Rzeczpospolita: Eine andere Meinung bedeutet nicht gleich Homophobie
Der Publizist Michał Szułdrzyński schreibt für die konservative Tageszeitung, dass die Polen definitiv gegen Gewalt gegen LGBT-Personen sind. Gleichzeitig seien Polen aber auch skeptisch gegenüber den moralischen Postulaten, die von dieser Gruppe gefordert werden - dies sei das Ergebnis einer von "Rzeczpospolita" in Auftrag gegebenen Studie. Dem Autor zufolge zeigt die Studie, dass Polen in moralischen Fragen tief gespalten sind. Szułdrzyński formuliert sogar die These, dass die politische Spaltung unter Polen eine Ableitung des Weltanschauungsstreits sei. Hier gäbe es nur zwei Lager - die Konservativen, vertreten durch die PiS, und die Progressiven, zu denen die Wählerschaft der PO und der Linken gehöre. Unterstützer der konservativen PiS seien harte Gegner von eingetragenen Partnerschaften und gleichgeschlechtlichen Ehen. Die Anhänger des anderen Lagers, heisst es weiter, seien viel liberaler und unterstützen meist beide Formen des Zusammenlebens von LGBT-Personen. Der einzige Konsens beider Wählerschaften bestehe bezüglich der Adoption von Kindern durch homosexuelle Paare und werde negativ wahrgenommen.
Der Autor polemisiert schließlich mit den Ansichten der Linken. Die Linke versuche, die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass alle, die ihre Vision des Fortschritts nicht akzeptieren, dadurch Hass gegen LGBT-Menschen ausdrücken. Der Widerstand gegen die linksgerichteten moralischen Forderungen ist nach Szułdrzyński allerdings keine Homophobie, sondern eine demokratische Sichtweise.
Man könne jemanden respektieren, überzeugt der Publizist, aber mit seinen Ansichten und Postulaten nicht einverstanden sein. Deshalb sei es gut, dass sich die Kirche von dem Gewaltausbruch in Białystok abgeschnitten hat. Es bleibe zu hoffen, dass sich die Linke ebenfalls von antireligiösen Provokationen abschneidet. Die moralisierende Linke sollte nämlich auch erkennen, lautet das Fazit von Szułdrzyński, dass Christophobie zu einem zunehmend ernsten Problem werde, das die Gesellschaft in Fragen der Weltanschauung aufspalte.
Dziennik Gazeta Prawna: Online-Wahlen ohne Eile
Die Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna schreibt über Polens Wahlsystem. Wie wir lesen, soll es in Polen nie eine ernsthafte Debatte über digitale Herausforderungen der Neuzeit gegeben haben. Dies gelte auch für Ideen zu elektronischen Internet-Wahlen.
In den letzten 10 Jahren, habe sich allerdings die gesellschaftliche Akzeptanz der elektronischen Stimmabgabe erheblich verändert, was offenbar mit dem direkten Risiko externer Eingriffe in dieses System verbunden sei. Dies wurde in den USA beobachtet, wo die Probleme mit der Cybersicherheit bei den Wahlen 2016 weithin bekannt sind und die öffentliche Debatte immer noch vergiften. Bis heute werde in diesem Fall nicht nur über Desinformation, sondern auch Versuche, Elemente des Wahlsystems zu infiltrieren, gesprochen. Amerikanische Experten, behauptet das Blatt, sollen sogar daraufhin gefordert haben, Internet-Wahlen zu verbieten.
Einige Polen seien sich dieser Bedrohung bewusst, und laut einer Umfrage aus dem vergangenen Jahr sollen 57 Prozent der Polen Angst vor Wahlmanipulationen durch Cyberangriffe haben. Heute, heisst es weiter, basiere das Wahlsystem in Polen im Wesentlichen auf einem Blatt Papier, was für alle leicht verständlich sei und - die polnische Gesellschaft kennt es seit Jahren. Vertrauen ist hier von entscheidender Bedeutung, überzeugt die Tageszeitung als Schlussfolgerung, denn man könne nicht zulassen, dass Zweifel oder Verdacht aufkommen, insbesondere unter Bedingungen der heutigen politischen Polarisierung der polnischen Gesellschaft.
Piotr Siemiński