Kürzlich habe Trump sogar zugegeben, Putin sei ein harter Kerl. Der Diktator habe viele getäuscht – Clinton, Bush, Obama und Biden, aber nicht ihn. Geht es nach dem Autor, habe Trump damit unbeabsichtigt eine alte diplomatische Regel bestätigt: Man könne nur den Gerüchten glauben, die offiziell dementiert werden. In Wahrheit sei Trump von Putin nicht nur getäuscht, sondern regelrecht überlistet und erniedrigt worden – so sehr, dass ihm nichts anderes übrig bleibe, als seine bislang unterwürfige Russland-Politik zumindest leicht zu korrigieren, heißt es. 

Auf Applaus für seinen Kurswechsel könne Trump allerdings nicht zählen. Denn an der Grundlinie der US-Politik gegenüber dem Krieg in der Ukraine ändere sich kaum etwas. Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas habe sogar offen kritisiert: Trump sei zu großzügig gegenüber Putin, wenn er ihm ganze zwei Monate Zeit lasse, um den Krieg zu beenden. Ansonsten drohe Trump dem Kreml mit seiner derzeitigen Lieblingswaffe: Strafzöllen in Höhe von 100 Prozent, so Mielnik.

Warum also 50 Tage und nicht die berühmten zwei Wochen, mit denen Trump einst sein Wahlversprechen „Ich beende den Krieg an einem Tag“ ersetzt habe, lautet die Frage. Geht es nach dem Autor, weil Putin Trump mitgeteilt haben soll, er wolle innerhalb von zwei Monaten den Rest der ukrainischen Grenzregionen einnehmen. Statt der lang erhofften Kehrtwende des Weißen Hauses gegenüber Moskau hätten wir es somit mit einer geschickt verpackten Einladung an den Kreml zu tun, die Zerstörung der Ukraine fortzusetzen. Der einzige Unterschied: Trump und sein Umfeld wollen dabei offenbar mitverdienen – mit altbekannten Methoden wie Erpressung und politischem Druck, so Jakub Mielnik in seinem Kommentar für Wprost.

Do Rzeczy: Schätze aus der Weichsel

Warschauer Sandarbeiter haben vor kurzem aus dem Flussbett der Weichsel architektonische Fragmente geborgen. Über 100 Jahre mussten vergehen, um festzustellen, dass es sich nicht um einen Einzelfund handle, sondern um den Beginn einer archäologischen Erkundung der „Königin der polnischen Flüsse“, schreibt das Portal des rechtskonservativen Wochenblatts DoRzeczy.

Seit Jahren kursieren unter Weichsel-Experten Geschichten von zahlreichen Schätzen, die in den Strömungen der Weichsel versunken sein sollen. Eine dieser Legenden erzähle von einem mit Schätzen beladenen Boot, das während des schwedischen Raubzugs irgendwo in der Nähe von Warschau gesunken sein soll.

Die spannendsten Geschichten handeln von Fässern und Kisten voller Gold. Doch historische Dokumente, die solche Schätze in den Strömungen der Weichsel belegen, gebe es nicht. Dies heiße jedoch nicht, dass der größte polnische Fluss keine Schätze berge. Im Gegenteil: Diese kämen seit über 100 Jahren nach und nach vor allem in Warschau und seiner Umgebung ans Tageslicht. Vielleicht werde dieser Sommer der reichste an wertvollen Funden sein?

Den Schatzsuchern und Entdeckern, so Do Rzeczy, helfe der Rekordtiefstand der Weichsel. Meist trete dieses Phänomen erst im August auf, wenn die Sommerhitze den Wasserstand senke. In diesem Jahr seien die Rekorde jedoch bereits Anfang Juli gebrochen worden. Auf großen Abschnitten der Weichsel in Masowien werde dadurch die Flusssohle sichtbar – und damit alles, was sich darauf befinde. Den ersten Fund habe man bereits vor wenigen Tagen gemacht. Ein Angler habe einen herausragenden Metallgegenstand entdeckt und die Denkmalbehörden alarmiert. Am Ufer habe sich herausgestellt, dass es sich um ein mittelalterliches Schwert handle. Es stammt möglicherweise aus dem 13. Jahrhundert – einer Zeit, als Warschau noch ein bescheidenes Dorf war, lesen wir in Dorzeczy.

Autor: Piotr Siemiński

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Nach inoffiziellen Angaben soll das Paket mehr als 1,7 Billionen Euro umfassen. Besonders gespannt wird auf die künftige Höhe der Kohäsionsmittel geschaut. Polen – derzeit größter Empfänger – muss sich auf Kürzungen einstellen, weil das Land wirtschaftlich aufgeschlossen hat.