Deutsche Redaktion

Präsidentschaftswahlen: Andrzej Duda klarer Favorit

27.12.2019 13:21
Aus der heutigen Perspektive scheint der Wahlkampf der Gegenkandidatin des amtierenden Präsidenten aus der Bürgerplattform fast schon eine "mission impossible" zu sein, urteilt Rzeczpospolita. Außerdem geht es auch um eine Schlacht um die Geschichte zwischen Polen und Russland sowie das komplizierte Verhältnis zwischen Christentum und Umweltschutz.
Presseschau
PresseschauShutterstock.com

Rzeczpospolita: Andrzej Duda klarer Favorit

Fast 60 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass der amtierende Staatspräsident Andrzej Duda die kommenden Präsidentschaftswahlen gewinnen wird, berichtet in ihrem heutigen Aufmacher die konservative Rzeczpospolita. Laut der Umfrage des Meinungsforschungsinstituts IBRiS, sehen die Gegenkandidatin der Bürgerplattform Małgorzata Kidawa-Błońska indes nur knapp 11 Prozent der Polen als Siegerin der anstehenden Wahlen, an den Einzug des parteilosen Kandidaten Szymon Hołownia in den Präsidentenpalast glauben 6,3 Prozent und des Vorsitzenden der Bauernpartei PSL Władysław Kosiniak-Kamysz 5 Prozent der Befragten. "Nach dieser Umfrage kann Duda sicher sein, dass er die Kernwählerschaft der PiS schon für sich gewonnen hat. Die Frage ist nun, was er tun muss, um Wähler der anderen Kandidaten auf seine Seite zu ziehen", kommentiert die Ergebnisse der Image-Experte Mirosław Oczkoś.

Und Publizist Bogusław Chrabota gibt in seinem Kommentar zu Bedenken, ob der Staatspräsident mit der neulichen Radikalisierung seiner Rhetorik nicht einen strategischen Fehler begehe. Denn, so der Autor, das Zentrum der politischen Szene und die Kernwähler der PiS habe Duda offenbar schon überzeugt. Daher könne eine Radikalisierung ihn derzeit nur Stimmen kosten, die später nicht mehr zurückzugewinnen sein werden. Die Position von Kidawa-Błońska, so der Publizist, sei indes sehr schwach, da könne nur eine ultra-professionelle Kampagne helfen. Doch aus der heutigen Perspektive scheine ihr Wahlkampf fast schon eine “mission impossible” zu sein, so Chrabota in seinem Kommentar für Rzeczpospolita. 

 

Gazeta Wyborcza: Putin startet Propaganda-Offensive gegen Polen

Seit Donnerstag hat Russlands Staatspräsident Vladimir Putin bereits viermal öffentlich erklärt, dass Polen in den dreißiger Jahren mit dem dritten Reich kollaboriert und dessen aggressive Pläne, sowie die Idee des Holocausts aktiv unterstützte, beobachtet in seinem Kommentar für die linksliberale Gazeta Wyborcza der Publizist Wacław Radziwinowicz. Putin habe zudem wiederholt betont, dass manche polnische Politiker Hitler für die Idee der Aussiedelung von Juden sogar ein Denkmal in Warschau aufstellen wollen. All dies, so der Autor, sei Teil eines breit angelegten Kampfes Russlands mit Polen um die Geschichte im Vorfeld des 75. Jahrestags des Endes des Zweiten Weltkriegs, in dem der Kreml ein tadelloses Image der Roten Armee kreieren wolle. Dieser Kampf, lesen wir, habe erst begonnen. Denn am 75. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau durch die Rote Armee, werde Wladimir Putin im Januar mit seiner Version der Geschichte Israel besuchen. Und zum 75. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs wolle Moskau am 9. Mai Spitzenpolitiker aus aller Welt zu sich laden. Für diesen Anlass schreibe Putin sogar persönlich, in “Anlehnung an Dokumente”, wie es offiziell heißt, einen Artikel, in dem viel von Polen sowie der makellosen Rolle von Stalin und seinen Streitkräften die Rede sein werde.

