Deutsche Redaktion

Deutsche Sühne

05.08.2019 13:19
In einem Kommentar zum Auftritt von Bundesaußenminister Heiko Maas in Warschau, macht Politologe Marek Cichocki auf innere Widersprüche in der deutschen Politik gegenüber Polen aufmerksam.
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Rzeczpospolita: Deutsche Sühne

Auf innere Widersprüche in der deutschen Politik gegenüber Polen weist in seinem Kommentar für die konservative Tageszeitung Rzeczpospolita der Politologe Marek Cichocki hin. Bundesaußenminister Heiko Maas, erinnert Cichocki,  habe die Polen neulich zum 75. Jahrestag des Ausbruchs des Warschauer Aufstands in einem emotionalen Auftritt um Vergebung gebeten. Und, so der Autor, man müsse tatsächlich zugeben, dass die deutsche Linke immer viel größere Sensibilität im geschichtlich-moralischen Bereich in den deutsch-polnischen Beziehungen gezeigt habe, als beispielsweise die Christdemokraten oder die Liberalen. Willy Brandt, Gerhard Schröder und jetzt Maas, der die junge Generation der Sozialdemokraten repräsentiere, würden zu dem Teil der deutschen Politik zählen, für den Polen ein wichtiger moralischer Bezugspunkt sei. Und doch habe man, wenn man Maas hörte, bemerken müssen, wie tief inkongruent die deutsche Haltung gegenüber Polen sei. Denn sie werde immer von der präventiven Deklaration begleitet, dass die Frage der Kriegsreparationen zwischen Polen und Deutschland abgeschlossen sei.

Wir äußern große Reue und sogar Scham, und wir bitten um Vergebung, aber über konkrete Aspekte unserer Verantwortung werden wir nicht mehr diskutieren. Diese deutsche Haltung, lesen wir weiter, habe zur Folge, dass jedwede, auch die ehrlichsten Gesten der Sühne den Eindruck machen, dass sie vor allem der Beruhigung des eigenen Gewissens dienen. Manchmal seien sie auch Ausdruck moralischer Überlegenheit, wie etwa im Falle der national-konservativen “Frankfurter Allgemeine Zeitung”. Das Blatt habe in seinem Kommentar zum Auftritt von Heiko Maas geurteilt, dass die Trennung von Versöhnung und der Reparationsfrage die einzige richtige Art und Weise ist, der schmerzhaften Geschichte zu gedenken.

Polen, so Cichocki weiter, hätten im Zweiten Weltkrieg alles verloren - ihre Nächsten, ihre Häuser, Ersparnisse, ihr Lebenswerk und die wichtigsten Denkmäler der eigenen Kultur. Diese Verluste könne man nicht ausrechnen. Daher gehe es in der Debatte über Reparationen nicht um präzise Entschädigungen oder um juristische Argumente, sondern um eine Geste des guten Willens gegenüber den Geschädigten, die Polen von deutscher Seite nie erhalten habe. Dabei hätten auch die polnischen Regierungen nach 1989 nicht geholfen, die bis Ende der neunziger Jahre die Frage der Entschädigungen bagatellisiert hätten. Das Wesen des Problems sei heute daher nicht Geld, sondern Glaubwürdigkeit. Man könne nämlich nicht jemanden um Vergebung bitten und ihm gleichzeitig das fundamentalste Gefühl der Gerechtigkeit verweigern, so Marek Cichocki in seinem Kommentar für die Rzeczpospolita. 


Adam de Nisau