Polen, beobachtet Radziwinowicz, sei durch seine Isolationspolitik in der EU derzeit leider ein besonders leichtes Ziel dieser historischen Offensive des Kremls. Nicht einmal auf die Ungarn könne Warschau in dieser Auseinandersetzung zählen, da Orban Putin aus der Hand esse.

Putin habe geschickt die in Polen politisch passive Weihnachtszeit genutzt, um seine Offensive zu starten. Und die vereinsamte polnische Diplomatie sei leider nicht imstande, effektiv auf diesen Propaganda-Vorstoß zu reagieren, so Wacław Radziwinowicz in seinem Kommentar für Gazeta Wyborcza.  

 

Gazeta Polska Codziennie: "Gottes Werk sollte respektiert werden"

Prominentes Thema in den Pressekommentaren ist heute auch eine neuliche Aussage von Erzbischof Marek Jędraszewski. Der Geistliche hatte in einem Interview für den regierungsnahen Fernsehsender TV Republika zu Heiligabend den Ökologismus kritisiert. Diese übertriebene Konzentration auf dem Umweltschutz, sowie die These, dass das Patriarchat die Ursache der Klimaerwärmung sei, so Jędraszewski, sei eine Rückkehr zu Engels und seiner Behauptung, dass die Ehe eine weitere Form der Unterdrückung ist und dass man im Namen der Gleichheit mit der ganzen christlichen Tradition brechen sollte. "Dabei sind wir Europäer in dieser Tradition seit Jahrtausenden aufgewachsen und es ist schwer, uns selbst ohne sie zu verstehen", so Jędraszewski. Dies, so der Erzbischof weiter, versuche man mit der Schaffung neuer Ideologien zu negieren und die bisherige Weltordnung in Frage zu stellen. "Dies ist ein sehr gefährliches Phänomen, das unter anderem durch eine bestimmte Teenagerin repräsentiert wird (gemeint ist Greta Thunberg). Diese Aktivistin wird von allen politischen Kräften als Orakel gefeiert, das darüber entscheiden soll, wie wir zu denken und zu handeln haben", so der Geistliche.

Diese Worte und die Erinnerung an Genesis, laut der sich der Mensch die Welt untertan machen und Adam über die Tiere herrschen sollte, haben zu einer Welle von kritischen Kommentaren liberaler Medien geführt. Die Gazeta Wyborcza etwa wirft dem Erzbischof in ihrer Internetausgabe vor, die Autorität von Papst Franziskus in Frage zu stellen, der sich in seiner Aktivität stark für den Umweltschutz einsetzt. Der in Australien weilende Vize-Stadtpräsident Warschaus Paweł Rabiej kommentierte die Aussage auf Twitter mit einem Bild der Waldbrände in Australien und schickte den Geistlichen in seinem Kommentar zum Teufel, wo sein Platz sei.

Die regierungsnahe Gazeta Polska Codziennie nimmt Jędraszewski in ihrem heutigen Aufmacher indes in Schutz. Wie das Blatt erinnert, habe der Bischof in seiner Aussage ebenfalls auf die mit der Ausbeutung natürlicher Ressourcen verbundenen Gefahren aufmerksam gemacht. Nach Descartes, so Jędraszewski, habe man begonnen, die Welt als Objekt wahrzunehmen, dass man straflos für wirtschaftliche Ziele missbrauchen kann. Man habe die Kosten dieses Perspektivwechsels und der Zerstörung des Gutes, welches die Welt darstelle, ignoriert - eines Gutes, für dessen Erhalt der Mensch die Verantwortung erhalten habe. Auch wenn Jędraszewski de facto nichts Bahnbrechendes gesagt habe, hätten seine Worte eine Welle der Empörung in den liberalen Kreisen hervorgerufen, beobachtet Gazeta Polska Codziennie. 


Autor: Adam de Nisau